Massive Probleme: Brand wirbelt ProSiebenSat.1-Programm durcheinander

Eine «Alm»-Wiederholung im Anschluss, eine „LIVE“-gezeigte Wiederholung des Bayern-Spiels: Das Programm von ProSiebenSat.1 spielte verrückt – in der Unterföhringer Sendezentrale legte ein Brand die Sendesteuerung lahm. Wie das Feuer entstand…

Es ist das Worst Case-Szenario, das am Dienstagabend bei ProSiebenSat.1 in Unterföhring eintrat. Die Sendezentrale, ein speziell vor allem auch vor Feuer geschützter Bereich, war von einem Brand betroffen – aus Unterföhring ließen sich die Programme also nicht mehr steuern. So ging an die «Alm»-Crew in Südtirol die Anweisung heraus, einfach durchzusenden – was sie auch tat. Obwohl Werbeinseln gebucht waren, konnten die Zuschauer die Reality-Sendung ohne Werbeunterbrechungen genießen. Gegen halb elf verabschiedeten sich die beiden Moderatoren Janine Kunze und Daniel Aminati moderativ in die Werbepause um dann doch direkt wieder zurückzukehren. Kurz nach elf Uhr - immer noch ohne Werbeblock – schaltete man bis Sendeende live in die Alm-Hütte; das vorbereitete Material ging der «Alm» ohne Reklame einige Minuten zu früh aus. Dazu gab es eine Einblendung mit Hinweis auf technische Probleme in der Sendezentrale sowie eine kurze Erklärung der Moderatoren. Auch auf ein übliches Telefonvoting vor Werbepausen wurde dementsprechend verzichtet. Um 23.17 Uhr verabschiedete sich das Moderatoren-Duo dann live von den Zuschauern der aktuellen Dienstags-Ausgabe der Show mit dem Hinweis, man könne aufgrund von technischen Problemen nicht mehr zurück nach München schalten, sodass man die Sendung – weil es ja so schön war – einfach nochmal wiederhole. Statt die für 23.14 Uhr geplante Comedy-Sendung «Witzig ist Witzig» begann nach der Live-Sendung die Show nochmal von vorne als Aufzeichnung.

Das ProSieben-Senderlogo rechts oben täuschte den Zuschauern während der Wiederholung weiterhin eine „Live“-Sendung vor. Dafür wies eine Bauchbinde nochmal auf eine Wiederholung hin – mehr ließ sich zu diesem Zeitpunkt nicht steuern. Um kurz nach 23.00 Uhr war das eigentliche Problem noch nicht publik: „Sorry. Kein Joke. Es gibt ein größeres technisches Problem in Unterföhring. Deswegen wiederholen wir Die Alm“, ließ ProSieben seine Follower beim Micro-Blogging-Dienst Twitter noch im Unklaren. Um 23.31 schaltete ProSieben dann abrupt mitten in die eigentlich ab 23.14 Uhr geplante Comedysendung «Witzig ist Witzig». Das „live“-ProSieben-Logo und das «Die Alm»-Sendungslogo waren trotz Programmwechsel weiterhin zu sehen. Um 23.32 Uhr gelang dann nach über einer Stunde ohne Werbeinsel eine Werbepause.

Doch auch hier blieb sowohl das ProSieben-Senderlogo mit „live“-Einblendung inklusive «Die Alm»-Logo on-air sichtbar. Nach diesem Werbeblock wurde um 23.42 Uhr zurück zu «Witzig ist Witzig» geschaltet. Weiterhin blieb das ProSieben-Live-Logo und das «Die Alm»-Symbol eingeblendet.

Auch Sat.1 hatte keinen Zugriff mehr auf sein Programm: Demnach sahen auch die «Akte 20.11»-Zuschauer bei Sat.1 weiterhin das «ran»-Logo neben dem Sat.1-Ball – bis dann später auch diese Live-Sendung früher zu Ende ging und das UEFA Champions League-Spiel FC Zürich gegen FC Bayern als Aufzeichnung on-air geschickt wurde. Um 22.35 Uhr – also direkt nach dem Ende der Partie – freuten sich schon einige Zuschauer, dass sich Moderator Johannes B. Kerner direkt vom Spielfeldrand meldete und nicht erst in eine Werbepause abgab. Eine schlichte schwarz-weiße Bauchbinde brachte den Sat.1-Zuschauern eine kurze Information: „Aufgrund technischer Störungen kommt es zu vorübergehenden Programmänderungen.“

Schicksalhafterweise zeigte die Uhr zehn vor zwölf an, als die nächste ProSieben-Twitter-Mitteilung kam: „Wir wünschen eine gute Nacht und werden morgen asap den Grund der Probleme vertwittern. Wir danken für viele wirklich kluge Hinweise...“ Um 23:54 Uhr folgte die nächste Werbeunterbrechung inklusive sämtlicher falscher Logos bei der roten Sieben.

Um 0.23 Uhr gelang es in Unterföhring nach einem kurzen Schwarzbild das Logo von «Die Alm» aus dem Bild zu nehmen. Allerdings verschwand damit auch das Senderlogo. Eine Minute später war auch die Comedysendung «Witzig ist Witzig» mehr oder weniger planmäßig zu Ende. Die Sitcom «Two and a half man» startete anschließend ungebranded. Um 0.33 Uhr dann die nächste Werbepause auf ProSieben – diesmal ohne Senderlogo, welches zuvor allerdings im Programm fehlte. Auch nach dieser Pause um 0.42 Uhr fehlte das ProSieben-Senderlogo weiterhin. Beim Bällchensender verschwand ebenfalls das Senderlogo im Laufe der Fußballspiel-Wiederholung. Auch gegen ein Uhr nachts genossen die Zuschauer das ProSiebenSat.1-Programm ohne Senderlogos - aber mit Werbung, wie um kurz vor ein Uhr wieder bei ProSieben.

Auch am Mittwochmorgen waren bei Weitem noch nicht alle Probleme behoben: So ist beispielsweise der Teletext der Sender seit Dienstagabend nicht mehr aktualisiert worden. Den Fortbestand technischer Probleme bestätigte ProSieben – ebenfalls – via Twitter und dankte in diesem Atemzug auch allen Technikern, die in der Nacht improvisiert hatten.

Inzwischen gibt es auch genauere Informationen über die Entstehung des Brandes. Die Feuerwehr des Landkreises München teilte mit, dass das Feuer im zweiten Stock des ProSiebenSat.1-Gebäude im Bereich einer Baustelle ausbrach. Auf einer Länge von etwa 20 Metern entzündeten sich Kabel, wodurch es zu starker Rauchentwicklung kam. Wegen der Bauarbeiten seien im Haus selbst viele Türen offengestanden – der Rauch gelangte so in etliche Teile des Gebäudes. Wegen der großen Hitze ist darüber hinaus auch eine Wasserleitung geborsten – das austretende Nass richtete zusätzlichen Schaden an. Wie hoch der Schaden ist, kann zur Stunde noch nicht gesagt werden – auch wann Teletext und Programme wieder absolut fehlerfrei gesendet werden, ist noch unklar. 70 Feuerwehrmänner in 14 Fahrzeugen waren am Dienstagabend im Einsatz. Glücklicherweise wurde bei dem Brand aber niemand verletzt.

Update: Am Mittwochnachmittag bezifferte ein Polizei-Sprecher den entstanden Schaden auf 500.000 Euro. Den Werbekunden, dessen Spots ausfielen, soll hingegen kein Schaden entstehen. ProSiebenSat.1 will eine Ausgleichslösung finden, heißt es.
24.08.2011 10:12 Uhr  •  Benjamin Horbelt und Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/51608