Die Kritiker: «Blutiges Geld»

Inhalt:
In einem Baumarkt am Stadtrand von Halle beginnt das Martyrium: Durch einen Motorrad-Integralhelm getarnt, der die Identität verschleiert und die Stimme verzerrt, bedroht ein nervöser Mann die Angestellten und den Filialleiter Manfred Weller. Als dieser den Delinquenten erkennt, wird er kurzerhand angeschossen. Den Sicherheitsmann ausgeschaltet, flieht der Kriminelle mit den Betriebsangehörigen Rita Dreher und Nathalie Schrade. Beide lässt er nach einer gewissen Zeit wieder frei. Doch um auch sicher zu gehen, dass der Fall unaufgeklärt bleibt, wird die Tochter einer Ärztin entführt, die nun unter Zwang für den Tod Wellers sorgen soll.

Neben der Aufklärung des Verbrechens haben die Beamten Schmücke und Schneider anderweitige Probleme: Die Gattin des letztgenannten muss auf Grund eines Bandscheibenvorfalls ins Krankenhaus eingeliefert werden, während die miese Laune Schmückes noch tiefer sackt, als er Bekannstschaft mit der vor zehn Wochen angeforderten Verstärkung macht: Nora Lindner ist jung, unorthodox und nicht zuletzt eine Frau.

Darsteller:
Jaecki Schwarz («Bürgerschaft für ein Jahr») ist KHK Herbert Schmücke
Wolfgang Winkler («Das Kaninchen bin ich») ist KHK Herbert Schneider
Isabell Gerschke («Mädchen über Bord») ist KOK Nora Lindner
Oliver Hörner («Die Rettungsflieger») ist Manfred Weller
Susanne Hoss («Tsunami») ist Iris Weller
Holger Daemgen («In aller Freundschaft») ist Mathias Kirch
Carin C. Tietze («Der Bulle von Tölz») ist Rita Dreher
Birge Schade («Katzenzungen») ist Dr. Andrea Lund
David Scheller ist («Das wilde Leben») ist Heinz Zeppenfeld
Judith Richter («Two Funny») ist Nathalie Schrade
Dieter Landuris («Alles außer Mord») ist Ralph Herder
Marie Gruber («Go Trabi Go») ist Rosamunde Weigand

Kritik:
Seit dem Jahre 1971 existiert die Kriminalreihe «Polizeiruf 110» nun schon. Kein Wunder, dass sich das Format derart großer Beliebtheit erfreut, zeigt sie doch eindrucksvoll und realitätsgetreu wie sich die Ermittlungsarbeit und nicht zuletzt das Leben innerhalb Deutschlands selbst verändert hat. Hans Werner, Regisseur von 'Blutiges Geld', machte seine ersten Schritte innerhalb des Serienkosmos noch vor der Wende: Seit 1979 setzte er sieben Folgen in Szene, darunter 'Am Abgrund', 'Angst um Tessa Bülow' und 'Tod im Ballhaus'. Wie es auch bei letztgenannter Episode der Fall war, nahm Werner erneut am Schreibprozess des Drehbuches teil. Federführend war hierbei Michael Arnal, der nicht nur populärer Filmschaffender, sondern auch Dozent für Dramaturgie ist. Mit der geübten Hand von Oliver-Maximilian Kraus an der Kamera ist für eine Iszenierung gesorgt, die keinen Anlass zur Beanstandung gibt.

Betrachtet man «Blutiges Geld» für einen Augenblick von einem distanziertem Standpunkt aus, so scheinen alle Elemente geboten zu werden, die man für eine zur Abwechslung nicht nur unterhaltsame, sondern grandiose Episode eines Crime-Procedurals benötigt: Ein fähiger Stab ist gegeben, ebenso wie die High Society der Elite, die Hauptkomissare Herbert Schmücke und Herbert Schneider, die nun schon seit 1996 in Sachsen-Anhalt das Verbrechen bekämpfen. Ein eingespieltes Team, wie es im Buche steht – mit humorvollen Dialogen und eingeübter Zusammenarbeit, in die man als Zuschauer von Anfang an größtes Vertrauen setzt, überzeugen die beiden auch in ihrem 38. Einsatz. Ein weiteres Fragment ist die durchdachte und intensive Story, die nach und nach unterschiedliche Verdächtige in den Fokus nimmt und den talentierten Darstellern genug Raum lässt, in ihren kleinen Mustern aufzugehen. Dazu kommt Isabell Gerschke als neue Oberkommissarin Nora Lidner, die angesichts ihrer fantastischen Leistung fast zu wenig Screentime zu bekommen scheint. Ihr Charakter mag einem gewissen Stereotyp entsprechen, doch ihr Spiel wirkt unverbraucht und harmoniert in jeder Beziehung mit der altbekannten Szenerie. Schwarz und Winkler dürfen sich glücklich schätzen, eine derart angenehme Kollegin zugeteilt bekommen zu haben.

Verlässt man die unzugängliche Lage und fasst das Endergebnis der Bestandteile ins Auge, wird deutlich, dass alles richtig gemacht wurde. Die einzelnen Aspekte der Story wurden hinreichend ausgereizt und leiten dann zum nächsten Part über und obgleich das Publikum sich mit dem notwendigen Ermittlerverstand durchaus das Ende des Gerüstes erschließen kann, bleibt die Spannung durchgehend erhalten. Eine amüsante Idee war der beeindruckende Autostunt kurz vor dem Finale, der mit einem Augenzwinkern andeutet, dass auch ohne Explosion großes Krimikino produziert werden kann und beiläufig noch ausgezeichnet aussieht.

Bei den übrigen Episoden-Schauspielern besteht im Übrigen ebenfalls kein Grund zur Beschwerde, wie bereits erwähnt, wurde die wenige Zeit, die ihnen gegeben wurde, entsprechend genutzt. Judith Richters seltsam von sich überzeugtes Handeln in einem der letzten Verhöre wirkt dennoch etwas befremdlich. Wirklich zu kritisieren ist lediglich die Tatsache, dass zwei der verdächtigen Personen ein Verhältnis mit ihrem Arbeitgeber führen. Keineswegs unglaubwürdig, aber unkreativ. Desseungeachtet ist auch «Blutiges Geld» ein weiteres sehenswertes Glied in der «Polizeiruf 110»-Geschichtskette. Es trifft wahrlich nicht auf einen großen Prozentsatz der deutschen Serienlandschaft zu, was es umso erfreulicher macht: Einschalten lohnt sich.

Das Erste zeigt den «Polizeiruf 110: Blutiges Geld» am Montag, den 5. April 2010, um 20:15 Uhr.
04.04.2010 14:30 Uhr  •  Marco Croner Kurz-URL: qmde.de/41139