Bitterböse, spröde und real: Charlize Theron in einer tiefschwarzen Komödie der «Juno»-Macher Jason Reitman und Diablo Cody.
„Young Adult“ ist eine sehr optimistisch gewählte, fast schon beschönigende Bezeichnung, die sich das englischsprachige Verlagswesen ausdachte, um Jugendbücher besser loszuschlagen. Mit ihren High-School-Romanzen, Teenie-Problemchen, hippen Dialogwechseln sowie den mehrfach wiedergekäuten Liebes- und Lebensweisheiten sprechen diese Heftchen in den „Young Adult“-Buchregalen wohl kaum junge, aufstrebende Erwachsene an. Viel eher haben sie es auf 13- bis 16-jährige Kids abgesehen, für die jeder vor einem Date sprießende Pickel die größte Tragödie der Weltgeschichte darstellt.
Tatsächlich ist „Young Adult“ eine passende Beschreibung für Mavis – wie wohlmeinend sie ist, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Die Ghostwriterin der „Young Adult“-Buchreihe «Waverly Prep» ist nämlich 37 Jahre alt, frisch geschieden und hat keine umsetzbare Zukunftsperspektive. Tagsüber hängt sie verkatert vor dem Fernseher, erfolglos über neue Ideen für ihre Romanreihe sinnierend. Diese hat ihre Blütezeit aber längst hinter sich gelassen. Abends angelt sich Mavis irgendwelche Typen, denen sie am nächsten Morgen nicht einmal ins Gesicht schauen möchte. Es ist unklar, inwiefern sie sich der Trostlosigkeit ihres Lebensstandards bewusst ist, und inwieweit sie sich schon in ihren Illusionen verirrt hat. Ja, sie ist noch ein „Young Adult“. Aber sie könnte eigentlich längst über diesen Status hinausgewachsen sein.
Der Kritiker- und Publikumserfolg «Juno» bescherte 2008 Ex-Stripperin Diablo Cody einen Academy Award für das beste Original-Drehbuch. Die quirlig-anarchische Geschichte über eine Teenagerschwangerschaft überzeugte mit einem unerwartet leichtgängigen und dennoch angebrachten Umgang mit ihrer heiklen Thematik. Doch die wohl größte Leistung war Codys gekonntes Einfangen jugendlicher Charaktere – sie waren zwar nicht gänzlich aus dem Leben gegriffen, aber die in «Juno» zu sehende Jugend war Teil einer überzeugenden überhöhten Realität. Teenager in anderen Filme sind entweder Relikte einer vorhergegangenen Generation, zu cool, zu brav, zu rebellisch, zu verkrampft ... Cody kreierte in «Juno» dagegen locker-leicht ein stimmiges Bild von Film-Jugendlichen.
Mit einem erneut gegen seine Sitcom-Fesseln anspielenden Patton Oswalt («King of Queens») in der Rolle eines vom Schicksal gezeichneten Nerds erhält die brillante Theron zudem ein amüsantes, sie ergänzendes Leinwandgegenüber, das gerne die Stimme der Vernunft wäre – aber selbst zu desillusioniert und zu schwach ist, sich gegen die energische Mavis durchzusetzen. Brüchigem Haar und dicken Augenringen zum Trotz strahlt hinter der überfeierten, unsteten und perspektivenarmen Chaotin noch immer eine intelligente sowie wunderschöne, junge Frau hervor. Und diese Kombination macht Mavis zu einer schwer aufzuhaltenden Macht.
Der gewollt spröde, durchgehend stille Humor von «Young Adult» generiert sich vor allem aus dem erschreckenden Realismus des Handlungsverlauf und der Figuren. Man lacht, weil man, ab einem gewissen Stück Wegstrecke in seinem eigenen Leben, Situationen und Charakterzüge wieder erkennt. Oftmals weckt Mavis' Handeln Erinnerungen an eigene Bekannte, was mehrfach für Schadenfreude oder Fremdscham sorgt. Die in nahezu jeder Szene mindestens drei Emotionen gleichzeitig subtil und glaubwürdig aufspielende Theron und ihr versierter Regisseur vermögen es aber, bei allem Schrecken auch Empathie für diese Figur zu erzeugen. Dadurch ist «Young Adult» auch gelegentlich Mitleid erregend, und häufiger, als einem lieb sein dürfte, ruft diese rabenschwarze Komödie Selbstmitleid hervor. Ein wenig Mavis steckt in jedem von uns, und dessen sind sich die Macher von «Young Adult» nur zu bewusst.