Der Fernsehfriedhof: «Friends» für Arme

Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Heute: Die misslungene, deutsche Kopie der US-Sitcom.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir sieben(einhalb) Freunden.

«Freunde wie wir» wurde am 04. Juni 1997 in Sat.1 geboren und entstand zu einer Zeit als sich die ersten Staffeln der US-Sitcom «Friends» in ihrem Heimatland zu einem Überraschungserfolg mit wöchentlich bis zu 30 Millionen Fans entwickelten. Was lag daher näher als das Format fürs deutsche Fernsehen zu adaptieren? Und so verlagerte man den Schauplatz vom hippen New York ins norddeutsche Hamburg und erweiterte die Clique auf sieben Hauptdarsteller. Sie alle waren nun um die 30 Jahre alt und sollten sich gegenseitig immer wieder helfen und unterstützen.

Es ging jedoch wesentlich ernster zu: Hauptdarsteller Martin musste trotz eines Doktortitels Taxi fahren, dealte nebenbei mit Koks und kam dabei mit den Zahlungen an seine Händler in Verzug. Seine Freunde Thomas und Charlotte lebten gleichzeitig eine Beziehung im Zeitraffer. Bereits kurz nachdem sie sich getroffen hatten, zogen sie zusammen und erwarteten bereits Nachwuchs bis Thomas erfuhr, dass seine Exfreundin an Aids erkrankt war und kurz vorm Sterben stand. Der alleinerziehende Zahnarzt Paul wurde parallel pünktlich zu seinem 13. Hochzeitstag verlassen und konnte sich nun nicht zwischen der Tochter seines Vermieters und seiner Ex-Frau entscheiden. Dazu kamen vier weitere Beziehungsdramen, die ebenso arg konstruiert und lebensfremd erschienen.

Die Macher hätten schon stutzig werden sollen, als Sat.1 das Original ab August 1996 im samstäglichen Nachmittagsprogramm zeigte und damit einen großen Flop landete. Erst später konnten sich die deutschen Fans mit der Comedyserie anfreunden. Die Chancen für die einfallslose Kopie standen damit von vornherein unter keinem guten Stern. Dazu kam, dass das Format von einer Sitcom in eine Familienserie umgewandelt und auf eine Stunde ausgeweitet wurde. Dadurch gingen der Witz und die Schnelligkeit der Vorlage verloren. Dies schien auch der Sender erkannt zu haben. Nach durchwachsenen Reichweiten am Mittwochabend wurde die Produktion für keine neue Staffel verlängert und verschwand als Wiederholung im Frühprogramm am Wochenende.

«Freunde wie wir» wurde am 27. August 1997 beerdigt und erreichte ein Alter von 13 Folgen. Die Serie hinterließ den Hauptdarsteller Sven Martinek, der zeitgleich mit der RTL-Serie «Der Clown» an einem wesentlich erfolgreicheren Projekt arbeitete. Zuletzt machte er mit seiner Rolle in der ARD-Serie «Tierärztin Dr. Mertens» auf sich aufmerksam.

Möge die Serie in Frieden ruhen.

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann einer Quotenschlacht um falsche Millionäre.
09.09.2010 11:00 Uhr  •  Christian Richter Kurz-URL: qmde.de/44438