Der Gameshow-Wechselkurs

Bei US-Gameshows sind die Gewinne grundsätzlich höher als bei ihren deutschen Adaptionen. Oder gibt es doch Ausnahmen?

Statistisch gesehen hat in den letzten zehn Jahren mehr als jeder 50.000ste Deutsche bereits bei Günter Jauch auf dem Fragenstuhl gesessen. Die nächste halbe Million Jahre sollten sich also noch Kandidaten finden lassen.

Am vergangenen Samstag startete ProSieben mit «Solitary» die wohl härteste Reality-Show der Welt. Neun Kandidaten, die der Sender für prominent genug hält, um sie als solche bezeichnen zu dürfen, wurden in winzige Wohnkapseln gesperrt - ohne Kontakt zur Außenwelt, ohne Kontakt untereinander und zu ihrem eigenen geistigen Wohl auch ohne Kontakt zu Moderatorin Sonya Kraus. Denn ihre psychische Stärke werden sie in den kommenden Wochen (oder längst vergangenen - gedreht wurde schließlich vor einem Jahr) noch zur Genüge brauchen, wenn es darum gehen wird, Geduld und Ausdauer zu zeigen sowie eine hohe Schmerzresistenz. Und welchen Gewinn erhält der Sieger dafür, sich all diesen Qualen ausgesetzt zu haben? Gar nichts! Ein schwerer Rückschlag für Hatun und Can.

Man könnte künftigen Interessenten nun den Tipp geben, doch schnell die amerikanische Staatsbürgerschaft anzunehmen und sich beim dortigen «Solitary» zu bewerben, dessen Sieger immerhin 50.000 US-Dollar mit nach hause nahmen. Dass unsere C-Prominenten dort drüben nun wirklich überhaupt niemand kennt, spielt keine Rolle: Das US-«Solitary» wurde mit normalen Menschen gespielt. Das größte Problem: Vor wenigen Monaten ist der Heimatsender des Formats abgeschaltet worden. Kein Sender - kein «Solitary». Hoffen wir für ProSieben, dass auf der Sendung kein Fluch lastet.

Wenn man als Normalo also nicht zu ProSieben in EInzelhaft darf und die Amis ihre Val - aus der im Deutschen Alice wurde - endgültig abgeschaltet haben, muss man halt auf andere Spielshows ausweichen. Aber welche lohnt sich wo am meisten?

Klar: Wer zu «Wer wird Millionär?» will, der sollte es lieber bei Jauch als in Übersee versuchen. Zwar gibt es bei «Who Wants to Be a Millionaire» auch eine Million zu gewinnen, nur ist die eben nur knapp 800.000 Euro wert. Viel lukrativer ist das Vereinigten Königreich, wo die Million fast 1,2 Million Euro bedeutet - und drei richtige Antworten weniger erfordert als in Deutschland. Natürlich gibt es genug Spielshows, die nicht vom Namen her bereits an eine bestimmte Gewinnsumme gebunden sind und da stellt sich die Frage: Wo lohnt sich die doppelte Staatsbürgerschaft sonst noch und wie lautet er eigentlich, der Gameshow-Wechselkurs von Dollar nach Euro?



Die Hoffnung für uns Deutsche ist der dünne grüne Streifen um unteren Rand des Diagramms. Bei Shows, die in diesem Bereich liegen, gibt es im deutschen Fernsehen umgerechnet mehr zu gewinnen als im US-amerikanischen. Zu dumm, dass sich dort mit «Rich List» lediglich eine einzige wiederfindet und diese schon längst abgesetzt ist. Der Höchstpreis pro Runde lag in beiden Versionen bei 100.000 - einmal US-Dollar, einmal Euro. Bei all den anderen Shows ist das deutsche Fernsehen gnadenlos unterlegen.

Der Wechselkurs für Gameshow-Geld liegt bei rund 4.0. Das heißt, wer in einer deutschen Show einen Euro erspielt, hätte im US-Pendant im Schnitt vier Euro bekommen. Bleibt uns doch bloß der Gang zu «Wer wird Millionär?». Aber auch im Euroland ist hier Vorsicht geboten, unter anderem bei den Finanzexperten aus Griechenland. Dort geht der "Millionär" nämlich mit 200.000 Euro nach hause. Immer noch ein besserer Deal als die Teilnahme bei «Solitary».

Oft steckt mehr hinter den Zahlen des TV-Geschäfts als man auf den ersten Blick sieht. Oder weniger. Statistisch gesehen nimmt sie unter die Lupe.
23.07.2010 13:03 Uhr  •  Stefan Tewes Kurz-URL: qmde.de/43431