«Kirschs Blüten»: Der Kunde bleibt König

Auch genervt von zuviel Werbung im Privatfernsehen? Unser Kolumnist blickt über den Tellerrand.

Verflucht sei das Privatfernsehen! Kennen Sie nicht auch diesen nervigen Umstand? Dass gute Spielfilme durch besonders viel Werbung unterbrochen werden? Dass unterhaltsame Shows häufiger in die Werbeunterbrechung gehen? Geradezu unsäglich wird die Handlung unterbrochen, meistens an dem Punkt, wo es spannend wird. Wenn auf fast alle 20 Filmspielzeit gut zwei, drei Minuten Reklame folgen, dann zuckt der Finger auf der Fernbedienung. Lieber den Film auf DVD holen und umschalten. Bei Live-Sendungen ist man auch schon auf den nächsten Part einer Show gespannt, da gibt es erstmal Werbung. Noch dazu werden die häufigen und langen Werbeunterbrechungen durch 30-Sekunden-Spots inmitten der Sendung gewürzt. Dass die Privaten Werbung zeigen müssen, um zu überleben, sei aber noch mal klar gestellt. Natürlich sind die privaten Fernsehsender auf die teuren Spots angewiesen und selbstverständlich lässt sich der hohe Jackpot einer Spielshow nur durch besonders viele Sponsoren finanzieren, die sich freilich auch präsentieren wollen. Dass es den Privaten dadurch auch möglich ist teure Shows in Auftrag zu geben oder Spitzen-Filme aus Hollywood auszustrahlen ist die goldene Seite der Medaille.

Ein Blick über den Tellerrand: Aus den USA kommt das marktwirtschaftliche Modell der werbefinanzierten Fernsehsender. Es hat seine guten Seiten. Dafür muss der Zuschauer eben auch Werbung in Kauf nehmen. In den Vereinigten Staaten verhält sich das mit Werbeunterbrechungen ein wenig anders. Denn in Übersee kommen die Reklame öfter, sind dann aber auch kürzer als die in deutschen Landen nicht unüblichen Unterbrechungen von rund fünf Minuten (und mehr). Eine Sendung, die eine Stunde dauert, hat abzüglich der Werbung eine Länge von rund 42 Minuten. Der Rest der Sendezeit wird für Werbung eingeräumt. Im Schnitt gibt es fünf Intervalle, an denen kurze Unterbrechungen, die rund zwei Minuten andauern, erfolgen, zuzüglich der eigenen Programmwerbung. Diese Unterbrechungspunkte sind bei Serienproduktionen oftmals schon berücksichtigt. Eine Schwarzblende in Serien wie «Dr. House» & Co. bedeutet meistens eine Werbeunterbrechung im amerikanischen Fernsehen. RTL zum Beispiel übernimmt diese Werbepunkte bei der deutschen Ausstrahlung teilweise für in Deutschland üblichen zwei Werbepausen. Die erste halbe Stunde kommt meist ohne Werbung aus. Nach der ersten Unterbrechung folgt die zweite vor der Schlusssequenz der Folge. In Deutschland setzt die Werbung also weniger häufig ein, ist dann aber durchschnittlich länger.

„Wir müssen leider Werbung machen, tut mir leid. Das ist das Privatfernsehen, ich habe es nicht erfunden“, sagte Stefan Raab im Rahmen seines «Bundesvision Song Contest». Die Live-Sendung ging oft in die Werbepause, auch die Zuschauer vor Ort in der Max-Schmeling-Halle in Berlin wurden ungeduldig. Erfunden hat der ProSieben-Entertainer, der jedoch schon viele Shows erfunden hat, das Privatfernsehen nicht. Doch er lebt davon, genauso wie der Sender von der Werbung lebt. Dass der Zuschauer von zuviel Werbung genervt ist, ist keine Erkenntnis, zu der man erst durch medien-soziologische Studien gelangt. Ob das amerikanische Beispiel der häufigeren, aber kürzeren Werbung den Zuschauer weniger verärgern würde, bedarf allerdings erst eines Versuchs. Ein guter Weg scheint aber die goldene Mitte zu sein: Nicht zuviel Werbung, damit die Kundenzufriedenheit nicht leiden. Aber auch nicht zu wenig, um das Programm noch finanzieren zu können. Keine leichte Aufgabe also, die richtige Dosis zu finden. Letztlich geht es doch nur um die Quoten und Marktanteile, jedoch bleibt auch beim Privatfernsehen der Kunde König. Und der schaltet gerne mal weg, wenn die Werbeunterbrechungen zu oft oder zu lang einsetzen.

«Kirschs Blüten» gehen auch nächste Woche wieder auf – jeden Dienstag! Nur bei Quotenmeter.de!
05.10.2010 00:00 Uhr  •  Jürgen Kirsch Kurz-URL: qmde.de/44983