Glenns Gedanken: Das Freitagsproblem

Immer wieder freitags steht unser Kolumnist vor der Qual der Wahl.

Es gibt Tage, an denen kommt so gar nichts Interessantes im Fernsehen, und man schaltet gelangweilt zwischen den Sendern hin und her. Hier eine nervige Castingshow, dort eine überflüssige Dokusoap – da legt man sich lieber eine DVD ein. Doch es gibt eine Ausnahme: Jeden Freitag stehe ich erneut vor der großen Qual der Wahl. Als bekennender Fan von Talkshows und Comedyformaten frage ich mich, was die Sender damit bezwecken, sich freitags mit genau diesen Programmfarben die Zuschauer gegenseitig wegzunehmen.

Die Regionalsender der ARD stehen freitags ganz im Zeichen des Talks. Da wäre einerseits der NDR mit seinen wöchentlich wechselnden Talkrunden in «3 nach 9», «Tietjen und Hirschhausen» und der altehrwürdigen «NDR Talk Show», die jeweils um 22 Uhr auf Sendung gehen. Zeitgleich programmiert der MDR das «Riverboat» mit Jan Hofer und Ruth Moschner, während im WDR Bettina Böttinger den «Kölner Treff» moderiert. Drei konzeptionell identische Formate gehen also zur gleichen Zeit bei drei Sendern auf Sendung. Man darf nach dem Sinn dieser Programmierung fragen, denn bei allen Talkrunden gibt es üblicherweise interessante Gesprächsgäste. So bleibt dem Zuschauer nichts anderes übrig, als sich für eine der Shows zu entscheiden oder den ganzen Abend hin und her zu zappen. Zu allem Überfluss läuft im SWR auch noch parallel das «Nachtcafé», bei dem ebenfalls regelmäßig spannende Themen diskutiert werden. Liebe ARD, wäre es nicht sinnvoller, die Talkrunden auf verschiedene Wochentage zu verteilen? Damit würdet ihr euren Zuschauern einen großen Gefallen tun.

Der Freitag hat sich außerdem bei vielen Sendern als Comedy-Tag etabliert. Aus unerfindlichen Gründen strahlen sie seit Jahren an diesem Tag ihre diversen Comedyformate aus. RTL zeigt gegen 22:15 Uhr regelmäßig die Bühnenprogramme erfolgreicher Live-Comedians, während zeitgleich im ZDF die «heute-show» läuft. Doch damit nicht genug: Auch das Bayerische Fernsehen setzt um diese Zeit auf seine Kabarettsendungen «Ottis Schlachthof», «Grünwald Freitagscomedy» und «Die Komiker». Selbst MTV zeigt seine junge Late-Night-Show «MTV Home» freitags um 21:30 Uhr. Bei Sat.1 läuft die «Schillerstraße», etwas später darf dann Oliver Pocher ran. Um 0 Uhr schließlich konkurrieren die Regionalsender nach ihren Talkrunden ebenfalls mit Comedy: Im NDR läuft «Inas Nacht», im SWR «SWR3 Late Night» und im RBB Christian Ulmens «Uwe Wöllner wills wissen».

Mein televisionärer Freitag ist also jedes Mal geprägt von wilder Zapperei und inflationärer Programmierung von DVD- und Festplattenrecorder. Das deutsche Fernsehen hat durchaus sehenswerte Sendungen zu bieten. Ich würde mir lediglich wünschen, dass sie großzügig auf die gesamte Woche verteilt werden.
31.10.2010 00:00 Uhr  •  Glenn Riedmeier Kurz-URL: qmde.de/45509