Die Kritiker: «Ken Folletts Eisfieber»

Story
Im Forschungslabor von Oxenford Bio Lab in der Nähe von Edinburgh gilt die höchste Sicherheitsstufe. Hier wird nach einem Antivirus gegen das tödliche Madoba-2-Virus geforscht, einer Ebola-Art. Firmengründer und Witwer Stanley Oxenford hat sein ganzes Vermögen in das Projekt investiert. Sehr zum Leidwesen seiner Töchter Miranda und Olga und seines spielsüchtigen Sohnes Kit, die um ihr Erbe fürchten, zeigt er Interesse für die Sicherheitschefin der Firma, Antonia Gallo.

Am Tag vor Weihnachten geschieht das Unvorstellbare: Skrupellose Gangster verschaffen sich mit Hilfe von Kit Zutritt zum Hochsicherheitstrakt und stehlen das tödliche Virus. Sie wollen es an Terroristen verkaufen, die damit einen Anschlag planen. Doch dann führt ein Schneesturm ungeahnten Ausmaßes alle Beteiligten in das einsame Landhaus der Familie Oxenford. Abgeschnitten von der Außenwelt kommt es dort zum Eklat innerhalb der Familie und zu einem unbarmherzigen Kampf auf Leben und Tod.

Darsteller
Heiner Lauterbach («Männer») ist Professor Stanley Oxenford
Isabella Ferrari («Tagebuch eines Vergewaltigers») ist Antonia Gallo
Katharina Wackernagel («Das Wunder von Bern») ist Miranda Oxenford
Sophie von Kessel («Frank Riva») ist Olga Oxenford
Tom Schilling («Crazy») ist Kit Oxenford
Matthias Brandt («In Sachen Kaminski») ist Nigel
Anneke Kim Sarnau («Dr. Psycho») ist Daisy
Bülent Sharif («Aprilkinder») ist Elton

Kritik
Bereits im Jahr 2006 verkündete das ZDF, in Zusammenarbeit mit Constantin Film und der Firma Network Movies Romane des britischen Bestsellerautors Ken Follett zu verfilmen. Das Ziel war schon damals hoch gesteckt, denn man wollte dem Weltbestseller Follett ein filmisches Pendant zur Seite stellen. Rund sieben Millionen Euro, 53 Drehtage vor schottischer Kulisse und hochkarätige deutsche Schauspieler schienen diesem Anspruch gerecht werden zu können - doch wie so oft trübt der bloße Schein. Das generelle ARD-Problem, Eigenproduktionen kein schnödes öffentlich-rechtliches Aussehen verpassen zu wollen, sondern internationalen Flair vorherrschen zu lassen, kommt auch in diesem Fall zum Tragen - der unbedingte Wille, für den Weltmarkt zu produzieren, sieht teils recht bemüht aus.

Gleich vorweg: Der auf dem gleichnamigen Bestseller-Roman «Eisfieber» basierende Film ist keineswegs schlecht - er ist aber nicht so gut, wie er sein könnte. Das eigentliche Problem des Films liegt in der Romanvorlage selbst begraben: Als spannender Krimi beworben, wird dem Zuschauer eine Mischung aus Thriller, Liebesfilm und Familiendrama geboten. Zwar stehen die Ereignisse rund um das Forschungslabor deutlich im Vordergrund, doch werden letztgenannte Genres vor allem durch häufige und langatmige Landschaftsaufnahmen bedient, die in ihrer atmosphärischen Wirkung gegen das Selbstbild eines Thrillers wirken. Fast entsteht der Eindruck, dass diese Elemente den Film nur schmücken, weil man derart schönes Bildmaterial nicht ungenutzt lassen wollte.

Schauspielerisch hat man sich nicht lumpen lassen und wartet mit Starbesetzung auf: Heiner Lauterbach spielt Professor Stanley Oxenford, einen passionierten Wissenschaftler und Familienmenschen, den nichts oder niemand aus der Ruhe bringen kann. Isabella Ferrari agiert als seine Sicherheitschefin Antonia Gallo, wirkt jedoch steif und unmodern. Tom Schilling darf als Idealbesetzung für den neurotischen, infantil wütenden und kriminellen Kit Oxenford angesehen werden. Matthias Brandt und Bülent Sharif überzeugen als skrupellose Profidiebe. Peinlich ist hingegen der Auftritt von Anneke Kim Sarnau, die als Daisy das Vierergespann der Laborräuber komplettiert und deren Rolle auf stupide Gewaltausbrüche, exzentrischen Alkoholkonsum und beschränktes Ausdrucksvermögen reduziert wurde. Generell sind die Charaktere in ein Korsett aus Eindimensionalität und Stereotypen gezwängt worden, die sie eher als Archetypen denn als Individualisten auftreten lassen.

Sieht man aber über den ein oder anderen kleinen Makel hinweg, bekommt man mit «Eisfieber» gut inszenierte Abendunterhaltung vor aktuellem Hintergrund geliefert, garniert mit einer Portion Herzschmerz und Familiendrama. Vor allem der zweite Teil legt an Spannung zu und weiß dank starker Ereignisdichte zu überzeugen, Teil eins ist trotz langatmigem Einstieg aber ebenfalls kein Garant für Langeweile.

Das ZDF zeigt den ersten Teil von «Ken Folletts Eisfieber» am 25. Januar 2010 um 20:15 Uhr; der zweite Teil folgt am 27. Januar 2010 um 20:15 Uhr.
23.01.2010 09:40 Uhr  •  Jakob Bokelmann Kurz-URL: qmde.de/39775