Der Fernsehfriedhof: «Big Brother» für Machos

Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 145: Die vielleicht niveauloseste Reality-Show.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir eines weiteren Tiefpunkts der deutschen Fernsehgeschichte.

«Kämpf um Deine Frau» wurde am 19. September 2004 in Sat.1 geboren und entstand zu einer Zeit, als der Sender von früheren Glanzzeiten weit entfernt war. Der Vorabend dümpelte mit Sendungen wie «Ströhleins Experten» oder der «Quiz Show» vor sich hin. In der Primetime gab es kaum noch Highlights und auch im Vormittagsprogramm wusste der Sender nicht zu überzeugen. Abhilfe sollte ausgerechnet die Wiederbelebung des bereits totgesagten Reality-Genres leisten. Ermutigt wurden die Verantwortlichen offenbar durch die erfolgreiche Reaktivierung des Mutterformats «Big Brother», das nach einer Übersättigung des Marktes durch zahlreiche Kopien wie «II Club», «Versuchung im Paradies» oder «Big Diet» rund zwei Jahre pausierte. Auch der Sender Sat.1 selbst hatte sich mit «Girlscamp» bereits mit einem dieser Programme die Finger verbrannt und damals noch während der Sendung verlauten lassen, sich in Zukunft von Realityshows dieser Art zu distanzieren.

Doch schon drei Jahre später folgte die Kehrtwende. Weil man glaubte, aus den früheren Fehlern gelernt zu haben, setzte die Produktionsfirma Filmpool nicht auf Sex und nackte Haut, sondern auf Emotionen und Gefühle. Entsprechend beschrieb der damalige Unterhaltungschef Matthias Alberti die Show vorab als "das emotionalste Format im deutschen Fernsehen im laufenden Jahr". Daher wurde sie auch anders als ihre Vorgänger nicht als Reality-TV, sondern als Socialtainment-Sendung angepriesen.

Für sie zogen zwölf Männer zwischen 28 und 50 Jahre für einen Zeitraum von zehn Wochen in ein Camp ein, wo sie unter strengen Regeln und der Anleitung eines ehemaligen Football-Coaches sowie einer Psychologin vom Macho zum Traumprinzen umerzogen werden sollten. Sie alle hatten es nämlich gemein, dass sie aufgrund ihres bisherigen Verhaltens ihre Partnerin verloren hatten. Die Liste der Verfehlungen der Kandidaten reichte von Kontrollsucht über Untreue bis zu Faulheit. Um diese Verwandlung erreichen zu können, gab es Gruppensitzungen, Anti-Aggressionstrainings und Benimm-Kurse. Zusätzlich konnten die Männer mithilfe von kleinen Spielen und Herausforderungen entweder eigene Belohnungen (z.B. einen Abend «Sportschau» gucken) oder romantische Überraschungen für ihre Verflossene (z.B. das Versenden eines Rosenstraußes) gewinnen.

Wie beim Vorbild «Big Brother» wurden die Männer während ihres Aufenthaltes rund um die Uhr gefilmt und die Zuschauer durften entscheiden, wer das Camp verlassen musste. Bei jedem Auszug stand dann stets die Frage, ob der Kampf tatsächlich erfolgreich war, also ob die ehemalige Partnerin den durch das Fernsehen geläuterten Mann zurücknahm.

Das Konzept ließ bereits vorab schlimmste Stereotypen vermuten, doch die Umsetzung unterbot selbst die negativsten Erwartungen. Die Show bediente restlos jedes bekannte Rollen-Klischee und warf die Diskussionen um Identität und Gender um gefühlte 50 Jahre zurück. Passenderweise wurde sie von Andrea Kiewel präsentiert, die damals wie auch heute bedingungslos jeden vermeintlichen Trend unreflektiert und euphorisch mitfeierte. Dass sie gnadenlos alles moderiert, was ihr vor das Mikrofon kommt, bewies sie bereits durch ihre Engagements bei «Talk X» und dem «DSDS»-Klon «Die deutsche Stimme». Auch Kiewel trug aktiv dazu bei, dass sich «Kämpf um Deine Frau» auf einem unerträglich, niedrigem Niveau bewegte. Unterstützt wurde sie durch den heutigen Moderator des «Sat.1 Frühstücksfernsehens» Jan Hahn, der durch die obligatorischen Tageszusammenfassungen führte.

Geplant war es, den Sonntagabend mit einer zweistündigen Liveshow erfolgreich zu bespielen, während eine 45minütige Tageszusammenfassung, welche die zuletzt glücklose «Quiz Show» ersetzte, den Vorabend beflügeln sollten. Zusätzlich nahm eine halbstündige Variante am Vormittag mit «Blitz»-Moderator Kai Doose den Quotenkampf auf. Doch dabei sollte es in allen drei Fällen nicht lang bleiben.

Offenbar geriet auch den Zuschauern der Griff in die Klischeekiste zu tief, denn schon die Auftaktshow enttäuschte trotz der Beteiligung von Angelika Kallwass und Kai Pflaume mit einer Reichweite von knapp 1,5 Millionen Zuschauern und Marktanteilen um fünf Prozent auf ganzer Linie. Weil die Quoten auch danach nicht besser wurden, beschloss der Sender bereits nach einer Woche die breitangelegte Ausstrahlung zu reduzieren. Die Tageszusammenfassungen wurden um eine Viertelstunde gekürzt und die Live-Sendungen vom Sonntag auf den Donnerstag um 21.15 Uhr verschoben sowie deren Laufzeit halbiert. Dort bildeten sie mit der ebenfalls fragwürdigen Show «Mein großer, dicker, peinlicher Verlobter» ein erschreckend homogenes Gespann. Die morgendlichen Sendungen verschwanden ab Anfang November vollständig.

Obwohl auch diese Änderungen nicht den gewünschten Erfolg brachten, hielt Sat.1 wacker am Konzept fest und führte es die geplanten zehn Wochen durch. Das Finale wurde jedoch dann am Donnerstagabend um 19.15 Uhr versendet. Eine Rettung des Vorabends blieb damit ein weiteres Mal aus. Ersetzt wurden die täglichen Ausgaben zunächst durch die Clipshow «Sketch Mix» mit Aleksandra Bechtel und ab Januar 2005 durch Wiederholungen von «Lenßen & Partner». Erst mit dem Start der Telenovela «Verliebt in Berlin» ergab sich (zumindest zeitweise) eine Besserung der Situation.

«Kämpf um Deine Frau» wurde am 25. November 2004 beerdigt und erreichte ein Alter von zehn Wochen. Die Show hinterließ die Moderatorin Andrea Kiewel, die sich abseits einiger Retro-Shows dann hauptsächlich auf den «ZDF-Fernsehgarten» konzentrierte.

Möge die Show in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann einer erfolglosen Kopie der legendären Sendung «Spiele ohne Grenzen».
07.07.2011 09:00 Uhr  •  Christian Richter Kurz-URL: qmde.de/50626