Blockbuster-Produzent Jerry Bruckheimer liefert mit «Prince of Persia - Der Sand der Zeit» ein opulent ausgestattetes Action-Abenteuer und die erste wirklich gelungene Videospiel-Adaption.
Videospielverfilmungen und große Hollywoodblockbuster, das waren bislang zwei unterschiedliche Welten. Übergeht man die schwachen «Tomb Raider»-Filme, denen man zumindest irgendeine Form von Mühe ansehen konnte, waren Kinoadaptionen von Videospielen billige und schnell produzierte Schundwerke, die einzig und allein von ihrer Titellizenz lebten. Nicht zuletzt dank Deutschlands grinsendem Trash-Export Uwe Boll gaben passionierte Zocker die Hoffnung auf eine adäquate Filmumsetzung ihrer geliebten Stoffe mittlerweile völlig auf.
Die erste Frage, die sich stellt, ist die nach der Handlung. Bislang neigten Videospieladaptionen entweder dazu, gar nichts mehr mit dem Videospiel gemein zu haben und so die Fans zu verärgern, oder sich zu sklavisch an der Vorlage zu orientieren und so vollkommen uncineastisch zu wirken. Die Antwort ist zunächst beruhigend: «Prince of Persia - Der Sand der Zeit» nahm die entscheidenden Charaktere und Handlungselemente sowie einige Schauplätze des Videospiels und emulierte sie zu einer neuen, filmischen Abenteuergeschichte: Im sechsten Jahrhundert nimmt der persische König Sharaman (Ronald Pickup) den gutherzigen Straßenjungen Dastan in seine Familie auf. Jahre später führt dieser zusammen mit seinen Brüdern Tus (Richard Coyle) und Garsiv (Toby Kebbell) die Armee seines Vaters an, um die heilige Stadt Alamut zu überfallen. Diese soll laut eines Spions von Nizam (Ben Kingsley), dem Bruder des Königs, Waffen an Persiens Feinde verkaufen. Nur dank Dastans eigenmächtigem und voraus schauendem Handeln kann die Armee erfolgreich in Alamut einfallen und dabei auch einen geheimnisvollen Dolch ergattern, um den sich Alamuts Prinzessin Tamina (Gemma Arterton) besonders sorgt. Als während der Siegesfeier der König vergiftet wird, fällt der Verdacht auf Prinz Dastan (Jake Gyllenhaal), der daraufhin mitsamt der Prinzessin flieht um einer ungerechten Verurteilung zu entkommen. Während Dastan Pläne schmiedet, wie er seine Unschuld beweisen kann, versucht Tamina wieder an den vom Prinzen ergatterten magischen Dolch zu gelangen, der die Zeit zurückdrehen kann.
Die von ihnen geschaffenen Figuren sind sympathisch und machen die Laufzeit von «Prince of Persia - Der Sand der Zeit» zum Vergnügen, obwohl ihm eine einprägsame Rolle wie die von Captain Jack Sparrow aus «Fluch der Karibik» abhanden geht. Jake Gyllenhaal macht sich überraschend gut als Abenteuerheld und gibt einen smarten, selbstbewussten Prinzen von der Straße. Der charismatische «Brokeback Mountain»-Star erdet das übernatürliche Abenteuer, indem er zu jeder Situation den richtigen Geschichtsausdruck findet. Außerdem überzeugt er dank intensivem Training in den Kampfsequenzen. Ausgefallen amüsant gerieten seine Wortgefechte mit Gemma Arterton als Prinzessin Tamina. Die lange Zeit verflochtene und bissige Dynamik zwischen ihren Figuren gibt den beiden Darstellern Gelegenheit für kurzweilige Streitereien und den Film ungekünstelt vorantreibende Täuschungsversuche. Jedoch fällt die für Blockbuster dieser Größenordnung obligatorische, langsam aufkeimende Liebelei zwischen Prinz Dastan und Prinzessin Tamina unprickelnd aus, was die Pflichtmäßigkeit, mit der diese Romanze hineingeschrieben wurde, unterstreicht. Trotzdem ist die Besetzung Artertons eine gute Entscheidung, nicht nur aufgrund der erwähnten, gelungenen Zickereien gegenüber Gyllenhaals Rolle. Die aus «Ein Quantum Trost» bekannte britische Schauspielerin bringt dank natürlich wirkender Schminke exotische Schönheit in den Film und führt als über die Macht des Dolches informierte Prinzessin sehr gut das mystische Element in die Handlung ein. Somit erfüllt sie eine eigentlich undankbare Aufgabe, denn in solchen Filmen ist eine schlechte Vermittlung der nachgeschobenen Exposition unverzeihlich. Glücklicherweise erledigt Arterton diese Aufgabe in «Prince of Persia - Der Sand der Zeit» deutlich besser als in «Kampf der Titanen», wo sie im Grunde genommen eine schlechte Abwandlung der gleichen Rolle spielte, bloß dass sie hier dem Protagonisten selbstbewusst Paroli bieten und lange Zeit eigene Ziele verfolgen darf.
Während die US-amerikanische und britische Besetzung manchen kritischen Zuschauer anfangs an der Illusionsbildung hindern wird, selbst wenn der Film damit bloß seiner Vorlage treu bleibt, scheuten die Filmemacher keine Kosten, mittels imposanter Ausstattung ein mystisch-fantastisches Persien auferstehen zu lassen. Die prachtvollen Setbauten sowie die aufwändigen und detaillierten Kostüme sind für jeden interessierten Kinogänger der beste Grund, sich «Prince of Persia - Der Sand der Zeit» auf der größtmöglichen Leinwand anzuschauen. Während Sommerblockbuster üblicherweise immer stärker auf Computereffekte und digitale Sets setzen, verwöhnen Produzent Bruckheimer und Regisseur Newell hier mit handgemachten Bauten. Das Produktionsdesign von Wolf Kroeger («Der 13. Krieger», «Equilibrium») und die erstaunlich detaillierten Setdekorationen von Elli Griff («Hellboy II: Die goldene Armee») vermischen passend zur übernatürlichen Elemente enthaltenden Geschichte historische und exotisch-künstlerische Einflüsse. Kostümschneiderin Penny Rose, die bereits in der «Pirates of the Caribbean»-Trilogie positiv auffiel, vermengt ebenfalls historische Authentizität und den Flair von Märchen aus Tausendundeiner Nacht zu einem beachtenswerten Ergebnis. Kameramann John Seale («Harry Potter und der Stein der Weisen», «Unterwegs nach Cold Mountain») würdigt die opulente Ausstattung mit farbenprächtigen Bildern und imponierenden Kameraeinstellungen. Der von der Ausstattung gesetzte Trend wird in den Actionsequenzen weitestgehend verfolgt: Statt auf Horden von CGI-Kämpfern und blendende Computereffekte setzt «Prince of Persia - Der Sand der Zeit» auf praktische Stunts und echte Schwert-, Messer- und Säbelkämpfe. Erst im großen Finale scheinen die Filmemacher den zuvor ausgelassenen Computereffekt-Bombast nachholen zu wollen und tragen extra dick auf. Das Ende des Films ist hinsichtlich der Vorlage durchaus plausibel und somit mit etwas Nachsicht akzeptabel, trotzdem wären aus rein filmischer Sicht einige bessere Alternativen denkbar.
Für eine von Jerry Bruckheimer produzierte Videospieladaption mutet «Prince of Persia - Der Sand der Zeit» aufgrund der genannten Regieentscheidungen angenehm altmodisch und zeitlos an. Dazu passend wurde selbst die unvermeidliche modern-ironische Zwischennote, wie sie in der «Pirates of the Caribbean»-Reihe verstärkt zu spüren war, auf ein Minimum heruntergefahren. Sieht man vom Finale ab, schlägt «Prince of Persia - Der Sand der Zeit» mit eindrucksvollem Pomp und modernen technischen Mitteln einen stilistischen Bogen zurück zu den typischen Filmen von Douglas Fairbanks und Errol Flynn. Denn diese waren, so sehr es manche Filmhistoriker auch verneinen wollen, ebenfalls nichts anderes als mit stark romantisierten Abenteuergeschichten lockender Eskapismus.