«Herzflimmern»: Der Fisch stinkt von oben

Die einstige Medial-Daily und jetzige bayerische Irgendwas hatte es von Anfang an nicht leicht. Jetzt folgt die Versetzung zu ZDFneo. Ein Kommentar.

Es kam, wie es kommen musste. Ab 2012 wird die enorm quotenschwache Serie «Herzflimmern» ihren Sendeplatz im Zweiten räumen müssen. Auch nach inhaltlicher Überarbeitung stiegen die Quoten nur minimal an. Dabei war «Herzflimmern» eigentlich schon von Beginn an eine Totgeburt. Obwohl sich tägliche Serien schwer taten, kam das ZDF irgendwann auf die Idee trotz startendem «Lena» um 16.15 Uhr eine weitere tägliche Serie zu entwickeln. Das Format sollte eine Art Joker für das Tagesprogramm sein und einspringen, wenn andere Sendungen abschmieren. Eigentlich eine gute Idee, die die Macher von der Bavaria aber vor eine schwere Aufgabe stellte.

Für welche Uhrzeit und somit auch für welches Publikum soll produziert werden? Immerhin: Weil «Lena» schlecht startete, konnte man recht früh auf den 16.15 Uhr-Slot schielen. Und so wurden vor den Toren Münchens im vergangenen Herbst die ersten Folgen aufgezeichnet – lange bevor Sendestart und –termin überhaupt feststanden. Das war das nächste Problem: Normalerweise haben tägliche Produktionen einen Vorlauf von acht Wochen – später auch mal elf oder zwölf, wenn das Team eine Drehpause einlegt. «Herzflimmern» hatte aber teilweise 15 Wochen Vorlauf, bevor die erste Ausgabe über den Bildschirm flimmerte waren schon rund 50 Stück im Kasten.

Das heißt aber auch: Gefällt dem Publikum nicht, was es sieht, haben die Macher ein Problem. Daran dachte aber niemand, denn die Marktforschung fiel grandios aus. Marktforschungen muss man sich in etwa so vorstellen: Als Zielpublikum eingestufte Menschen sitzen in einem Raum, bekommen eine oder mehrere Folgen zu sehen und urteilen dann darüber. Da diese Menschen aber Geld dafür bekommen, sind sie gerne mal gehemmt also heftig Kritik zu üben – Ausnahmen bestätigen die Regel. Während in Foren die ersten Folgen zerrissen wurden, bekamen sie in der Marktforschung Bestnoten. Das wiederrum führte dazu, dass das ZDF die Serie schon vor dem Start um 100 weitere auf 200 Folgen verlängerte.

Wegen des langen Vorlaufs musste das Team bereits vor Sendestart für die weitere Produktion fixiert werden. Inhaltlich war die Serie zunächst zu kühl, zu medizinisch und eben nicht das, was das ZDF-Publikum zuvor um 16.15 Uhr serviert bekam. Das war so gewollt, aber es ging schief. Die enorm schwachen Quoten taten dann ihr übriges. Hinter den Kulissen brannte der Baum, Bavaria-Chef Esche und vor allem sein Berater Jandek betrieben schlechtestes Krisenmanagement. Man entschied sich für eine Neuausrichtung, eigentlich wieder hin zu einer Telenovela, die man aber als eher undefinierbare Bayerische Irgendwas-Serie verpackte.

Gute Schauspieler wie Nova Meierhenrich, die eigentlich sogar eine recht beliebte Figur verkörperte, mussten gehen – laut ZDF natürlich ganz normal für eine tägliche Serie. Hinzu kam junges, frisches Blut, dass letztlich sogar für leicht steigende Quoten beim jungen Publikum führte. Aber: Die Macher haben die Reißleine viel zu spät gezogen, «Herzflimmern» hätte unmöglich noch ein Erfolg werden können, hätte man die Werte bei den Jungen doch verdreifachen und insgesamt verdoppeln müssen. Trotzdem legte das ZDF nocheinmal 55 Folgen - sozusagen als Vertrauensvorschuss - obendrauf. Letztlich hatte das neue «Herzflimmern» aber nie eine realistische Chance zu überleben. «Herzflimmern» ist eben ein gutes Beispiel dafür, dass der Fisch in vielen Fällen von oben her stinkt.
02.12.2011 09:30 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/53578