Der Fernsehfriedhof: Erstunken und Erlogen

Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 135: Die ausgezeichnete Parodie auf Boulevard-Magazine wie «Explosiv» und «taff».

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir eines der wenigen deutschen Formate, das mit dem begehrtesten Fernsehpreis Europas ausgezeichnet wurde.

«Fiktiv – Das einzig wahre Magazin» wurde am 21. April 1998 bei kabel eins geboren und entstand zu einer Zeit, als Boulevard-Magazine wie «Explosiv», «taff», «Blitz» oder «Brisant» noch überaus erfolgreich waren. Was lag daher näher, als diese einmal kräftig durch den Kakao zu ziehen?

Der Parodie gelang dies, indem sie offensichtlich frei erfundene Geschichten konsequent im Stil der Beiträge jener Magazine erzählte. So wurde vermeldet, dass Lady Di nicht tot sei, sondern sich lediglich in einem Möbelhaus verstecken würde, oder dass Walmännchen mit ihrem Gesang über ihre Weibchen lästern würden. Anders als ähnliche Formate wie etwa «Die Wochenshow» verzichteten die Autoren in den kurzen Einspielfilmen auf übertrieben konstruierte und gespielte Gags, sondern ließen die absurden Inhalte für sich stehen. Dass die Beiträge dabei von den Zuschauern ernst genommen werden konnten, verhinderte schon der Titel der Sendung.

Präsentiert wurde das Format von Komiker-Legende Peer Augustinski, der neben vielen Sketch-Reihen vor allem durch «Klimbim» bekannt wurde und ab 1992 dann den Kampf der Geschlechter «Mann-O-Mann» für Sat.1 moderierte. Er kommentierte die abwegigen Beiträge mit einer beispiellosen Ernsthaftigkeit und stets einem Schuss Ironie. Diese gelungene Mischung überzeugte auch Fernsehkenner, wodurch der Sendung das seltene Privileg zuteil wurde, mit der Silbernen Rose von Montreux ausgezeichnet zu werden.

Doch trotz der Auszeichnung fristete das halbstündige Konzept stets ein Schattendasein am Dienstagabend um 23.15 Uhr. Ein großer Erfolg wurde es daher nie. Das lag zum einen am Sender Kabel eins, auf dem solche Inhalte schlicht nicht vermutet wurden, und zum anderen an der direkten Konkurrenz zur «Harald Schmidt Show». Dabei war Augustinski knapp eine Woche vor der ersten Ausgabe dort sogar zu Gast und betonte ausdrücklich, dass es sich bei dem Titel der Sendung «Fiktiv» um ein (!) Wort handeln würde. Obwohl die Quoten nie berauschend waren, hielt sich das Format hartnäckig und lief erst allmählich nach rund zwei Jahren aus.

«Fiktiv – Das einzig wahre Magazin» wurde im Frühjahr 2000 beerdigt. Die Show hinterließ den Moderator Peer Augustinski, der zeitweise auch Robin Williams synchronisierte.

Möge die Show in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann den neuen Fernsehmachern.
05.05.2011 09:00 Uhr  •  Christian Richter Kurz-URL: qmde.de/49318