Die Kritiker: «Liebe, Babys und gestohlenes Glück»

Handlung
Zum nunmehr neunten Mal geht es für den ZDF-Zuschauer in die „Klinik am See“, deren Oberarzt Thomas eine glückliche Ehe mit Hebamme Antonia führt, und in der die Hebamme Vroni stets für gute Laune sorgt, während ihre unberechenbare Kollegin Helena nur Trubel auslöst. Derzeit etwa dadurch, dass sie glaubt, schwanger zu sein, was ihrem Teilzeitliebhaber Dr. Leitner überhaupt nicht in den Kram passt. Und Helenas wankelmütige Natur macht es ihm nicht einfach, sich an den Gedanken einer nahenden Vaterschaft zu gewöhnen, denn sie selbst weiß nicht, wie sie mit der Situation umgehen soll. Als sie Antonia um Rat bittet, lässt diese durchblicken, dass Helena selbst nicht mehr die Jüngste sei und deswegen wichtige Entscheidungen alleine treffen können müsste – ein handfester Streit bricht aus.

Dieser Zwist ist der kleinste Brandherd in der prachtvollen Klinik inmitten der bayerischen Landidylle, denn aus der Neugeborenenstation wurde ein Kind entführt. Die wohlhabenden Eltern sind aufgelöst und schwören, alles dafür zu tun, ihr Baby wieder in den Händen halten zu können. Entgegen des Ratschlags aller schaltet der erschütterte Vater sogar eine Fernsehansprache, um den Entführer zu seinem nächsten Schachzug zu zwingen. Der misstrauische Kriminalhauptkommissar Klaus Bacher ist derweil felsenfest davon überzeugt, dass sich der Täter unter den Klinikangestellten finden lässt. Dadurch rasselt er mit Antonia aneinander die sich solch eine Unterstellung nicht gefallen lässt.

Abseits dieses Chaos müssen sich Vroni und ihr Gefährte Karl mit seiner frechen Nichte Sarah rumschlagen. Die Eltern der Berlinerin haben sie zu einem Entspannungsurlaub am Tegernsee verdonnert, was sie als Hölle auf Erden empfindet ...

Darsteller
Marion Kracht («Familie Sonnenfeld») ist Antonia Hellmann
Michael Roll («Kommissarin Lucas») ist Dr. Thomas Hellmann
Luka Kumi («Neger, Neger, Schornsteinfeger») ist Nahas Hellmann
Julia Bremermann («Die Anwälte») ist Helena
Michael Rotschopf («Dr. Molly & Karl») ist Klaus Bacher
Lara-Joy Körner («Der Arzt vom Wörthersee») ist Miriam Brückner
Christiane Blumhoff («Spezlwirtschaft») ist Vroni Meister
Werner Haindl («Stürmische Zeiten») ist Karl Meister
Mathilde Bundschuh («Tage die bleiben») ist Sarah
Markus Böker («Forsthaus Falkenau») ist Dr. Markus Leitner

Kritik
Auch, wenn Drehbuchautorin Iris Kobler (nach Motiven von Christiane Lentz und Christine Zierl) die Geschichte so konstruiert, dass das „Gör“ Sarah von seiner Meinung abweicht: Die Einschätzung, dass sich rund um die „Klinik am See“ die Hölle auf Erden befindet, kann so falsch nicht sein. Dort findet sich nämlich alles, was für den Bodensatz einer kitschigen Heile-Welt-Reihe nötig ist: Da wäre der kompetente, nach konservativen Methoden behandelnde Oberarzt, seine an die Menschlichkeit in jedem glaubende Ehefrau, der sich ewig jung fühlende Feger Helena und ein Frohnaturenpärchen, das so witzig ist, wie ein bayerisches Rentnerduo, das die schlechtesten Witze aus der Mainzer Faschingssitzung nacherzählt. Und mit Nichte Sarah findet in dieser Ausgabe der Herzkino-Reihe ein weiteres wandelndes Klischee Einzug, und zwar ein modernes Großstadtkind, das sich von Vorurteilen geplagt dagegen wehrt, in die verhasste Landregion abzusteigen. Aber innerhalb weniger Filmminuten darf das Kind lernen, wie harmonisch, lebenslustig und schön es dort doch ist ...

Wer nun erwartet, dass durch die Kindsentführung etwas Dramatik und Konfliktpotential in die fernsehfilmgewordene Groschenromanwelt einfällt, traut diesem in seiner Sanftheit geradezu aggressiv wirkendem audiovisuellen Seelenbalsam zu viel zu. Selbstredend liegt die lebenskluge Hebamme Antonia mit ihren ersten Vermutungen richtig, schlägt der inkompetenten, an so etwas abstruses wie Korruption oder Boshaftigkeit glaubenden Polizei ein Schnippchen und deckt ein menschelndes, rührseliges Tatmotiv auf. Weichgespülter, als in diesem Fernsehfilm lässt sich das Thema Kindsentführung kaum darstellen und das dramaturgisch herbei gezauberte, elendig ausgeschlachtete Happy End begräbt in den letzten Minuten abschließend alles, was in dieser Reihe jemals an Plausibilität gegeben war.

Dass sich nach acht Vorgängerfilmen die Stammfiguren von «Liebe, Babys und ...» in ihren starren Charaktergrenzen völlig eingefahren haben, saugt endgültig den letzten Hauch von Dynamik aus ihren Darstellungen. Eine Vielzahl an Dialogwitzen soll dem offenbar entgegenwirken, doch diese Späße erweisen sich allesamt als Rohrkrepierer. Während das Stammensemble seine Zeit vor der Kamera lustlos mit strahlend weißem Zähnelächeln und einer gelegentlich aufgesetzten, melodramatischen Bittermiene förmlich absitzt, zeigen die Gastdarsteller Rotschopf und Bundschuh tatsächlich etwas Engagement. Aufgrund des glückseligen Vakuums, in dem sie agieren und sämtliche Groschenromanklischees erfüllen müssen, genügt es jedoch selbst für sie nur zu einem „der Versuch allein zählt“.

Das ZDF zeigt «Liebe, Babys und gestohlenes Glück» am Sonntag, 13. Mai 2012 um 20.15 Uhr.
12.05.2012 10:00 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/56673