Der Richterspruch: Prinz Lustig und der Dildo-King

Wird Stefan Raab Deutschland blamieren? Was ist mit der Musik der Bauern los? Fremdgehen leichtgemacht! Christian Richters Monatsrückblick.

Das Thema des Monats


Es werden immer mehr Details zum «Eurovision Song Contest 2011» bekannt, der nach Lenas Sieg in Deutschland stattfinden wird. Fest steht bereits, dass die Vorjahresgewinnerin ihren Titel verteidigen und es insgesamt drei Auswahlshows geben wird, um das geeignete Lied für sie zu finden. Diese werden erneut von ProSieben und dem Ersten produziert. Nachdem bereits vor einigen Wochen nicht wie üblich die Hauptstadt, sondern das beschauliche Düsseldorf als Austragungsort gewählt wurde, ranken nun die ersten Gerüchte um potentielle Moderatoren. Zu befürchten war im Vorfeld, dass die Wahl auf Reinhold Beckmann fallen könnte, da die Veranstaltung federführend vom NDR umgesetzt wird. Man kann sicherlich geteilter Meinung über seine journalistischen Fähigkeiten sein, doch die Präsentation einer Musiksendung ist definitiv nicht seine Kragenweite. Dies bewies er bereits im Jahr 2005 als er steif, aufgesetzt und dabei hochgradig albern den deutschen Vorentscheid zum Gesangswettbewerb moderierte.

Vielmehr werden derzeit Anke Engelke und der selbsternannte Prinz Lustig Stefan Raab als mögliche Namen hoch gehandelt. Diese Wahl erscheint jedoch mehr als fragwürdig. Keine Bedenken gibt es bei Anke Engelke. Die Komikerin ist zwar nicht für ihre Eleganz bekannt, hat aber schon mehrfach bewiesen, dass sie auf dem internationalen Parkett nicht deplaziert ist. Am 04. Dezember wird sie beispielsweise durch die Verleihung der Europäischen Film Preise in Tallin führen. Während ihrer Moderationen am Roten Teppich der Oscars demonstrierte sie zudem, dass sie über ein hervorragendes Englisch verfügt. Genau an dieser Stelle hat Stefan Raab dagegen seine größte Schwäche. Seine Ausdrucksweise erinnert an Guido Westerwelle und ist zuweilen derart schlecht, dass internationale Gäste seine Sendung schon mal aus Unverständnis vorab verlassen.

Dazu kommt sein ständiges Nuscheln und das chronische Desinteresse an seinen Gästen. Das alles ist für die deutschen Fernsehzuschauer nicht neu und kann für «TV Total» fast schon als Markenzeichen angesehen werden. Die Moderation einer internationalen Veranstaltung ist jedoch ein anderes Kaliber als eine abendliche Comedyshow. Einen abschreckenden Vorgeschmack auf seinen zu erwartenden Auftritt liefert er jährlich beim «Bundesvision Song Contest» ab, den er lieblos und unvorbereitet als offenbare Pflichtaufgabe heruntermoderiert. So sehr er die Moderation mit seinem Beitrag zu Lenas Sieg verdient hätte, darf er als Gastgeber trotzdem nicht in Frage kommen, wenn er seinen Stil nicht grundlegend ändert. Andernfalls dürfte er für weltweiten Spott sorgen.

Besonders bitter muss die Nominierung von Raab/Engelke für Hape Kerkeling sein. Hat sich der bekennende «Grand Prix»-Fan doch immer wieder als Gastgeber angeboten und betont, dass eine Moderation der Veranstaltung sein Lebenstraum wäre. Als Host früherer Qualifikationen und diesjähriger Jury-Vorsitzender wäre er allemal fachlich kompetent gewesen. Noch ist zwar keine offizielle Entscheidung getroffen, doch bisher haben sich alle im Vorfeld kursierenden Gerüchte um den «ESC» bewahrheitet. Hoffen wir das Beste!

Der Liebling des Monats

Das Konzept von «Ahnungslos - Das Comedyquiz mit Joko und Klaas» ist nicht neu, denn Mario Barth präsentierte es bereits vor einigen Jahren und auch im Privatradio sind derartige Rubriken häufig zu hören. Doch die aktuelle Neuauflage von ProSieben unterscheidet sich von ihren Vorgängern durch eine Kooperation mit der Bundeszentrale für Politische Bildung, die auf diesem Wege der wachsenden Politikverdrossenheit der Jugend begegnet. Daher stammen die meisten Quizfragen aus dem politischen Bereich und können auf diese Weise Zuschauern gestellt werden, die Frank Plasberg bisher gemieden haben. Zusätzlich werden einige Kurzinfos zu den jeweiligen Antworten eingeblendet. Ein allzu großer Lerneffekt ist dadurch sicher nicht zu erwarten und der informative Anteil könnte deutlich höher ausfallen. Die Zusammenarbeit ist aber ein Schritt in die richtige Richtung und wenn sie nur dazu dient zu beweisen, dass man sich mit Politik befassen und trotzdem cool und witzig sein kann.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Wer wurde der "Aufreger des Monats" und wieso müssen die «Bauer aucht Frau»-Macher mehr auf die verwendete Musik achten?

Wird Stefan Raab Deutschland blamieren? Was ist mit der Musik der Bauern los? Fremdgehen leichtgemacht! Christian Richters Monatsrückblick.

Der Aufreger des Monats

Im deutschen Radioprogramm wirbt derzeit die Internetplattform «Ashley Madison» aggressiv um neue Kunden. Dabei handelt es sich um ein Angebot zum Fremdgehen. In netten Radiospots werden vernachlässigte Ehefrauen motiviert, sich das gewisse Extra online zu besorgen. Der Service wird darin angepriesen wie eine neue Joghurt-Sorte: „Das Leben ist kurz. Gönn’ Dir eine Affäre.“

Gesteigert wird dies nur noch durch den Berliner Ableger der Radiokette Energy. Dort wird seit längerer Zeit der Verkehrsfunk(!) vom Onlineshop „Dildo King“ präsentiert. Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, welche Waren dieser in seinem Sortiment hat. Interessanterweise sind die Spots für den Versandhandel mit einer „Riesigen Auswahl zu geilen Preisen“ hauptsächlich in der Mittagszeit und nicht etwa abends oder in der Nacht zu hören. Dem setzte der Sender 104.6 RTL in November eine heftig beworbene Rabattaktion der Schönheitsklinik Sanssouci entgegen. Vor Weihnachten bekommen dort alle Kunden auf Brustvergrößerungen und Fettabsaugungen 30 Prozent Rabatt. Schließlich will man doch zum Fest gut aussehen – so lautete zumindest die tatsächliche Werbebotschaft. Oder anders gesagt, dort gibt es 30 Prozent auf alles, außer Natürlichkeit.

Der Haufen des Monats

Den Preis für den größten Dünnpfiff des Monats erhält die Sendung «Von und zu lecker» im WDR. In jeder Ausgabe treffen sich fünf adelige Frauen und richten auf ihren jeweiligen Schlössern ein elegantes Dinner aus. Am Ende bewerten die Gäste die Veranstaltung und küren einen Sieger. An was erinnert dieses Konzept? Richtig, hier wurde einmal mehr «Das perfekte Dinner» dreist kopiert. Einzig im Austausch der „Normalos“ durch „Adlige“ liegt der Unterschied beider Sendungen. Damit ist das Format ein weiterer Beweis dafür, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk immer mehr dem Privatfernsehen angleicht und sich damit selbst überflüssig macht. Ein wahres Armutszeugnis der Kreativität.

Und sonst noch...

...müssen die Kollegen bei den einschlägigen Realityshows endlich lernen, auch auf den Text der verwendeten Musik zu achten. Immer wieder passt dieser überhaupt nicht zu den Bildern, die damit untermalt werden. Wenn Jungbauer Lukas beispielsweise der blonden Stina bereits nach einem Tag seine Liebe gesteht und die beiden anschließend heftige Küsse austauschen, ist die Wahl des Take-That-Songs „Patience“ sehr unglücklich. Nicht nur, weil die beiden alles andere als Geduld bewiesen haben, sondern auch weil es in dem Lied weiter heißt, dass sein „Herz taub ist und keine Gefühle mehr hat“. Klingt nicht wirklich nach einem Happy End, oder? Mag sein, dass der Song von der Stimmung passt, inhaltlich ist er in dieser Situation ein absoluter Fehlgriff. Wer aufmerksam zuhört, wird bei ähnlichen Formaten viele andere Beispiele finden.

Doch es geht auch anders: In der Reihe «Schwiegertochter gesucht» wurde beim Zusammentreffen der beiden kleinwüchsigen Kandidaten André und Christiane mehrfach der Song „Little by Little“ von Oasis verwendet. Komisch, ausgerechnet hier passt der Text nur allzu gut.
02.12.2010 12:00 Uhr  •  Christian Richter Kurz-URL: qmde.de/46192