Der Fernsehfriedhof: «Big Brother» in pink

Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die im Schleier der Vergessenheit untergingen. Folge 65: Zickenkrieg und blanke Brüste.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir des Beweises dafür, dass selbst nackte Haut ein mieses Konzept nicht retten kann.

«Girlscamp» wurde am 26. Januar 2001 in Sat.1 geboren und entstand zu einer Zeit, als die RTL Gruppe mit den ersten beiden Staffeln von «Big Brother» große Erfolge feierte. Um von diesem Realityboom auch seinen Anteil abzubekommen, entwickelte der Konkurrenzsender kurzerhand ein ähnliches Konzept und schickte es genau einen Tag vor dem Start der dritten «Big Brother»-Staffel auf den Schirm.

Wie bei der Vorlage wurden auch im «Girlscamp» zehn normale Menschen in einem Haus eingesperrt und von 50 Kameras rund um die Uhr gefilmt. Der Unterschied zur RTL-Variante war jedoch, dass es sich bei den Bewohnern ausschließlich um junge Frauen handelte. Man erhoffte sich dadurch neben einer gewissen erotischen Komponente vor allem ein erhöhtes Streitpotential. Zusätzlich zog jede Woche der „Boy of the Week“ in den „Bungalow of Love“ ein und sollte für zusätzlichen Streit unter den Damen sorgen. Außerdem war das Fernsehgefängnis kein Containerbau auf einem Kölner Parkplatz, sondern eine Luxusvilla auf einer Kanareninsel. Dort kämpften die zehn Girls rund zwei Monate um die Gunst der Zuschauer und den Titel „Supergirl“ sowie ein Preisgeld von 200.000 Mark.

Moderiert wurde die Realityshow von Kena Amoa, der zuvor vor allem für die Jugendprogramme im ZDF zuständig war. An seiner Seite führte Barbara Schöneberger durch die zwei Entscheidungssendungen der Woche. Sie stand damals noch am Anfang ihrer Karriere und war hauptsächlich als Assistentin von Elmar Hörig in der morgendlichen Gameshow «Bube, Dame, Hörig» und für einige Auftritte in der Impro-Comedy «Voll witzig!» bekannt. Die Tageszusammenfassungen liefen täglich um 00.15 Uhr, während die Liveshows montags und freitags zur besten Sendezeit zu sehen waren.

Im Gegensatz zur Vorlage war die Kopie von Anfang an kein Erfolg. Die abendlichen Liveshows erreichten meist nur Zielgruppenmarktanteile um acht Prozent. Auch die nächtlichen Zusammenfassungen blieben mit 12 Prozent bei den werberelevanten Zuschauern hinter den Erwartungen zurück. Nach rund einem Montag reagierte Sat.1 und strich die freitägliche Livesendung. Die Montagsausgabe lief zudem erst ab 22.15 Uhr. Um die Show mehr ins Gespräch zu bringen, ließ man eine Transsexuelle in die Villa einziehen und in den nächtlichen Sendungen wurden vermehrt Nackt- und Duschszenen gezeigt. Doch auch diese Niveausenkung half nichts. Das Finale erreichte am Ende nicht einmal fünf Prozent und war damit ein gewaltiger Flop. Der Sender gab noch während der Show bekannt, sich in Zukunft von Realityshows dieser Art distanzieren zu wollen, was ihn aber nicht daran hinderte rund drei Jahre später mit «Kämpf um Deine Frau» doch nochmal ein ähnliches Format auszustrahlen.

«Girlscamp» wurde am 19. März 2001 beerdigt und erreichte ein Alter von 47 Folgen. Die Show hinterließ den Moderator Kena Amoa, der mittlerweile Frauke Ludowigs Vertretung bei «Exclusiv – Das Starmagazin» ist, sowie Barbara Schöneberger, die heute durch die renommierte «NDR Talk Show» führt. Von der 21jährigen Gewinnerin Anita aus dem Sauerland war nichts mehr zu hören.

Möge die Show in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann einer paradiesischen Versuchung.
10.12.2009 09:50 Uhr  •  Christian Richter Kurz-URL: qmde.de/38957