Adlershof. Ein Stadtteil am Rande von Berlin. Dort wo bereits das DDR-Fernsehen seine Jugendsendung «Elf 99» produzierte, das «Glücksrad» seine Kandidaten begeisterte, Lisa Plenske «Verliebt in Berlin» war und Hugo Egon Balder seine «Hit Giganten» aus der Mottenkiste holte, treffen die Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Herausforderer Frank-Walter Steinmeier im großen «TV-Duell» aufeinander.
Direkt an das eigentliche Studio kommt man ohne entsprechende Genehmigung nicht mehr heran. Dies muss auch der ehemalige Kanzlerkandidat und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber erfahren, der mit seiner Limousine beinahe nicht auf das Gelände gelassen wird, weil sein Fahrer keinen Parkausweis hat. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite lächelt eine Reklame für „Knut’s Sauna Center“ frech auf das Treiben herab.
Die Stimmung ist rund eine Stunde vor Beginn des Duells ausgelassen. Man hat eher das Gefühl auf einem großen Familienfest zu sein als auf einer politischen Veranstaltung. Allerorts werden Hände geschüttelt und kurze Gespräche geführt. In der CDU-Sitzgruppe macht man lustige Gruppenfotos für den Facebook-Account. Ulrich Deppendorf schlendert unmotiviert durch den Saal und schüttelt ebenfalls ein paar Hände während Helmut Markwort mit dem Chefredakteur des ZDF, Nikolaus Brender, plaudert. MTV-Gesicht und Ex-ProSieben-Moderator Klaas Heufer-Umlauf redet derweil mit Schauspieler Hans-Werner Meyer («Die Cleveren) und Sebastian Krumbiegel, der Sänger der Musikgruppe „Die Prinzen, wechselt mit «Supernanny» Katharina Saalfrank ein paar Worte, die für ihre Verhältnisse in einem fröhlichen grau gekleidet ist. Dabei hält sie ihre Hände vor den Mund, guckt betroffen und nickt verständnisvoll - ganz wie in ihrer RTL-Sendung.Das Pressezentrum erinnerte an eine Lounge.
Die Veranstaltung ist mehr ein Happening der Fernsehbranche. Überall wird eifrig Smalltalk betrieben und es werden Kontakte geknüpft. Man kann auch wenige Minuten vor der Sendung nirgends ein ernsthaftes Gespräch über Politik belauschen. Und arbeiten tun die wenigsten. Lediglich ein paar Journalisten, die sich einige der spärlichen Arbeitsplätze an echten Tischen und auf echten Stühlen erkämpft haben, tippen fleißig in ihre Notebooks. Hektisch wird es nur einmal kurz als Franz Müntefering den Saal betritt und gleich von einem Dutzend Kameras umringt wird. Diesen Moment will sich auch Peter Kloeppel nicht entgehen lassen und macht sogar ein paar private Schnappschüsse vom Szenarium. Zur gleichen Zeit sitzt der Generalsekretär der CDU, Ronald Pofalla, allein in seiner Sitzgruppe und tippt einsam auf seinem Handy herum. Ist das schon ein Vorzeichen für den Ausgang des Abends? Saalfrank und Krumbiegel tauschen mittlerweile Adressen aus und geben sie ebenfalls in ihre I-Phones ein.
Langsam wird es ernst. Nur noch wenige Minuten bis die Vorberichterstattungen der vier übertragenden Sender beginnen. In den jeweiligen Studios wird das Licht eingerichtet und der Telepromter getestet. Auf den Bildschirmen bei RTL versucht der liebevolle Mechaniker Holger zwar noch sein Glück bei der beleibten Monika, doch langsam kommt etwas Hektik auf. Durch den Saal irren nun Reporter von allen vier Sendern und bereiten sich auf Liveschaltungen vor. Dabei stehen sie kaum 50 Meter vom jeweiligen Moderator entfernt. Letztendlich könnten die selbst mit dem Mikrofon loslaufen. Während einer dieser überflüssigen Schaltungen schleicht der RTL-Reporter langsam durch die Massen. Sein Kameramann entgeht dabei nur knapp einem Zusammenstoß mit den «Ich kann Kanzler»-Gewinnern Jacob Schrot und Philip Kalisch. Immer mehr bekannte Gesichter wie Ulli Zelle vom RBB, Peter Hahne vom ZDF, Sigmund Gottlieb (BR) und der omnipräsente Medienexperte Jo Groebel nehmen nun langsam ihre Plätze ein, denn es sind nur noch wenige Augenblicke bis zum Beginn der Sendung.
Während des Duells ist es im Pressezentrum beachtlich ruhig. Es werden nur vereinzelt Aussagen der Kandidaten kommentiert. Lediglich die Diskussion, ob es sich um ein Duell oder ein Duett handeln würde, sorgt für verhaltenes Gelächter bei einigen Beobachtern. Interessant ist es eigentlich nur an den Tischen der CDU und der SPD. Dort sind während der gesamten 90 Minuten mehrere Kameras auf die jeweiligen Parteispitzen gerichtet. Um Franz Müntefering hat sich eine beachtlich große Gruppe gescharrt, die unter anderem aus der «Supernanny», Heufer-Umlauf, Krumbiegel und Schauspielerin Ursela Monn («Doctor’s Diary») besteht. Die CDU erhält von prominenter Seite lediglich von Charles M. Huber («Der Alte) Unterstützung. Applaus ernten die Kontrahenten von den jeweiligen Tischen nur bei ihren Schlussworten.
Nach dem Ende des Duells wird es zum ersten Mal an diesem Abend im gesamten Zentrum aufgeregt. Aus allen Ecken strömen Kamerateams und fangen Eindrücke der Zuschauer ein. Hoch im Kurs stehen dabei vor allem die Vertreter der Parteien sowie die prominenten Unterstützer. Lediglich Klaas wird eher selten vor eine Kamera gezogen. Dieses Szenarium hält sich die folgende halbe Stunde. In den mobilen Sendestudios werden mittlerweile die vier Moderatoren des Duells für ihren jeweiligen Sender interviewt, während im Nachbarraum langsam das Büffet zusammengeräumt wird.