Die Kritiker: «Das Mädchen auf dem Meeresgrund»

Inhalt
Der Meeresforscher Hans Hass plant eine Dokumentation über das rote Meer, in der er auch endlich seinen jahrelangen Traum verwirklichen und einen weißen Hai filmen will. Dazu mangelt es allerdings an der nötigen Finanzierung. Hass' Produzent schlägt ihm vor, seine frisch eingestellte Sekretärin mit auf die Expedition zu nehmen. Wenn die gut aussehende, junge Dame im Badeanzug auftritt, und man ihr Abbild auf die Kinoplakate druckt, dann sei ein Erfolg garantiert. Diesen Vorschlag hält Hass für unerhört. Frauen hätten auf Schiffen nichts zu suchen, und noch viel weniger die unerfahrene und widerspenstige Lotte. Allerdings braucht Hass das Geld, weshalb er einwilligt.

An Bord muss sich Lotte zunächst an die widrigen Umständen einer Tauchexpedition gewöhnen. Noch schwerer hinzunehmen ist aber, zumindest anfänglich, der raubeinige Führungsstil des Kapitäns. Eine erste Sichtung des weißen Hais wird durch Lottes übervorsichtiges Einschreiten zur Nullnummer, was ihren Stand beim Käpt'n noch weiter verschlechtert. Allerdings bringt sie auf der Suche nach neuen Ideen für den Dokumentarfilm unverbrauchte Gedanken ein, und kann sich so langsam den Respekt Hans' erarbeiten. Derweil bricht Lottes Verlobter einen gefährlichen Zwist mit dem Crewmitglied Xenophon vom Zaun, weil dieser Lotte auffällig nett behandeln würde ...

Darsteller
Yvonne Catterfeld («U-900») ist Lotte Baierl
Benjamin Sadler («Contergan») ist Hans Hass
Harald Krassnitzer («Tatort») ist Xenophon
Manuel Witting («SOKO Wien») ist Luki
Andreas Schmidt («Henri 4») ist Toni
Raimund Wallisch («Borgia») ist Bertl
Julia Cencig («Das Glück dieser Erde») ist Hannah
Florentín Groll («Schloss Orth») ist Charles Withmore

Kritik
Ein mitunter mürrischer, jedoch auch unerklärlich charmanter Kapitän ist davon besessen, einem weißen Hai zu begegnen und bricht von seinem Ziel unabrückbar mit einer internationalen Crew zu einer langen Expedition auf. Das klingt im ersten Moment frei nach «Moby Dick» abgekupfert, ist aber die wahre Geschichte hinter dem 1951 veröffentlichten dokumentarischen Spielfilm «Abenteuer im Roten Meer». Dieser wurde seinerzeit aufgrund der bahnbrechenden Unterwasseraufnahmen sensationell aufgenommen und bei den Filmfestspielen für dokumentarische Filme in Venedig mit dem Hauptpreis ausgezeichnet.

Sechzig Jahre später wird in der ZDF-Fernsehproduktion, mit ein paar dramaturgischen Freiheiten, die Geschichte nacherzählt, wie sich Lotte Baierl und Hans Hass während ihrer ersten gemeinsamen Expedition kennen lernten. Gerade die in den letzten Filmminuten zelebrierte Beziehung der beiden wird jedoch während der eigentlichen Handlung an den Rand gedrängt. So sehr, dass sie zu einem melodramatischen Subplot über ein Liebesdreieck degradiert wird, der unnachvollziehbare, dramatische Sprünge macht. Somit wird es dem Zuschauer erschwert, die Liebeswirrungen an Deck des Expeditionsschiffs gänzlich auf sich wirken zu lassen.

Da die Entwicklung und Überwindung von Gefühlen in «Das Mädchen auf dem Meeresgrund» immer wieder aus dem Fokus der Inszenierung entschwindet, können klischeehafte Szenen über eskalierende Missverständnisse die Gesamtqualität des Films nicht all zu sehr drücken. Allein schon die beeindruckenden Unterwasseraufnahmen beweisen, dass das Team um Regisseur Ben Verbong Respekt für den Filmstoff mitbringen. Dieser äußert sich auch in den facettenreichen Schauspielleistungen der Hauptdarsteller Catterfeld und Sadler. Das Drehbuch verhindert zwar, dass durchweg nachfühlbar ist, wie sich die von ihnen verkörperten Lotte und Hans Hass näherkommen, dennoch harmonieren sie sehr gut miteinander. Besonders hervorhebenswert sind Sadlers unaufdringlich vermittelten Monologe über das Meer und die Bedeutung der in Angriff genommenen Expedition, die dem kurzweiligen, aber seichten Biopic etwas zusätzliche Tiefe verleihen.

Das ZDF strahlt «Das Mädchen auf dem Meeresgrund» am Donnerstag, den 8. Dezember, um 20.15 Uhr aus.
07.12.2011 09:00 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/53666