«Schlüter sieht's»: Die Sky-Strategie

Zahlreiche Eigenproduktionen und nun sogar ein eigener Sport-Newssender: Sky geht in die Offensive.

Mit der selbsternannten „Fußball-Debatte“ «Sky 90» fing die Eigenproduktionsoffensive der Bezahlplattform Sky im Jahr 2009 eigentlich an. Bis dahin war der Sender eher Lieferant für seine eingekauften Rechte im Film- und Sportbusiness und lieferte Fußball und Hollywood in Reinform nach Hause. Zwar hatte man beispielsweise schon viele Jahre die Highlight-Sendung «Alle Spiele, alle Tore» im Programm, die kurz nach den Fußball-Übertragungen noch einmal die Highlights der Partien zusammenfasste, doch einen wirklichen Blick hinter die Kulissen gewährte Sky nur allzu selten.

Dies änderte sich zunächst mit «Sky 90», das sich von Anfang an durch pointierte, ernstzunehmende und – im Gegensatz zum «Doppelpass»-Stammtisch auf Sport1 – wenig populistische oder phrasengeträkte Diskussionen auszeichnete. Dabei entpuppte sich Patrick Wasserziehr als hervorragender Interviewer, der zahlreichen Gesprächsgästen unkonventionelle Äußerungen entlocken konnte, nicht zuletzt die Tirade von Uli Hoeneß gegen Louis van Gaal im vergangenen Jahr. Das Format zeichnet sich durch die Reduzierung auf drei Gesprächsgäste aus, die zudem, begünstigt durch das große Experten-Repertoire von Sky, immer hochkarätig sind. Weiterhin wagt man sich auch an unkonventionelle Gäste heran – beispielsweise bewies sich der Intellektuelle Roger Willemsen in «Sky 90» als Sachverständiger des beliebten Ballsports.

Sky ließ punktuell durchblicken, dass die Quoten dieser Talkshow durchaus zufriedenstellend sind; beim gehobenen Fußball-Publikum hat das Format ohnehin längst einen höheren Stellenwert eingenommen als das Free-TV-Pendant «Doppelpass». Kurz nach dem Beginn der neuen Bundesliga-Saison startete man dann mit «Samstag Live!» die nächste Sportshow, die sich nach anfänglichen Schwierigkeiten ebenfalls positiv entwickelt hat. Seit der Rückrunde meldet sich Uli Potowski mit «Mein Stadion» aus einer Fußball-Kneipe und fängt Stimmen der Fans vor dem Spieltag ein. Im Film-Bereich startet Sky in diesem Monat noch ein eigenes Kinomagazin namens «Kinopolis». Und Ende des Jahres soll mit einem eigenen Sport-Nachrichtensender der große Wurf gelingen.

Brian Sullivan setzt als Sky Deutschland-Chef auf die völlig richtige Strategie: Denn zahlreiche potenzielle Kunden meiden das (zugegebenermaßen sehr teure) Sky immer noch wegen der Zweitverwertungen: Die Filme, die Sky-Filmpakete bieten, können auch auf DVD oder einige Zeit später im Free-TV genossen werden. Der Bundesliga-Fußball ist auch live über die Radiostationen, direkt im Stadion oder eben nur wenige Stunden später in der «Sportschau»-Zusammenfassung empfangbar. Von der Formel 1 ganz zu schweigen, die RTL ebenfalls live zeigen darf. Richtige Exklusivität aber hat Sky mit Eigenproduktionen wie «Sky 90» oder dem künftigen Nachrichtensender, die einen starken Mehrwert und ein Alleinstellungsmerkmal darstellen. Denn Fußball ist trotz der Sky-Liverechte einige Stunden später auf allen Kanälen zu sehen – eine gepflegte Sport-Diskussion am Sonntagvorabend allerdings nicht. Genauso sticht der künftige 24-Stunden-Sportnachrichtensender in eine Marktlücke, die Sport1 nur unzureichend füllt. Mit der anhaltend qualitativ hochwertigen Berichterstattung der bisherigen Sky-Sportriege dürfte dieses Programm zahlreiche Menschen dazu bewegen, über ein Abo intensiver nachzudenken. In exklusiven Eigenproduktionen ist das Sky-Kapital am besten angelegt, wie man nun endlich erkannt hat.

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.
03.03.2011 00:00 Uhr  •  Jan Schlüter Kurz-URL: qmde.de/48104