Die Experten: 06. Dezember 2010
Warum heißt «NCIS» bei uns «Navy CIS»? Wie teuer sind US-Serien? Wie läuft die «Nanny»-Talkshow in den USA?
Fran Drescher feiert derzeit ihr Comeback in den USA auf FOX. Wie läuft die «Fran Drescher Tawk Show»? Kann Sie «Oprah» aus Quotensicht ersetzen?
Christian Richter: Fran Drescher versucht mit ihrer neuen Show eine dauerhafte Rückkehr auf die amerikanischen Bildschirme zu schaffen. Dabei setzt sie nicht auf eine weitere Sitcom, sondern eine Talkshow, in der sie sich deutlich vom Image ihrer Rolle in «Die Nanny» entfernt. Ob dies gelingen wird, ist noch offen. Die « The Fran Drescher Tawk Show» (kein Schreibfehler) wird seit Thanksgiving für drei Wochen im Tagesprogramm getestet – allerdings nur auf sechs lokalen Fernsehstationen des Networks FOX und einer CBS-Station. Kommt das Format beim Testpublikum gut an, kündigte die Senderleitung eine Aufnahme ins landesweite Programm in der Saison 2011/2012 an.
Der Auftakt hätte schlimmer laufen können. Obwohl die Show unüblich an einem Freitag startete, der zudem direkt auf einen Feiertag folgte, eroberte sie eine Sehbeteiligung von 0,8 Prozent aller dortigen Haushalte. Damit konnte sie die Werte des Vorjahresprogramms auf diesem Sendeplatz halten und verlor nur geringfügig gegenüber dem jeweiligen Lead-In. Zum Vergleich: Die Talkshowdauerbrenner «Jerry Springer» und «Maury» erreichen mit ihren Shows meist um 1,5 Prozent. Oprah kratzt meist an der 6- Prozent-Marke. Rechnet man die Werte der Sendegebiete auf die kompletten USA hoch, hätte die Premiere knapp eine Million Zuschauer gehabt. Dabei handelt es sich jedoch nur um Durchschnittswerte. Die Reichweiten fallen in den einzelnen Sendegebieten recht unterschiedlich aus. In New York wird das Format täglich zur Mittagszeit ausgestrahlt und ersetzt dort die Richtersendung «Judge Jeanine Pirro». Zuletzt war Drescher dort die vierterfolgreichste Show der Stunde und konnte die Vorjahreswerte sogar um 30 Prozent steigern. Etwas verhaltener läuft die Sendung in Los Angeles (um 14 Uhr) und Phoenix (um 13 Uhr), wo sie nur auf Platz sechs landet. Noch schlechter kommt sie in Minneapolis an, wo sie an siebter Stelle in der Beliebtheit rangiert und rund 75 Prozent der Vorjahreszuschauer verloren hat. In Orlando (11 Uhr) und Philadelphia (12 Uhr) behauptet sie jeweils Platz fünf der meistgesehenen Programme des Timeslots. Eine Fortsetzung ist demnach mehr als ungewiss, vor allem weil die Werte am zweiten Sendetag gegenüber der Premiere im Durchschnitt um rund 13 Prozent absanken. Der Testlauf endet am 17. Dezember.
Phillip: Ich frage mich schon seit Längerem, wieso bei uns die Serie «NCIS» mit «Navy CIS» übersetzt wird. Eigentlich steht das „N“ doch für „Naval“.
Christian Richter: Richtig. Der deutsche Serientitel ist nicht korrekt. Der vollständige Originalname lautet «Naval Criminal Investigative Service» und ist benannt nach einer real existierenden US-Behörde. Als das Format in den USA startete, lief sie anfangs noch unter dem Titel «Navy NCIS», um damit zum einen die alten Zuschauer der Mutterserie «JAG» anzulocken und um Verwechslungen mit der Krimiserie «CSI» zu vermeiden. Als sich die Produktion etabliert hat, fiel das Wort „Navy“ aus dem Titel, das ohnehin keinen Sinn hatte, da das „N“ schließlich bereits für „Naval“ stand.
Im März 2005 lief die Serie erstmals in Deutschland und hieß zu diesem Zeitpunkt bereits «NCIS». Die Senderführung von Sat.1 stand nun vor dem Problem, dass englische Titel zwar immer häufiger verwendet werden, aber nicht zu abstrakt sein dürfen. Eine englische Abkürzung mit vier Buchstaben war nach der Aussage des damaligen Senderschefs Roger Schawinski zu komplex. Auch die ausgeschriebene Variante war nicht geeignet, um von den deutschen Zuschauern angenommen zu werden. Daher entschied man sich relativ willkürlich aus dem „N“ für „Naval“ unter Missachtung des offiziellen Namens „Navy“ zu machen. Im Gegensatz zu „Naval“ ging man davon aus, dass „Navy“ durch den Song „In the Navy“ geläufiger sei. Zudem klang „Navy“ in den Ohren der Verantwortlichen männlich, frisch und positiv. Während die US-Macher eine Verwechslung mit «CSI» vermeiden wollten, setzte Sat.1 hingegen bewusst auf die Popularität des Konkurrenzformates und löste das „Navy“ derart heraus, dass die Buchstaben „CIS“ allein stehen blieben und zu einer Vertauschung geradezu einluden.
Wer bezahlt die Produktion von US-Shows? Mehr dazu auf der kommenden Seite.
Warum heißt «NCIS» bei uns «Navy CIS»? Wie teuer sind US-Serien? Wie läuft die «Nanny»-Talkshow in den USA?
Marvin: Mich würde interessierten, wer die Produktion von US-Shows eigentlich bezahlt? Der Sender oder das Produktionsstudio? Wie viel Geld bringt der Auslandsverkauf ein?
Christian Richter: Die Kosten für eine Folge hängen sehr von der jeweiligen Serie ab. Aufwendige Hochglanz-Produktionen wie «CSI» verschlingen sehr viel mehr Geld als billige Sitcoms kleinerer Sender. Zudem spielt die Gage der Hauptdarsteller eine entscheidende Rolle, die zum Teil mit Abstand den größten Anteil des Budgets ausmachen kann. Im Schnitt kostet eine Primetime-Serie um die drei Millionen US-Dollar. Davon tragen die Sender etwa zwei Drittel der Kosten. Für die Restsumme kommen die Produktionsstudios selbst auf, die dafür jedoch die Rechte an den Wiederholungen und am Auslandsvertrieb behalten dürfen. Im Durchschnitt werden durch den weltweiten Verkauf der Lizenzen pro Folge eine bis 1,5 Millionen US-Dollar eingenommen. In Deutschland zahlen die Sender im Mittel rund 100.000 Euro für den Import einer US-Folge.
Moritz: Wird 3sat am Silvestertag/Neujahr in einem Thementag wieder Live-Auftritte einiger Musiker zeigen?
Christian Richter: Der Sender setzt auch in diesem Jahr seine Reihe «Pop around the Clock» fort und strahlt vom 31. Dezember bis zum 01. Januar 24 Stunden lang Konzerte bekannter Sänger und Gruppen aus. Dabei kann es sich sowohl um Auftritte in großen Stadien als auch um Unplugged-Konzerte in netter Clubatmosphäre handeln. Diesmal sind unter anderem Eric Clapton, Beyoncé, Take That, die Pet Shop Boys, Bruce Springsteen und Michael Jackson dabei. Als besonderes Highlight wird ein Auftritt der Rolling Stones im Jahr 1990 in Berlin und die 2009er-Aufnahme von Paul McCartneys "Good Evening New York City"-Tour angekündigt.
Christian: Ich würde gern wissen wollen, ob sich bereits ein deutscher Sender die Rechte an der NBC-Serie «The Event» gesichert hat.
Christian Richter: Bislang noch nicht. Die deutschen Sender sind in diesem Jahr allgemein vorsichtig. Die Tatsache, dass die Zuschauerzahlen in den USA enorm zurückgehen, macht das Format für deutsche Kanäle nicht gerade attraktiver. Eine Serie, von der am Ende möglicherweise nur 18 oder 22 Folgen zur Verfügung stehen, ist nicht das Optimale.
Neues vom „Jump The Shark“ -Phänomen:
Wir haben unsere Leser aufgefordert Beispiele zu nennen, bei denen Serien ab einem bestimmten Punkt inhaltlich kippten und qualitativ abstürzten. Karoline nannte den Tod von Marissa in der dritten Staffel von «O.C.California». Die vierte Staffel versuchte ihrer Meinung nach die Lücke unglaubwürdig mit Taylor als neue Freundin von Ryan zu schließen. Bei «Charmed» wäre ein solcher Punkt zudem durch den Tod von Pru und das plötzliche Auffinden der vierten Schwester Page gewesen. Der Zeitsprung in der fünften Staffel von «One Tree Hill» ist ihrer Ansicht nach ebenfalls ein Paradefall des Phänomens. Lisa entdeckte mehrere Momente bei «Grey’s Anatomy», wie die Persönlichkeitsveränderung von Meredith in Staffel vier und Izzies Geistersex mit Denny in der darauffolgenden Season. Der Sitcom «Auf Schlimmer und Ewig» tat der Weggang der Mutter und die anschließende Fokussierung auf die Kinder nicht gut. Dieses Beispiel nannte uns Marcel. Er empfand auch den Abschied von Alexander Brandner und Christian Böck bei «Kommissar Rex» und die spätere Verlagerung nach Italien als tiefen Einschnitt. Frederike datiert den Haisprung bei «Lenßen & Partner» zum Zeitpunkt des Ausstiegs von Tekin Kutulus. Ab der fünften Staffel von «Monk» werden die Geschichten laut Jost immer schwächer, weil nicht mehr das Lösen von Mordfällen, sondern die Phobien des Ermittlers dominieren. Den Ausstieg von David Duchovny bei «Akte X» sowie den Tod von Nathan in «Heroes» meldete uns Thomas. Er lobte zudem ausdrücklich die konstant gute Qualität von «Numb3rs», «Star Trek – The Next Generation», «Deep Space Nine» und «Boston Legal».
Wer weitere Fälle kennt, schickt diese bitte über die unten genannten Wege ein.
Senden Sie uns Ihre Fragen und Anregungen:
Per Mail an ‚experten'ÄT'quotenmeter.de’ oder benutzen Sie das untere Formular.
Aufgrund der vielen Einsendungen können jedoch nicht alle Fragen beantwortet werden. Zum Teil ist für die Klärung eine langwierige Recherche nötig, wodurch es zu einer zeitlichen Verzögerung bei der Beantwortung kommen kann.
Die nächste Experten-Ausgabe erscheint am Montag, den 13. Dezember 2010.