Liebe Tanja Deuerling,

ein Satz mit X, was war wohl nix. Seit dem Weggang von Thomas Kausch vom Sender Sat.1 ist der Kanal, für dessen Informationsprogramme Sie nun verantwortlich sind, wieder ein gutes Stück weggerutscht von gutem Journalismus. Für große Informationskompetenz war der Sender mit dem Ball zwar noch nie bekannt, aber mit Kausch war man auf einem guten Weg. Damals gab es zwei Mal täglich kurze Breaking-News, die Hauptnachrichten waren 20 Minuten lang, auch nachts brachte Sat.1 uns nochmals auf den neuesten Stand der Dinge. Auch die Zuschauer belohnten das damals: Die Quoten der Hauptnachrichtensendung waren gut wie selten zuvor. Inzwischen sieht das Bild ganz anders aus.

Im «Frühstücksfernsehen» wird der Zuschauer in Sat.1 weiterhin vorbildlich informiert, doch danach muss schon die Welt untergehen, damit eine Nachrichtensendung eingeschoben wird. Auch die Hauptnachrichten sind selten länger als elf Minuten – Zeit für Hintergründe und fundierte Einordnungen bleiben da nicht. An Tagen, an denen Sie die Europa League zeigen, haben Sie sich entscheiden, die Nachrichten sogar auf drei Minuten zu verkürzen – und sie um 16.55 Uhr zu zeigen. Es mag ein Wink des Schicksals sein, dass gerade am ersten Tag der Europa League ein 18-Jähriger im fränkischen Ansbach an einer Schule Amok lief und alle Kanäle ausführlich darüber berichteten.



Sie gönnten dem Thema geschätzte zwei der drei Minuten – was selbstverständlich deutlich zu wenig ist. Dass Peter Kloeppel in «RTL Aktuell» mindestens doppelt so viel Zeit für das Thema aufbrachte, zeigt, dass Sie erneut stiefmütterlich mit Ihren Nachrichten umgegangen sind. Und so braucht man sich am Ende des Tages auch nicht wundern, wenn es nicht so recht klappen will mit der Akzeptanz der «Sat.1 Nachrichten» bei den deutschen Bürgern.

Enttäuschte Grüße,
Ihr Manuel Weis

Tanja Deuerling ist seit Februar 2009 Chefredakteurin von Sat.1
19.09.2009 00:00 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/37339