Sonntagsfragen an Mark Harmon

Er ist der Star der aktuell in den USA beliebtesten Dramaserie: «NCIS». Manuel Weis sprach mit Hauptdarsteller Mark Harmon über die Serie. Neue Folgen gibt es ab Spätsommer in Sat.1. 13th Street, zu empfangen unter anderem über Sky, wiederholt aktuell die ersten drei Staffeln.

Herr Harmon, haben Sie Ihre Zeit hier in München genossen?
Ich bin schon vor einer Woche hier angekommen, dann allerdings für einige Tage nach Österreich gereist.

Hat es Spaß gemacht?
Ja. Ich hatte vor allem Spaß auf der Autobahn zu fahren.

Ok, dort gibt es Tempolimits…
Und trotzdem gibt es viele dort, die schneller fahren. Ich habe eine ganze Zeit auf der rechten Spur verbracht.

Aber es ist doch viel entspannter als in den USA, oder?
Viel entspannter.

Sie haben Ihre Frau mit nach Deutschland gebracht…
Ja, das stimmt. Wir treffen uns an verschiedenen Punkten. Ich fliege heute Nacht beispielsweise noch nach Berlin, dann direkt nach Paris. Sie treffe ich erst dort wieder.

Ist das also eine Art Urlaub für Sie?
Nun ja, ich würde sagen, sie hat einen großartigen Urlaub. Ich arbeite – jetzt zum Beispiel. Aber ich kann die Reise auch genießen. Meine Mutter stammt aus Wien und ich war dort bisher noch nie. Deshalb war es für mich schon etwas Besonderes, Österreich zu bereisen.

Aber Sie genießen vielleicht die Zeit ohne Ihren Kindern?
Einer der Hauptgründe, warum ich «NCIS» mache, ist der, dass ich zu Hause bin. Ich arbeite zwar viel, aber ich kann immer zu Hause schlafen. Wir produzieren die komplette Serie in LA. Vor sieben Jahren, als wir mit der Produktion begonnen haben, waren meine Kinder noch deutlich jünger und da war es noch viel wichtiger, dass ich daheim bin. Teilweise war die Zeit zu Hause aber marginal, wir haben bis zu 18 Stunden am Tag gedreht.

Haben Ihre Söhne schon genaue Berufswünsche? Football-Star zum Beispiel?
Einer von ihnen ist 21, er besucht eine Filmschule. Er hat bereits erste Erfahrungen im Regiebereich, was für einen 21-Jährigen sicherlich gut ist.

Haben Sie ihm zum Weg ins Showbusiness geraten?
Du arbeitest hart, erntest ein bisschen Ruhm – im Grunde genommen muss er das aber selbst wissen. Er ist fleißig und hat Spaß und das ist Wichtig.

Sprechen wir über «NCIS»: Gibt es ein Erfolgsgeheimnis der Serie?

Ich finde, dass wir alle immer besser geworden sind. Aber schon direkt zu Beginn haben wir festgestellt, dass alle Schauspieler unterschrieben haben wegen den Charakteren, die sie spielen. Zunächst kam das Menschliche, dann die Fälle. «NCIS» dreht sich nicht um die Fälle, es geht um die Figuren. Ich wollte diesen Charakter verkörpern – nur deshalb bin ich zu «NCIS» gekommen. Das hat sich auch sieben Jahre und 162 Folgen später nicht geändert. Die Autoren stellen uns immer wieder vor neue Aufgaben, sie ändern stetig Dinge – deshalb haben wir alle einen ganz tollen Arbeitsplatz.

Würden Sie sich neue Figuren für «NCIS» wünschen?
Immer wieder haben uns Figuren verlassen und neue sind hinzugekommen. Vier Charaktere, die anfangs dabei waren, sind immer noch an Bord: Ich, David McCallum, Michael Weatherly und Pauley Perrette. Sonst hatten wir viele Wechsel: Sowohl im Cast als auch hinter der Kamera. Ich glaube übrigens, dass wir auch durch diese Wechsel besser geworden sind – die Show ist daran gewachsen.

Wie lange wollen Sie selbst noch weitermachen?
Mein Vertrag sieht bislang acht Jahre vor. Nächstes Jahr ist man achtes Jahr. Ich habe eigentlich nicht vor, aufzuhören, aber ich kann wirklich noch nicht sagen, wie lange «NCIS» für mich noch gehen wird. Die Serie ermöglicht mir vieles: Ich kann durch Europa reisen, die Menschen mögen mich. Es ist sehr interessant, zum Beispiel hier in München über die Straße zu laufen – auch in Salzburg ist mir das aufgefallen.

Wurden Sie häufig als Gibbs wahrgenommen?
Ja, schon. Die Menschen mögen die Sendung – und zwar Menschen jedes Alters. Ich habe schon genug gemacht, um zu wissen, dass das nicht selbstverständlich ist.

Wenn jemand Ihnen im Jahr 2003 oder 2004 gesagt hätte, dass «Navy CIS» 2010 die erfolgreichste US-Serie im amerikanischen TV ist, was hätten Sie dem gesagt?
Ich glaube Schauspieler haben eines gemeinsam: Wir alle denken, dass unsere Shows sehr gut sind. Du entscheidest dich ein Format zu machen und glaubst, dass es für immer laufen wird, weil es ein großer Hit ist. Ganz zu Beginn habe ich – wie alle anderen – gedacht, dass das Format ein großes Potential hat. Als wir alle zum ersten Mal zusammen kamen, wusste ich, dass der Cast etwas Besonderes ist. Wir waren sehr glücklich, dass David McCallum ein Teil dieses Casts ist. Er ist ein ganz großer Pfeiler unseres Erfolgs. Er arbeitet unglaublich professionell und hilft uns allen am Set unglaublich. Hinzukommt, dass wir uns alle mögen. Das ist nicht anders als bei Ihnen: Vielleicht mögen Sie ihre Kollegen, vielleicht aber auch nicht. Wenn Sie sie mögen, dann macht es Ihren Job einfacher. Wenn Sie mich jetzt fragen, ob ich überrascht bin, von dem großen Erfolg, dann muss ich sagen: Nein, bin ich nicht.

Sie sah Ihre Arbeit zu Beginn bei «NCIS» aus?
Unser erster Drehtag ging über 21 Stunden, der zweite dauerte 22 Stunden, der dritte 20 Stunden. Das war ein guter Tag für uns. Teilweise arbeiteten wir 150 Stunden in der Woche und das, obwohl wir keine Scripts hatten. Das war sehr hart, aber wir alle haben das überstanden. Manche sind ausgestiegen, das war auch in Ordnung – sie wurden durch neue Figuren ersetzt. Nochmal: Alle Änderungen im Team haben uns besser gemacht. Ist das Glück? Ja. Ist das selten? Ja. Heute machen wir die Sendung besser denn je. Heute haben wir auch Scripts und wir haben 14 Stunden-Tage am Set. Meine Frau sagt immer zu mir, dass ich wohl der einzige Schauspieler in Hollywood bin, der sich darüber freut, 14 Stunden am Tag zu drehen.

Sie sind inzwischen auch Produzent der Sendung. Hat sich Ihre Rolle hinter der Kamera in den Jahren verändert?
Überhaupt nicht. Ich habe einen Producer-Credit, aber ich habe auch vorher schon Dinge produziert. Wir alle sprechen untereinander über die Entwicklung der Serie, das bin nicht nur ich. Es ist auch nicht eine Person, die allein für den Erfolg verantwortlich ist. Wir machen die Serie zusammen im Team.

Wie groß ist Ihr Einfluss auf Ihre Rolle?
Die Leute glauben oft, dass er recht groß ist. Ich kenne aber nur einen Darsteller, der regelmäßig zu den Schreibern geht und sagt: Ich glaube, ich habe eine gute Idee. Das ist David McCallum. Ich glaube, dass wir großes Glück haben, dass der Kern der Autoren in den vergangenen Jahren zusammengeblieben ist. Jeder unserer Autoren hat 25, 26 Episoden geschrieben – das ist selten im Network-Fernsehen. Wir haben es geschafft, dieses Team zusammenzuhalten, was eine der großen Stärken von «NCIS» ist. Unsere Mitarbeiter mögen ihren Arbeitsplatz, sie mögen «NCIS».

In der Serie sind Sie eine Art Vaterfigur. Sind Sie das auch am Set?
Das ist lustig. Ich höre das heute schon zum zweiten Mal. Wir mögen uns am Set alle, wir sind wie eine Familie. In Amerika gibt es eine Art Ranking beim Callsheet…

Zur Erklärung: Das ist eine Art Handout für alle Beteiligten am Set, das eben auch die Darsteller mit bestimmten Nummern in einer bestimmten Reihenfolge aufführt…
Dort wäre es mir egal, ob ich da Nummer sieben oder Nummer 26 bin. Nochmal: Nicht eine einzelne Person ist verantwortlich für den Erfolg der Serie.

Herr Harmon, ich danke sehr herzlich für dieses Gespräch.

04.07.2010 09:58 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/42996