Die Kino-Kritiker: «Männerherzen… und die ganz ganz große Liebe»

Die «Männerherzen»-Fortsetzung ist ein waschechtes Feel-Good-Movie, im positiven wie im negativen Sinn.

Der um sich greifende Fortsetzungswahn im Filmgeschäft ist beileibe kein bloß auf Hollywood beschränktes Phänomen. Nachdem sich das Fortsetzungsgeschäft im hiesigen Kino eine Zeit lang hauptsächlich auf Thomas Gottschalks und Mike Krügers «Supernasen»-Filme, Otto Waalkes Kinoauftritte und im Zeichentrickbereich auf die «Werner»-Reihe beschränkt hatte, bekamen allein in den letzten Jahren auch in Deutschland gleich mehrere große und populäre Produktionen gehäuft Sequels spendiert. Während Otto Waalkes mit zwei «7 Zwerge»-Teilen und einem erneuten Auftritt seiner Otto-Kunstfigur in «Otto’s Eleven» auch heute weiterhin vorne mit dabei ist, steht Michael „Bully“ Herbigs Buch- bzw. Animeverfilmung «Wickie und die starken Männer» demnächst ihr zweiter Teil noch bevor. Für Til Schweigers «Keinohrhasen»- und Oliver Kalkofes «Wixxer»-Filme befinden sich derweil schon die jeweils dritten Teile in der Vorbereitung. Die Jugendbuchadaption «Die wilden Kerle» hat es bis dato gar auf ganze fünf Filme geschafft.

Da verwundert es kaum, dass nun auch ein prominent besetzter Publikumserfolg wie Simon Verhoevens «Männerherzen» fortgeführt wird, konnte der Film hierzulande doch über zwei Millionen Zuschauer in die Kinos locken. Im Gegensatz zu manch anderer Produktion bot «Männerherzen» aufgrund mehrerer Hauptfiguren und der losen Ende einiger Geschichten aber auch tatsächlich das für eine gelungene Fortsetzung benötigte inhaltliche Potenzial. Regisseur und Autor Verhoeven weiß dieses zwar nicht gänzlich auszunutzen, unterhält mit seiner Fortsetzung jedoch trotzdem ähnlich gut wie bereits zwei Jahre zuvor mit «Männerherzen»

«Männerherzen und die ganz ganz große Liebe» setzt nun auch ziemlich genau da an, wo der erste Teil aufgehört hat. Der ehemalige U-Bahnfahrer Roland (Wotan Wilke Möhring) sitzt noch immer im Gefängnis und hofft vor allem, dass ihn sein kleiner Sohn (Amon Robert Wendel) dort einmal besuchen kommt. Der fürchtet sich allerdings vor seinem eigenen Vater, nachdem dieser Günther (Christian Ulmen), den neuen Freund seiner Mutter (Nadja Uhl), ins Krokodilbecken des Zoos geworfen hat. Letztere schweben nun inzwischen auf Wolke Sieben. Doch mit dem Sexleben will es noch nicht so wirklich klappen. Daher holt sich der verklemmte Günther Tipps bei seiner Fitnessstudiobekanntschaft Jerome (Til Schweiger). Der ist wiederum vorübergehend in sein hessisches Heimatdorf zurückgekehrt, um eine frühere Liebe aufleben zu lassen. Nachdem diese ihn jedoch hat abblitzen lassen, verguckt sich der Frauenheld in die hübsche Tochter (Mina Tander) eines Pferdehofbesitzers.

Schlagersänger Bruce Berger (Justus von Dohnányi) hütet während Jeromes Abwesenheit noch immer dessen Berliner Wohnung. Da er nach dem letzten großen Erfolg mit seinen neuen Ideen bei seinem Label auf taube Ohren stößt, beschließt er kurzerhand, eine eigene Plattenfirma aus dem Boden zu stampfen. Die Suche nach fähigen Mitarbeitern führt einige der genannten Figuren direkt zusammen. So findet auch der im gleichen Haus wohnende ehemalige Werbefachmann Niklas (Florian David Fitz) eine neue Beschäftigung. Gleichzeitig versucht er jedoch nach dem Ende seiner Beziehung verzweifelt Kontakt zu seiner inzwischen berühmt gewordenen Affäre (Inez Björg David) aufzunehmen. Sein bester Kumpel Philip (Maxim Mehmet) hat derweil ganz andere Sorgen. Denn trotz des Erfolgs seines Bioladens stellt ihn die Neuigkeit, dass seine schwangere Freundin (Jana Pallaske) nicht nur ein Baby, sondern gar Zwillinge erwartet, vor neue finanzielle Schwierigkeiten.

Was überladen klingen mag, funktioniert im fertigen Film, wie schon beim Vorgänger, erstaunlich gut. Auch wenn die Überschneidungen zwischen den einzelnen Geschichten nicht mehr ganz so subtil präsentiert werden und es auch nicht so viele versteckte Berührungspunkte zu entdecken gibt, werden die verschiedenen Handlungsstränge gekonnt und meist direkter als noch im ersten Teil miteinander verknüpft und in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander erzählt. Allerdings hätte der einen oder anderen Episode eine kleine Straffung durchaus gut getan, bewegen sich doch nicht alle durchweg auf gleichem Niveau. Florian David Fitz («Vincent will meer») hat als Niklas diesmal beispielsweise das Pech, von einem unangenehmen Missverständnis zum nächsten zu stolpern. Das hat vor allem dank skurriler Nebenfiguren zwar durchaus seine komischen Momente, gestaltet sich durch die nicht enden wollende Häufung der Fettnäpfchen auf Dauer aber recht anstrengend. Der Geschichte um Niklas’ Freund Philip weiß Simon Verhoeven ebenfalls nichts essentiell Neues hinzuzufügen, auch wenn Schauspieler Maxim Mehmet («Fleisch ist mein Gemüse») seine Sache auch diesmal wieder sehr gut macht.

Christian Ulmen («Herr Lehmann») hingegen ist im Zusammenspiel mit Nadja Uhl für den wohl niedlichsten Handlungsstrang des Films mitverantwortlich und sorgt mit der grandios vermittelten Schüchternheit und Unerfahrenheit seines Günthers, nun vor allem auch in Kombination mit dem Thema Sex, stets für köstliche Unterhaltung. Til Schweiger («Kokowääh») gibt gewohnt routiniert seine Standardrolle als Macho mit weichem Kern. Die Liebesgeschichte um seine Figur Jerome weiß zwar nicht übermäßig zu fesseln, dafür hat er aber insbesondere in den Szenen mit Jeromes Eltern und dem von Justus von Dohnányi («Das Experiment») verkörperten Bruce Berger viele Lacher auf seiner Seite. Letzterer ist ohnehin erneut das unangefochtene Highlight der Komödie. Der vor «Männerherzen» hauptsächlich auf ernste Rollen prädestinierte von Dohnányi hat weiterhin sichtlich Spaß mit seinem sympathisch durchgeknallten Schlagerstar. Das überträgt sich verlustfrei auf die Zuschauer. Durch sein herrlich überdrehtes Spiel gelingt es ihm, ausnahmslos jede Szene, in der er auftritt, an sich zu reißen. Ab und an droht Verhoeven bei der Figur Bruce Berger zwar in übermäßig alberne Gefilde abzurutschen, doch im letzten Moment kriegt er dann doch immer wieder die Kurve.

Stark ist daneben aber auch ein weiteres Mal der nun noch etwas mehr in den Hintergrund gerückte Wotan Wilke Möhring, über den zumindest am Anfang noch dezent die tragischen Zwischentöne anklingen, die den ersten Teil ebenso ausgemacht hatten wie die komischen Momente. Somit wäre auch schon der größte Schwachpunkt der «Männerherzen»-Fortsetzung angesprochen. Simon Verhoeven verzichtet abseits des erwähnten Handlungsstrangs diesmal völlig auf eine tragische Komponente und schreibt dafür den Humor umso größer. Das mag ein funktionierendes Zugeständnis ans Massenpublikum sein und dem einen oder anderen in der Tat das bieten, was er oder sie sich bereits vom ersten Teil erhofft hatte. Doch raubt es dem Film im Gegenzug auch ein Stück seines packenden dramatischen Gewichts.

Unterm Strich ist «Männerherzen und die ganz ganz große Liebe» also durch und durch ein schnörkelloses Feel-Good-Movie, das somit zwar jegliche Tiefe vermissen lässt, dafür aber erneut großartig unterhält. Auch wenn die bloßen Handlungsstränge meist nicht viel Neues oder allzu Originelles zu bieten haben, sind sie mit zahlreichen gelungenen Gags gespickt, dank derer keine Langeweile aufkommt. Die großartigen Darsteller tragen ihr Übriges zum hohen Spaßfaktor bei. Allein schon die von ihnen zum Leben erweckten, lieb gewonnenen Figuren machen einen dritten Kinoausflug der «Männerherzen» trotz der Schwächen des zweiten Teils nicht nur denkbar, sondern bei entsprechender Herangehensweise sogar wünschenswert.

«Männerherzen… und die ganz ganz große Liebe» ist ab dem 15. September in vielen deutschen Kinos zu sehen.
13.09.2011 13:00 Uhr  •  Markus Trutt Kurz-URL: qmde.de/51990