Serienlexikon: «Coupling»

Mit «Coupling» schuf Steven Moffat eine britische Sitcom, die nach einem wenig überzeugendem Start überaus erfreuliche Einschaltquoten verzeichnen konnte.

Um den sarkastischen Unterton zu ergründen, den das Konzept der Sitcom «Coupling» von Anfang an barg, müssen in erster Linie die Geschichten der Produktionen «Press Gang», «Joking Apart» sowie «Chalk» und folglich die Geschichte Steven Moffats erzählt werden. Geboren wurde der heute 48-jährige Drehbuchautor in Schottland des Jahres 1961. Nach einem erfolgreich abgeschlossenem Englischstudium war Moffat etwa drei Jahre lang als Lehrkörper tätig und eiferte damit seinem Vater, einem Schulleiter, nach. Nach diversen Theaterstücken, die seiner Feder entstammten, darunter das Musical «Knifer», sollten sich auch die Episoden seiner ersten Serie im Milieu eines Bildungsinstitutes abspielen: «Press Gang» war mit einer Laufzeit von fünf Jahren gesegnet und bescherte Independent Television sowohl positives mediales Echo, als auch ausgezeichnete Werte im vornehmlich auf Teenager ausgerichteten Nachmittagsprogramm. Das Format handelte von der Schülerzeitung 'Junior Gazette', die von einer Gruppe Auszubildender im täglichen Einsatz aufgesetzt wurde und verband somit die zwei Leitmotive des Schöfpers: Schule und Schreiben. Apropos: Wie es auch bei allen künftigen Serien der Fall sein sollte, verfasste Moffat alle 43 Folgen selbst.

Innerhalb der letzten Episode der zweiten Staffel «Press Gang» wurde ein neuer Charakter eingeführt, der den Namen Brian Magboy trug. Während der Figur im Umfeld der fiktiven Redaktion großes Unheil wiederfuhr, war der namensspendende Mann in der Realität für Moffats Herzschmerz verantwortlich: Die eskaliernde Entfremdung zu seiner Ehefrau Maggie und nicht zuletzt deren Beziehung zu einem gewissen Brian, führte letztlich zur Scheidung. Diese gesamte Begebenheit verarbeite Moffat mit «Joking Apart», seiner ersten Sitcom, die sich um die anfängliche Liebe und die Trennung eines Autoren zu seiner persönlichen Krone der Schöpfung drehte. Nach seinem romantischem Tief lernte Moffat durch Zufall auf dem Edinburgh Television Festival Sue Vertue kennen, mit der er nicht nur ein berufliches, sondern auch privates Verhältnis einging. Mit neuem Enthusiasmus stürzte er sich erneut in die Arbeit und kreierte «Chalk», das zwei Staffeln mit jeweils sechs Episoden umfasste und Eric Slatt (David Bamber), einen Englischlehrer und sein Umfeld in Augenschein nimmt. Ein ähnliches Schicksal wie in jüngster Vergangenheit «Huff» ereilte auch «Chalk»: Noch vor dem Start für eine zweite Runde verlängert, kam man über eben diese nicht mehr hinaus. Nachdem Moffat sich mit Vertue vermählt hatte, fragte sie ihn nach einer weiteren Sitcom. Seine Antwort war ein Wort, das er in angetrunkenem Zustand in ihrem Büro auf ein Stück Paper kritzelte: «Coupling».

Wie «Joking Apart» widmete sich auch Moffats neueste Eingebung einem bestimmten Kapitel seines bewegten Lebens und zwar dem Brückenschlag zwischen ihm und Vertue. So erhielten die Hauptcharaktere beispielsweise ihre Vornamen: Steve Taylor und Susan Walker wurden zum festen Paar und somit zur Konstante der Serie. Hinzu kamen die vier weiteren frei erfundenen Personen Jeff Murdock, Sally Harper, Jane Christie und Patrick Maitland. Der männliche Protagonist wurde verkörpert von Jack Davenport, zu dessen größten Rollen die des Captain James Norrington in der «Fluch der Karibik»-Trigolie und des Dr. Lloyd Simcoe in «Flash Forward» zählen. Steve hat zu Beginn prinzipiell nur ein Problem: Er kann es schlicht nicht bewerkstelligen sich von der bisherigen Freundin Jane zu trennen, die ihn mit Erzählungen über eine lesbische Vergangenheit oder anderen Anzüglichkeiten stets wieder an sich bindet. Darüberhinaus zeichnet sich die Figur durch die Fähigkeit aus, stets das Richtige zur falschen Zeit zu sagen sowie minutenlange Vorträge über ein gewisses Thema, wie etwa die Vorliebe zu Pornos oder den nicht existenten Nutzen von Sitzkissen zu halten. Seine neue Freundin Susan, die er auf der Frauentoilette kennenlernt, in deren begrenzten Rahmen er gerade mit Jane Abschiedssex vollführen möchte, ist da ganz anders: Bedacht, smart und eine Liga über ihm. Porträtiert wurde Susan von Sarah Alexander, die dem Genre nach dem Ende der Sitcom treu blieb und in unterschiedlichen britischen Sendungen auftrat.

Susan trennt sich in der Pilotepisode von Patrick (Ben Miles), dem sprichwörtlichem Macho. Systematisch überzeugt er das weibliche Geschlecht von sich, feiert die Begegnung anschließend mit einem One-Night-Stand, den er aufzeichnet und das betreffende Tape schließlich in seinem “Schrank der Liebe” (Im Original “Cupboard of Love”) verwahrt. Ebenso wie seine Kollegin Kate Isitt, die die Rolle der Sally Harper inne hatte, kann Miles nach dem Lebewohl von «Coupling» wenige Engagements aufweisen. Sally, die nebst dem Frischfleisch als tatsächlicher Love Interest für Patrick zählt, ist die beste Freundin Susans und ständig besorgt über ihr Alter sowie ihren größen Feind, das Gesäß. Nummer drei der männlichen Besetzung und offenkundiger Star der Serie ist Jeff, dargestellt von Richard Coyle, der in absehbarer Zeit als Jake Gyllenhaals älterer Bruder in «Prince of Persia: Sands of Time» zu sehen sein wird. Ganz im Gegensatz zu Patrick ist es Jeff nicht einmal möglich, mit Frauen eine normale Konversation zu führen. Dafür schlüpft ihm zu oft das Wort Brüste über die Lippen. Vervollständigt wird der Cast der ersten drei Seasons von Gina Bellman alias Jane, die mit ihrer egoistischen, verdrehten Art jederman in den Wahnsinn treibt. Bellman hat viel aus ihrem Talent gemacht: Nach der Miniserie «Jekyll», die ebenfalls von Steven Moffat stammt, machte sie den Sprung nach Übersee und ist nun festes Mitglied der «Leverage»-Gang auf dem Kabelsender TNT. Erst kürzlich meinte die 43-Jährige in einem Interview, jederzeit alles fallen lassen zu werden, sollte sich Moffat sie in einem seiner neuen Projekte wünschen.

Lesen Sie auf der folgenden Seite über die Unterschiede zu «Friends», den Ausstieg eines Hauptdarstellers und seinen Ersatz sowie das kurzlebige US-Remake der Serie.

Mit «Coupling» schuf Steven Moffat eine britische Sitcom, die nach einem wenig überzeugendem Start überaus erfreuliche Einschaltquoten verzeichnen konnte.

«Coupling» wird bis zum heutigen Tage oftmals in einem Atemzug mit der amerikanischen Serie «Friends» genannt, es sei gar die “britische Version” der Erfolgssitcom. Neben den offensichtlichen Parallelen von sechs Freunden in einer Bar, bahnen sich allerdings deutliche Unterschiede ihren Weg an die Oberfläche. Zuallererst dreht sich in «Coupling» tatsächlich so gut wie alles um die schönste Nebensache der Welt, außerdem bietet die Serie einen teils sehr eigene Erzählstil. In 80 Prozent der Fälle unterhalten sich die zwei Geschlechtergruppen über denselben Punkt eines Themas – zwischen den verschiedenen Dialogen wird hin und her gewechselt. Den Grund, ergo den Tathergang, bekommt der Zuschauer in zwischengeschnittenen Sequenzen zu sehen. Andere Beispiele für die besondere Form sind Episode 1x06 und 3x01. In 'Die Frau mit zwei Brüsten' redet Jeff auf eine attraktive Frau ein und verrennt sich in beunruhigenden Aussagen wie dem Statement, Frauenohren in einem Eimer unter seinem Bett zu sammeln. Es stellt sich heraus, dass die Frau Israelin ist und nicht ein Wort verstanden hat, was dem nervösen Jeff selbstverständlich nur zu Gute kommt. Anschließend wird die Zeit zurückgespult und man betrachtet die gesamte Szene erneut, nur umgedreht: Jeff spricht nun hebräisch, die Israelin englisch bzw. deutsch in der Synchronfassung. Der Auftakt zu Staffel drei 'Getrennte Wege' ist bis zur letzten Minute im Split-Screen-Modus erzählt und schildert den Verlauf zweier Abende zurselben Zeit.

Eine eindrucksvolle und gleichermaßen in Kritik geratene Wendung nahm «Coupling» in der Drehung zum vierten Jahr. Richard Coyle, der als Jeff mit seinen irrwitzigen Vorstellungen von Lachschleifen, Pornofreundschaften und Sexzonen die Herzen der Zuschauer errungen hatte, verließ die Serie, um sich neuen Dingen zuzuwenden, das Image abzulegen, auch wenn er zutiefst dankbar für das Sprungbrett sei. Ersetzt wurde er durch Namensvetter Richard Mylan, der als Oliver Morris zum Stab hinzustoß. Es handelte sich leider nur um einen lächerlichen Versuch, die geschaffene Lücke zu füllen. Oliver redete sich zwar ein, ein Lady-Killer zu sein, übernahm aber die Stellung Jeffs als paranoider, nervöser, sexbessesener Charakter. Dass beide dieselbe Frisur besitzen, hat die Angelegenheit nicht besser gemacht. Überhaupt musste die Serie in ihrer vierten Runde inhaltlich stark an Zugkraft abgeben, nachdem Season drei eigentlich ein passendes, rundes Ende gefunden hatte. Highlights der Staffel sind die erste Episode '9 ½ Minuten', die mit drei Sichtweisen derselben Situation aufwartet und Schauspielerin Samantha Spiro, die im Serienfinale in einer Halluzination Steves auftaucht, nur um ihm mitzuteilen, dass ihr Name Jeffina ist und sie auf der Insel Lesbos lebt.

In Deutschland zeigte ProSieben die ersten drei Staffeln, bevor der Kindersender NICK das Ruder übernahm und sie wöchentlich in mehrfacher Wiederholung über die Fernsehschirme flimmern ließ. Daraufhin sicherte sich Comedy Central die Rechte; inzwischen teilen sich die beiden Ableger einen Sendeplatz. Während sich «Coupling» nach einem schwachen Start bis zum bitteren Ende hin zu einem Quotengaranten entwickelte, wurde das zugehörige US-Remake nach vier von elf Episoden wieder abgesetzt.

Verantwortlich für den Auftrag war Sendeanstalt NBC, die wohl hoffte, den Erfolg von «Friends» wiederholen zu können. Normalerweise sind bereits die gewöhnlichen amerikanischen Remakes unnötig, übertreffen sie das Original durch die jeweilige Marktanpassung doch so gut wie nie. «Coupling US» nahm wiederum einen Sonderstatus ein, da man die Dialoge fast eins zu eins übernahm. Moffat selbst schrieb bzw. kopierte das Drehbuch der Premiere. Jay Harrington, heute Hauptdarsteller von «Better off Ted» und Rena Sofer, die mit ihren Gastrollen in den Serien «24», «Two and a Half Men» und «Bones» von sich Reden machten, übernahmen die Rollen von Steve und Susan und wussten zumindest zu überzeugen, wenn es auch unerheblich war, diesselben Zeilen ein weiteres Mal, nur liebloser, zu hören. Christopher Moynihan charakterisierte Jeff hingegen mit übertriebener Selbstsicherheit und verfehlte das Ziel um Längen. Sonya Walger («Lost»), die neben Jack Davenport in «Flash Forward» um ihre Zukunft bangt, spielte Sally, Lindsay Price wurde zu Jane. Colin Ferguson, der mit «Eureka» sein Stammpublikum gefunden hat, mimte Patrick. Auf Grund desaströßer Einschaltquoten vergrub man die Neuauflage schnell und heimlich tief in schmutziger Erde. Kein wahrer Verlust, einzig die Opening Credits, untermalt mit einer schnelleren Version des Liedes 'Perhaps, Perhaps, Perhaps' von Mari Wilson, hatten einen gewissen Stil.
03.04.2010 10:30 Uhr  •  Marco Croner Kurz-URL: qmde.de/41122