Thomas Schürmann zwischen Trauer und Erleichterung: 'War eine geile Zeit'

Der Tag nach dem 9Live-Aus: Senderurgestein Thomas Schürmann spricht mit uns über das Ende, die letzte Sendung und seine Zukunft.

Gestern fiel die Entscheidung über das Ende des Live-Betriebs bei 9Live: Wie fühlen Sie sich am Tag danach? War es eine Art Befreiung oder spüren Sie eher Trauer?
Ich habe gemischte Gefühle. Einerseits bin ich sehr traurig, weil es eine geile Zeit war. Mein Team ist sozusagen wie mein Freundeskreis geworden. Wir haben in den zurückliegenden Jahren zusammen sehr viel Spaß gehabt – vor der Kamera wie auch abseits davon. Deshalb ist das Ende so unfassbar schade. Ich möchte allen Beteiligten an dieser Stelle auch noch einmal Danke für die vergangene Zeit sagen, die man so in der Branche wohl kaum woanders erlebt. Ich erinnere mich noch gut an die Aufbruchsstimmung von vor zehn Jahren, als wir alle etwas ganz Neues gemacht haben. Auf der anderen Seite sind wir alle aber wirklich auch ein bisschen erleichtert, weil seit Monaten eine Art Damokles-Schwert über uns schwebte. Jeder rechnete damit, dass es irgendwann eine Entscheidung gibt – deshalb war am Mittwoch da durchaus auch Erleichterung zu spüren.

In knapp vier Wochen endet nun die Ära 9Live…
Das war für uns schon sehr schockierend – der sehr kurze Zeitraum, den wir nur noch haben. Das ist aber verständlich: man kann uns keine drei Monate mehr on Air lassen, obwohl wir alle wissen, dass wir komplett abgesägt sind.

Sie werden die letzte Sendung bei 9Live moderieren – Sie galten sowieso immer als eines der wichtigsten Sendergesichter. Ist es für Sie nun eine Ehre, 9Live zu beenden?
Wir haben gestern alle miteinander gesprochen: Max, Alida, Anna, Marc… Ich war für diese Sendung eingeteilt, als noch gar nicht feststand, dass es die letzte 9Live-Live-Produktion sein wird. Deshalb gehe ich davon aus, dass wir da alle gemeinsam vor der Kamera stehen werden. Ich weiß nicht, welche Kollegen an dem Abend auch wirklich Zeit haben, aber wir denken: Wenn es schon so kommen muss, dass wir 9Live beenden, dann können wir es uns eigentlich alle nicht nehmen lassen, da noch einmal vor der Kamera zu stehen. Ich hoffe auch, dass der ein oder andere vom Team mit uns dabei sein wird.

Wie stellen Sie sich die letzte Sendung dann vor?
Ich glaube nicht, dass es in der Sendung um Anrufe gehen wird. Vielleicht sitzen wir zusammen und erinnern uns an die zehn Jahre, in denen so unglaublich viel passiert ist.

Blicken wir doch schon einmal auf die zehn Jahre zurück: Fällt Ihr Fazit auch bei all der Kritik an dem Sender positiv aus?
Zurückblickend – und ich muss ja jetzt schon zurückblicken – muss ich wirklich noch einmal sagen, dass es eine geile Zeit war. Das steht über allem. Wo weltweit kommt es denn schon vor, dass Moderatoren über zehn Jahre hinweg beim gleichen Sender durchgängig und so massiv on Air sind? An Erfahrung, was Live-Produktionen angeht, mangelt es mir nach dieser Zeit sicherlich nicht. Natürlich gab es stressige Momente, aber in welchem Unternehmen gibt es die nicht? In keiner Unternehmensgeschichte geht es in zehn Jahren immer nur gerade aus.

Beschreiben Sie bitte einmal die Situation als Sie gestern vom Ende erfahren haben.
Da sind schon ein paar Tränen bei manchen geflossen. Es war aber auch etwas Galgenhumor dabei. Insgesamt war es eine ganz komische Stimmung. Für uns Moderatoren wird es sicherlich schwierig, weil wir nicht so leicht woanders unterkommen, wie mancher Redakteur.

Haben Sie schon Pläne für die Zeit ab Juni oder ist das jetzt noch zu früh?
Ich habe ganz viele Ideen im Kopf und hoffe, dass sich das eine oder andere davon auch umsetzen lässt. Ich will mir da keinen Druck machen und eben nicht sagen, dass ich innerhalb von einem oder zwei Monaten einen neuen Job haben muss. Vielleicht fliege ich auch wirklich einmal zwei Wochen alleine in den Urlaub, um mir das alles noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Danach will ich aber auf jeden Fall wieder angreifen. Game und Quiz haben aktuell wieder einen größeren Stellenwert bei RTL und Sat.1. Ich habe eine unfassbar gute Ausbildung in diesem Bereich, kann mit Leuten sehr gut umgehen. Vielleicht ergibt sich da etwas.

Vielen Dank für das Interview.
05.05.2011 16:01 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/49438