Im Reich der schweifenden Blicke: Hinter den Kulissen von «GZSZ»

Quotenmeter.de vor Ort: Redakteur Christian Richter besuchte das Set der erfolgreichen Daily Soap in Potsdam und erlebte wie es hinter den Kulissen der täglichen Serie zugeht.

Ein grauer, regnerischer Tag Anfang Mai. Es ist viel zu kalt für die Jahreszeit. Nicht einmal die üblichen Jugendlichen warten bei diesem Wetter vor dem rot-weißen Gebäude auf dem Gelände des Studio Babelsbergs in Potsdam. Hinter diesen Mauern entsteht unbeeindruckt von den Außentemperaturen Deutschlands erfolgreichste Daily Soap «Gute Zeiten, Schlechte Zeiten».

Sozialer Dreh- und Angelpunkt der Produktion ist der gemütliche Catering-Bereich im Erdgeschoss. Hier treffen sich die rund 120 Mitarbeiter. Sie frühstücken gemeinsam, plaudern über Gott und die Welt und warten auf ihren nächsten Einsatz. Auch die Darsteller verbringen hier gern ihre Pausen - nicht nur wegen des guten Essens. In einer Ecke lernt Lena Ehlers (Dascha) still ihren Text, während Björn Harras (Patrick Graf Jr.) noch einmal kräftig in sein Brötchen beißt, bevor er zur nächsten Szene muss. Auf einem großen Bildschirm an der Wand sind Livebilder aus den benachbarten Studios zu sehen, wo gerade Isabell Horn als Pia Koch in einer großen Wanne voll Schaum verschwindet.

Eine Etage über dem „Dinner“ befindet sich das Reich von Maskenbildnerin Iris Graeser. Sie sorgt bereits seit 15 Jahren für die richtigen Frisuren und das passende Make-Up aller Hauptdarsteller. An den Spiegeln kleben Polaroid-Fotos von aufwendigen Frisuren einzelner Rollen. Diese sind wichtig, damit eine Frisur noch einmal exakt wiederholt werden kann, um Anschlussfehler zu vermeiden. Oft bleiben für einen vollständigen Kostümwechsel nur wenige Minuten Zeit. Neben anderer Kleidung muss dann auch die Frisur verändert oder das Make-Up erneuert werden. Trotz dieser Anspannung ist die Stimmung im Team sehr familiär. Emily-Darstellerin Anne Menden kommt herein und bringt Iris und ihrer Kollegin einen Kaffee aus dem Dinner.

Nicht weit entfernt wacht Roberto Barac über den Kostümfundus. Er gehört mit rund 40.000 Teilen zu den umfangreichsten in Deutschland. Die Wände des Raumes sind wegen der Hunderten Pullovern und Schuhen kaum noch zu erkennen. Dabei handelt es sich nur um die Sommerkollektion. Die Wintersachen lagern derzeit im Keller und werden erst gegen Ende des Jahres nach oben geräumt. An einem Ständer hängen zwischen unzähligen Sakkos, T-Shirts, Tops und Krawatten auch die Kleider von Serien-Designerin Jasmin, die extra für sie angefertigt werden und auf alten Entwürfen aus früheren Jahrzehnten basieren. Die spezifischen Kostüme der Hauptfiguren hängen jedoch nicht in dem großen Raum, sondern in der Garderobe der jeweiligen Darsteller.

Anne Menden präsentiert stolz die Kleider und Schuhe ihrer Figur Emily. Privat trägt sie zwar auch gern High-Heels, mag es jedoch etwas bequemer als ihre Rolle. Sie kann sich nicht vorstellen so gestylt wie Emily ins Bett zu gehen. Ihre Garderobe teilt sie sich mit ihrer Kollegin Lisa Riecken, die seit der allerersten Folge Elisabeth Meinhart spielt. Das Dekorieren der gemeinsamen Garderobe hat jedoch hauptsächlich Anne übernommen. An den Wänden hängen phantasievolle Fotos von ihr, die sie zusammen mit ihrer Freundin Aylin Geerke gemacht hat. In einer kleinen Ecke steht ein schwarzgerahmtes Foto des kürzlich verstorbenen Serienhunds Bolle.

Im Erdgeschoss des Studiokomplexes befindet sich neben den Regie- und Schnitträumen auch der Zugang zu den Aufnahmestudios - dem Allerheiligsten der Produktion. In zwei großen Hallen stehen sämtliche Innendekoration der Serie. Hier liegt Jasmins Modegeschäft direkt neben dem Wohnzimmer der Cösters, die Bachmann-Wohnung grenzt an das Wohnzimmer von Clemens und Elisabeth und hinter den Wänden des „Mauerwerks“ beginnt die Redaktion des Lifestylemagazins „Metropolitan Trends“. Dass beim Fernsehen viel getrickst wird, beweisen die großen Schranktüren neben der Küche der Gerners. Diese führen nämlich nicht in einen Kleiderschrank, sondern direkt zur Kulisse von Jo’ Gerners Schlafzimmer.

Erstmals errichteten die Szenenbildner rund um Thomas Brauninger für die Serie auch zweistöckige Studiodekorationen, die es möglich machen, dass die Treppe in der Wohnung der Gerners tatsächlich in die Redaktion reicht. Auch die Wendeltreppe der Cösters führt tatsächlich vom Wohnzimmer zu den Räumen von Lenny und Lucy. Das Highlight der Aufbauten ist jedoch das Set des Nachtclubs „Mauerwerk“, der an diesem Tag jedoch menschenleer bleibt. Um den Club bei Aufnahmen mit Leben zu füllen, werden bis zu 50 Statisten für den Dreh eingesetzt.

Im Studio 1 ist zur gleichen Zeit strenge Ruhe angesagt. Hier laufen gerade die Dreharbeiten zur aktuellen Folge. In einer kurzen Szene albern die Figuren Patrick (Björn Harras) und Jasmin (Janina Uhse) herum. Nach einer kurzen Textprobe, bei der noch nicht alles reibungslos klappt, folgen die Probe mit Kamera und Ton und anschließend die endgültigen Aufnahmen. Der Regisseur betrachtet sich das Geschehen über die Monitore der mobilen Regie aus sicherer Entfernung. Was heute hier entsteht, ist in sechs Wochen bei RTL zu sehen. Die kurze Szene endet mit den für Soaps typischen, schweifenden Blicken der Darsteller.

Parallel zu den Produktionen im Studio arbeitet stets ein komplettes zweites Team an den Außenaufnahmen zur Serie. Am heutigen Tag finden diese Dreharbeiten im rund 90km entfernten Spaßbad „Tropical Islands“ statt. Dort wird die Geschichte um Tayfun und Ayla fortgesetzt.

In der Regel finden die Außenaufnahmen allerdings in der eigenen Außenkulisse statt, die im August 2006 auf dem Gelände direkt neben den Studios errichtet wurde. Hier entstand für rund 800.000 Euro in 90 Arbeitstagen der gesamte Kiez rund um den fiktiven Kolleplatz. Der Name erinnert zwar an den bekannten Berliner Kollwitzplatz, leitet sich jedoch von einer ehemaligen Mitarbeiterin ab. Rund ein Dutzend Hausfassaden sollen das Flair der Großstadt Berlin simulieren. Unter ihnen ist das Townhouse der Gerners, der U-Bahnhof Klosterstraße, der Spätkauf, der türkische Imbiss, das Viktoria-Luise-Gymnasium, der Eingang zum Mauerwerk und der Modeladen „Prinzesskleid“. Um den Kulissen größtmögliche Authentizität zu verleihen, wurden die Häuser mit typischen Grafitti-Schmiererein verziert.

An den Klingelschildern der Fassaden sind die Namen Cöster, Bachmann/Höfer und Gerner tatsächlich zu lesen. Allerdings hat sich auch der Grafiker Manuel Schaknowski an einem Namensschild verewigt. Im Schaufenster des Spätkaufs sind viele der gefälschten «GZSZ»-Produkte zu erkennen. Um keine Werbung zu machen, werden alle Produkte vom Szenenbild und der Grafikabteilung umetikettiert oder komplett neu gestaltet. Auch die Zeitungen inklusive des „Morgenechos“ sind fiktiv und werden extra für die Serie angefertigt.

Die Straßenschilder sind deutlich kürzer als im Original, um den Platz durch die Kameraobjektive größer erscheinen zu lassen. Wer sich genau die Fassade der Schule anschaut, erkennt auf der Nase einer der Steinköpfe eine Sonnenbrille. Abgesehen vom türkischen Imbiss sind sämtliche Kulissen reine Fassaden. Statt Räumen gibt es hinter den Türen nur Stahl- und Holzgestelle, welche die Fassaden halten. Für die Aufnahmen zur Serie wird der Kiez wie auch das Mauerwerk mit zahlreichen Statisten belebt.

In den Studios steht derweil eine pikante Sex-Szene an. Bei dieser dürfen nur die absolut notwendigen Personen das Set betreten. Auch der Monitor im Dinner ist dafür ausgestellt. Dort hat sich mittlerweile Anne Menden eingefunden. Sie trägt aufgrund einer neuen Tönung die typischen Alublättchen im Haar und lackiert sich während sie auf ihren nächsten Einsatz wartet die Fingernägel. Zu ihr gesellt sich Clemens Löhr, der die Figur Alexander Cöster verkörpert. Auch er wartet.

Derweil lässt sich das Wetter weder von den Sex-Szenen noch vom guten Duft im Dinner beeindrucken. Die Wolken hängen noch immer tief. Auch am Nachmittag hat sich noch kein Teenie vor dem Studio eingefunden, der auf ein Autogramm wartet. Es ist einfach zu kalt für diese Jahreszeit. Glück für die Darsteller, dass heute keine Dreharbeiten im Freien auf dem Plan stehen.
11.05.2010 09:56 Uhr  •  Christian Richter Kurz-URL: qmde.de/41892