In der kurzweiligen RTL-Abenteuershow «Star Race» reisen drei Promi-Duos unter erschwerten Bedingungen quer durch die Philippinen.
In den USA gehört die Spielidee, Teams mit wenig Geld und spärlichen Hilfsmitteln auf eine mit Aufgaben gespickte Abenteuerreise zu schicken, zu den größten Dauerbrennern des Reality-Fernsehens. Das Original ist dort «The Amazing Race» betitelt, stammt von dem Blockbuster-Überproduzenten Jerry Bruckheimer («Armageddon», «Fluch der Karibik») und nennt Kritikerlob und Fernsehpreise sein eigen, von dem andere Reality-Spielshows wie «Big Brother» nur träumen können. Eine Weltreise, wie sie bei «The Amazing Race» seit 2001 Staffel für Staffel auf dem Programm steht, können viele europäische Sender aber kaum springen lassen, weshalb sich von diesem Format inspirierte Shows auf eine Tour quer durch fremde Länder beschränken. International am erfolgreichsten schlägt sich in diesem Bereich die Asien-Abenteuerreise in «Peking Express», die es im belgischen, niederländischen, französischen und skandinavischen Fernsehen auf mehrere Staffeln brachte. Bloß die 2005 von RTL ausgestrahlte deutsche Auflage der Abenteuer-Realityshow erreichte nur ein enttäuschendes Quotenniveau, weshalb hiesige Fernsehmacher Abstand von den Reiseabenteuern im Realityshowformat nahmen.
Der Einstieg in «Star Race» fällt etwas zäh aus. Zunächst belagert RTL seine Zuschauer mit einer ellenlangen, durch Erklärungen des leicht verständlichen Spielprinzips gestreckten, Vorschau auf die kommenden Ereignisse, ehe Moderatorin Fernanda Brandao die gleichen Erklärungen in ähnlichem Wortlaut und mit hölzerner Betonung erneut gibt. Darauf folgt das erste „Spiel“, das Seeigelausnehmen und Partnerfinden, welches inhaltlich keine Relevanz für das Reise-Wettrennen hat. Kurzweil kommt allein dadurch auf, dass sich Lombardi, verloren in einem philippinischen Küstendorf, exakt so gibt, wie es der gehässige Zuschauer von ihm erwartet: Jeder Einwohner wird direkt als „my best friend!“ und „my brother!“ und einem dümmlichen Grinsen im Gesicht angesprochen, woraufhin sich ulkige Unterhaltungen auf niedrigstem Sprachniveau entwickeln. Auch für den Rest der Sendung sorgt Lombardis Englisch (zum Beispiel über Sarah Engels: „She's my only husband!“) für einige mit Fremdscham versetzte Komik. Dabei muss man jedoch den Showmachern zugutehalten, dass sie nicht zu gehässig auf Lombardis geringem Englischvokabular herumreiten und ihn so völlig bloßstellen. Auch durch Sarah Engels' Kommentare bezüglich der Gebären ihres Freundes, sie bezeichnet es als vorbildlich mutig, dass er trotz mangelnder Sprachkenntnisse so offen auf Menschen zugeht, werden diese Szenen etwas respektvoller eingeordnet.
In lobenswerter Abgrenzung zu der RTL-Version von «Peking Express», die sich im Fahrwasser von «Big Brother» und Konsorten stärker auf Querelen innerhalb der Teams als auf die Reiseerlebnisse stürzte, stellen die unterschiedlichen Interaktionen der Duos mit den Einwohnern das Hauptaugenmerk der Sendung dar. Während Piedro Lombardi und Sarah Engels sich wie auf einem Schulausflug geben, alles total spaßig finden und in miesem Englisch jeden zum coolsten, besten Freund ernennen (und auch versuchen, Bauern deutsche Wörter beizubringen), geht „Team Blond“ überraschend effizient vor. Dass die Zielstrebigkeit des Frauenduos nicht konstant entlohnt wird, verleiht dem «Star Race» einen Spannungsbogen, während Ochsenknecht und de Angelo für das charismatische Element zuständig sind. Beider Motto lautet „Eile mit Weile“, Ochsenknecht philosophiert, dass man sich in fremden Ländern selbst dann, wenn man eigentlich einen Wettbewerb zu gewinnen hat, Zeit nehmen sollte, die Kultur und Menschen kennenzulernen.
Die Aktionsspiele drängen sich glücklicherweise nicht zu sehr auf, sondern beschränken sich auf kleine, schnelle Aktionen, die die Promis noch etwas mehr ins Schwitzen bringen sollen. Möglicherweise wird das Fehlen von Ekelmomenten und inszeniertem Konkurrenzkampf das von anderen Reality-Gameshows verzogene Publikum langweilen, doch wer bei dieser Programmfarbe im Normalfall die Nase rümpft, erhält mit «Star Race» einen spannenden, dennoch unaufgeregten und sich auf seine Protagonisten verlassenden Gegenentwurf. Wenn die Quoten stimmen, darf RTL gerne über ein weiteres «Star Race» nachdenken – und dann vielleicht sogar im Staffelformat, statt als mehrstündige Eventshow. Das würde die Spannungskurve noch höher steigen lassen.