In dieser Woche rast Ryan Gosling durch Los Angeles, während George Clooney auf Hawaii verzweifelt.
«Drive»
Hauptberuflich ist "The Driver" (Ryan Gosling) Mechaniker in Shannons (Bryan Cranston) Autowerkstatt in Los Angeles, aber um sich finanziell über Wasser zu halten, hat er noch einige andere Jobs. Aufgrund seiner großen Fähigkeiten hinter dem Steuer ist er nicht nur ein gut gebuchter Stuntman für Hollywood-Filme, sondern begibt sich auch ins kriminelle Milieu als Fahrer von Fluchtwagen. Darin ist er - da sind sich alle einig - weit und breit der Beste. Um dieses Doppelleben führen zu können, arbeitet er mit größtmöglicher Abgebrühtheit und Rationalität. "Driver" besitzt nahezu keine zwischenmenschlichen Beziehungen und behandelt seine Kundschaft immer gleich, bevor er seine neue Nachbarin Irene (Carey Mulligan) und ihren Sohn Benicio (Kaden Leos) kennenlernt. Da er zu ihr eine starke Zuneigung entwickelt, hilft er Irenes wenig später aus dem Knast entlassenen Mann Standard (Oscar Isaac) dabei, mit seiner kriminellen Vergangenheit abzuschließen und ein neues Leben zu beginnen. Er hilft als Fahrer bei einem Raubüberfall, durch den sich Standard beim Großkriminellen Bernie Rose (Albert Brooks) freikaufen möchte. Doch als der Überfall schief geht, braucht "Driver" weitaus mehr als nur seine Fahrtalente...
Die Filmkritiker bescheinigten «The Driver» beinahe einstimmig eine hervorragende Qualität. So bezeichnete ihn Carsten Baumgardt von der deutschen Online-Filmplattform Filmstarts als "grandioses Neo-Noir-Action-Drama [...] von atemberaubender Brillanz" und sprach sogar von "Stoff, aus dem Kultfilme gemacht sind". Auch Robert Cherkowski vom Filmmagazin Schnitt empfand den Streifen als "zeitloses Kino der besten Sorte" und war sich sicher, "einen der besten Filme des Jahres" gesehen zu haben. Kenneth Turan von Den Los Angeles Times lobte insbesondere die Performance von Albert Brooks, welcher seiner Rolle "einen feinen Hauch von verachtungsvoller, exzentrischer Bedrohung" gibt, konnte sich aber nicht so recht für die "ultra-moderne Gewalt" begeistern, in die seines Erachtens der Film "verliebt" ist. Aber auch bei der großen Mehrzahl der US-Kritiker kam die Produktion sehr gut davon, wobei auch die Darstellung der Gewaltszenen ausdrücklich gelobt wurde.
OT: «Drive» von Nicolas Winding Refn; mit Ryan Gosling, Carey Mulligan, Bryan Cranston, Albert Brooks, Oscar Isaac und Christina Hendricks
«Ein riskanter Plan»
Bei diesem Film kann es ratsam sein, möglichst wenig über die Handlung zu wissen. Wer sich also bei seinem Kinobesuch überraschen lassen möchte, sollte den nun folgenden Abschnitt überlesen.
Der auf die schiefe Bahn geratene Ex-Cop Nick Cassidy (Sam Worthington) verfolgt einen wahrlich riskanten Plan: Nachdem er im noblen New Yorker Roosevelt-Hotel eingecheckt ist und festlich gespeist hat, schreibt er eine Notiz und steigt plötzlich auf den Fenstersims seines Zimmers im 21. Stock. Schnell versammelt sich eine Schar schockierter Passanten auf der Straße, die den Mann dort oben beobachten. Nachdem die Polizei die Straße abgeriegelt hat, versucht Detective Jack Dougherty (Edward Burns) mit dem offenbar Suizidgefährdeten in Kontakt zu treten, doch er verlangt rigoros nach der Polizeipsychologin Lydia Mercer (Elizabeth Banks). Diese findet die Identität des Mannes heraus, der aufgrund eines Diamantendiebstahls zu 25 Jahren Haft verurteilt wurde und erst kürzlich aus dem Gefängnis ausgebrochen ist. Cassidy möchte auf diesem Wege seine Unschuld beweisen - und lenkt durch seine Aktion bewusst die Aufmerksamkeit auf sich, was sich sein Bruder Joey (Jamie Bell) zu Nutze macht.
Die deutschen Filmkritiker zogen ein recht positives Resümee über diesen Thriller von Asger Leth. So bescheinigte der Weser-Kurier dem dänischen Regisseur "ein gutes Gefühl für Balance", durch das "sein Film über die zahlreichen Ungereimtheiten und haarsträubenden Zufälle, die das Drehbuch vorschreibt, einfach hinwegrast". Andreas Staben lobte im Hinblick auf Leths Inszenierung vor allem den "wohldosierten Humor und eine Prise Action" und bezeichnete «Ein riskanter Plan» insgesamt als "abwechslungsreichen Thriller und spannendes Drama", bei dem "für jeden Freund guter Hollywood-Unterhaltung etwas dabei" ist. Für Moviemaze-Kritikerin Carmen Porschen trugen auch die "beeindruckenden Luftaufnahmen von New Yorker Wolkenkratzern" zum Seherlebnis bei, sie übte jedoch leise Kritik an der "unterhaltsamen und interessanten", aber nicht immer originellen und realistischen Geschichte.
OT: «Man on a Ledge» von Asger Leth; mit Sam Worthington, Elizabeth Banks, Jamie Bell, Anthony Mackie, Ed Harris und Edward Burns
«The Artist»
Im Hollywood der 20er-Jahre dominiert noch der Stummfilm. Einer der großen Stars dieser Zeit ist George Valentin (Jean Dujardin), der gerne im Rampenlicht steht und darüber hinaus auch ein äußerst großes Faible für schöne Frauen besitzt. Bei der Premiere zu seinem neuesten Streich "A Russian Affair" badet er nur allzu gerne in der jubelnden Menge und lässt sich feiern. Durch einen Zufall wird die junge Peppy Miller (Berenice Bejo) nach der Kinovorstellung neben ihrem Idol stehend von der Presse fotografiert und nur einen Tag später sogar auf dem Titelblatt abgedruckt. Die stolze Peppy ergattert daraufhin in einem Casting eine Nebenrolle in Valentins nächstem Film, bei dem sie den Filmstar sofort in ihren Bann ziehen kann. Doch die Wege der beiden trennen sich anschließend erst einmal wieder für einige Jahre. Inzwischen hat der Tonfilm Einzug erhalten und George Valentins einst so leuchtender Stern erlischt immer mehr, während die junge Peppy selbst zum gefeierten Star wird. Ihr großes Idol hat sie dabei allerdings nicht vergessen...
Kaum ein Kinofilm war in den vergangenen Wochen medial so präsent wie Michel Hazanavicius' Hommage an die Zeit des Stummfilms. Auch bei den Kritikern kam der dreifache Golden-Globe-Gewinner überaus gut an. So beurteilte ihn Michael Föls vom österreichischen Online-Dienst Filmering als "herausragenden Film", der "eine klassische Geschichte aus einer längst vergangenen Ära mit einer Konsequenz, die selten ist und einer Hingabe zum Medium Film die noch viel rarer gesät ist" erzählt. Roland Meier von der Schweizer Plattform Outnow war sogar so begeistert, dass «The Artist» seines Erachtens "cineastische Magie", die "mit einer Liebe zum Detail [gemacht wurde], die bewundernswert ist". Die Cinema-Redaktion bewertete die französisch-belgische Co-Produktion als "augenzwinkernde Hommage an eine Kino¬epoche, die einige der größten Filme aller Zeiten hervorgebracht hat" und "immerhin zu den schönsten [Filmen] des vergangenen Kinojahres" zählt.
OT: «The Artist» von Michel Hazanavicius; mit Jean Dujardin, Berenice Bejo, John Goodman, James Cromwell, Penelope Ann Miller und Missi Pyle
«The Descendants - Familien und andere Angelegenheiten»
Das englische Wort "Descendant" bedeutet übersetzt so viel wie Abkömmling oder Nachfahre. Wir alle sind Nachfahren von irgendwem, doch nicht alle haben dabei so viel Glück wie die Familie King. Denn Anwalt Matt (George Clooney), dessen Frau
Elizabeth (Patricia Hastie) und die beiden Töchter Alex (Shailene Woodley) und Scottie (Amara Miller) besitzt seit Jahrhunderten ein sehr wertvolles Stück Land, dessen Wert auf eine halbe Milliarde US-Dollar taxiert wird. Zudem verdient Matt sehr gutes Geld, materiell fehlt es der Familie also wahrlich an nichts. Als aber die abenteuersüchtige Elizabeth nach einem Bootsunfall ins Koma fällt, sind für den Familienvater diese Werte plötzlich nur noch zweitrangig. Denn er findet nun heraus, dass seine Frau eine Affäre mit einem jungen Immobilienmakler (Matthew Lillard) hatte und ihn verlassen wollte. Das kann Matt nicht auf sich sitzen lassen und macht sich auf die Suche nach seinem Nebenbuhler...
Auch der vierte vorgestellte Film in dieser Woche kam bei der Zunft der Filmkritiker alles andere als schlecht davon. So sah ihn Carsten Baumgardt von Filmstarts als "Triumph für Regisseur Alexander Payne", da er "nicht nur tief bewegt, sondern auch königlich amüsiert". Für die in Kürze folgenden Academy Awards ist «The Descendants» seines Erachtens ein "heißer Kandidat". Für Anne Facompre von Movieworlds ist er "ein Film für all diejenigen, die nicht unbedingt einen klassischen Hollywood-Blockbuster brauchen". Mit "wunderbar ehrlich, hinreißend komisch und dennoch wahrlich tragisch" fasste sie die wichtigsten Charakteristika eines Streifens zusammen, in dem man Menschen "mit Problemen [sieht], die sich durch Geld nicht lösen lassen und die uns alle treffen können". Auch die Kritiker aus den Vereinigten Staaten zeigten sich überwiegend begeistert, wenngleich beispielsweise Richard Corliss zwar "mögenswerte Dinge bei diesem Film" fand, jedoch letztlich "unberührt" blieb. Peter Rainer vom Christian Science Monitor hingegen war der Meinung, "ein kleines Wunder von einem Film gesehen zu haben".
OT: «The Descendants» von Alexander Payne; mit George Clooney, Shailene Woodley, Amara Miller, Nick Krause, Patricia Hastie und Grace A. Cruz