Das Fernsehnostalgie-Paradoxon

Früher war im Fernsehen doch alles besser. Oder doch nicht?

Kennen Sie das auch? Sie zappen mal wieder durch unsere TV-Landschaft, und spätestens wenn Sie zum x-ten Mal Dieter Bohlens Visage erblicken müssen oder Sie eine barbusige Call-In-Animateuse zum Anrufen auffordert, denken Sie sich: "Wie war das Fernsehen früher doch schön. Was ist nur aus meiner geliebten Glotze geworden?" Man erinnert sich sehnsüchtig an die geliebten Serien seiner TV-Kindheit und wünscht sie sich zurück. Doch oftmals gibt es ein böses Erwachen.

Es kam bereits desöfteren vor, dass ich mich wahnsinnig auf eine Wiederholung einer alten Fernsehserie gefreut habe, die ich in meiner Jugend geliebt und verschlungen habe - doch beim erneuten Anschauen Jahre später wurde ich enttäuscht und musste erkennen, wie banal, langweilig oder schlecht gemacht die Serie doch ist. Die weiteren Folgen wollte ich mir daraufhin nicht mehr ansehen. Dieses Phänomen ist vor allem bei damals kultigen Actionserien wie «MacGyver», «A-Team» oder «Knight Rider» der Fall. Aber auch bei diversen Cartoons aus den 80ern wie z.B. «He-Man» oder «Saber Rider» kommt kein Flair mehr auf. Ich war sicher nicht der Einzige, der als Kind die dazugehörigen «Mattel»-Actionfiguren gesammelt hat. Viele dieser alten Serien sind inzwischen auf DVD erschienen. Doch während die ersten Folgen bzw. Staffel Eins noch gut lief, gehen die Abverkäufe der weiteren Staffeln nur schleppend voran. Wahrscheinlich mussten auch andere Käufer die ernüchternde Erfahrung machen, dass manche Helden ihrer Kindheit leider nicht unbedingt zeitlos sind. Auch an klassischen Sitcoms wie z.B. der «Bill Cosby Show» oder «Alf» geht der Zahn der Zeit nicht spurlos vorbei. Man kann sie sich zwar auch heute noch ab und zu anschauen, doch bei manchen altbackenen Gags fragt man sich, wie man sich früher darüber kaputtlachen konnte.

Woran liegt das? Passen manche Sachen wirklich nicht mehr in die heutige Zeit oder sind wir zu abgestumpft geworden vom allgemeinen Berieselungs-TV? Einige Serien haben wir offenbar besser in nostalgischer Erinnerung als sie tatsächlich sind. Dies kann folgenden Grund haben: Wir verbinden mit bestimmten Serien meist einen spezifischen Zeitabschnitt unseres persönlichen Lebens. Man erinnert sich nicht nur an die Serie an sich zurück, sondern auch oft, wo und mit wem man sie damals gerne geguckt hat. Dies ruft in uns Sehnsucht nach der "guten alten Zeit" hervor, die wir noch einmal erleben möchten. Doch leider kommt das Feeling oft nicht mehr zurück. Vielleicht liegt es auch an der Unbeschwertheit, mit der man damals lebte. Die Zeiten ändern sich und auch der Geschmack an und für sich. Als Kabel Eins vor ein paar Jahren die Serie «Dallas» zurück ins Abendprogramm holte, war die Freude bei einigen Zuschauern älteren Semesters zunächst groß - doch die Einschaltquoten fielen schnell, so dass die Serie bald ins Nachmittagsprogramm verschoben wurde.

Es gibt erfreulicherweise allerdings auch Ausnahmen, die scheinbar zeitlos sind und immer noch den gleichen Charme versprühen wie anno dazumal. Bei mir sind das zum Beispiel «Bezaubernde Jeannie», «Familie Feuerstein» oder auch die Astrid Lindgren-Filme und -Serien. Diese Sendungen machen heute immer noch Spaß. Nostalgie ist ein schönes Hobby und auch ich verbringe gerne Stunden um Stunden beim Durchstöbern alter TV-Serien. Am «Test of Time» trennt sich allerdings die Spreu vom Weizen und man erkennt, welche Serien tatsächlich zeitlos sind, und welche lediglich eine zeitlich bedingte Modeerscheinung waren und danach dem Zeitgeist unterlagen.
28.02.2010 00:00 Uhr  •  Glenn Riedmeier Kurz-URL: qmde.de/40440