Quotenmeter.de vor Ort: Hinter den Kulissen des «TV-Duells»

Quotenmeter.de-Redakteur Christian Richter fing die Stimmung unter den Journalisten und Prominenten im Pressezentrum ein und erklärt, was die «Supernanny» und der Akademiebusen mit dem Duell zu tun haben.

Adlershof. Ein Stadtteil am Rande von Berlin. Dort wo bereits das DDR-Fernsehen seine Jugendsendung «Elf 99» produzierte, das «Glücksrad» seine Kandidaten begeisterte, Lisa Plenske «Verliebt in Berlin» war und Hugo Egon Balder seine «Hit Giganten» aus der Mottenkiste holte, treffen die Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Herausforderer Frank-Walter Steinmeier im großen «TV-Duell» aufeinander.

Bereits am Eingang des weiträumig von der Polizei abgesperrten Studiogeländes prangt das geheime Wahrzeichen des Stadtteils. Zwei isothermische Kugellabore, die von den Einwohnern auch „Akademiebusen“ genannt werden. Wenn das kein passender Hintergrund für die ehemalige Physikerin Angela Merkel ist, die nach ihrem Studium tatsächlich in Adlershof arbeitete? Klarer Heimvorteil damit für die Amtsinhaberin. An den Laternen auf der kleinen Straße zum Studio G lächeln Merkel und Steinmeier noch in gewohnter Weise von ihren Plakaten herunter. Rund um das Gebäude versuchen kleinere Gruppen von politischen Gegnern den Medienrummel für sich zu nutzen. So demonstriert eine Gruppe Grüner für den Atomausstieg. Im Hintergrund ist das laute Trommeln einer anderen Bewegung zu hören.

Direkt an das eigentliche Studio kommt man ohne entsprechende Genehmigung nicht mehr heran. Dies muss auch der ehemalige Kanzlerkandidat und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber erfahren, der mit seiner Limousine beinahe nicht auf das Gelände gelassen wird, weil sein Fahrer keinen Parkausweis hat. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite lächelt eine Reklame für „Knut’s Sauna Center“ frech auf das Treiben herab.

Das Pressezentrum, in dem wie schon bei den vergangenen Duellen Hunderte Journalisten aus aller Welt das Ereignis verfolgen können, ist im Nachbarsaal untergebracht. Der große Raum erinnert jedoch eher an eine Lounge als ein Medienzentrum. Der schwarz abgehangene Saal ist in atmosphärisches Licht getränkt. Im Raum sind mehrere Designersitzgruppen verteilt, auf denen wichtige Menschen neue Kontaktdaten wild in ihre I-Phones eingeben. Im Hintergrund läuft chillige „Café del Mar“-Musik. Von der Decke hängen riesige leuchtende Dekoelemente herab, die permanent die Farbe wechseln. Soll das eine Anspielung auf die politische Gesinnung der Protagonisten des Abends sein?

Die Stimmung ist rund eine Stunde vor Beginn des Duells ausgelassen. Man hat eher das Gefühl auf einem großen Familienfest zu sein als auf einer politischen Veranstaltung. Allerorts werden Hände geschüttelt und kurze Gespräche geführt. In der CDU-Sitzgruppe macht man lustige Gruppenfotos für den Facebook-Account. Ulrich Deppendorf schlendert unmotiviert durch den Saal und schüttelt ebenfalls ein paar Hände während Helmut Markwort mit dem Chefredakteur des ZDF, Nikolaus Brender, plaudert. MTV-Gesicht und Ex-ProSieben-Moderator Klaas Heufer-Umlauf redet derweil mit Schauspieler Hans-Werner Meyer («Die Cleveren) und Sebastian Krumbiegel, der Sänger der Musikgruppe „Die Prinzen, wechselt mit «Supernanny» Katharina Saalfrank ein paar Worte, die für ihre Verhältnisse in einem fröhlichen grau gekleidet ist. Dabei hält sie ihre Hände vor den Mund, guckt betroffen und nickt verständnisvoll - ganz wie in ihrer RTL-Sendung.



Die Veranstaltung ist mehr ein Happening der Fernsehbranche. Überall wird eifrig Smalltalk betrieben und es werden Kontakte geknüpft. Man kann auch wenige Minuten vor der Sendung nirgends ein ernsthaftes Gespräch über Politik belauschen. Und arbeiten tun die wenigsten. Lediglich ein paar Journalisten, die sich einige der spärlichen Arbeitsplätze an echten Tischen und auf echten Stühlen erkämpft haben, tippen fleißig in ihre Notebooks. Hektisch wird es nur einmal kurz als Franz Müntefering den Saal betritt und gleich von einem Dutzend Kameras umringt wird. Diesen Moment will sich auch Peter Kloeppel nicht entgehen lassen und macht sogar ein paar private Schnappschüsse vom Szenarium. Zur gleichen Zeit sitzt der Generalsekretär der CDU, Ronald Pofalla, allein in seiner Sitzgruppe und tippt einsam auf seinem Handy herum. Ist das schon ein Vorzeichen für den Ausgang des Abends? Saalfrank und Krumbiegel tauschen mittlerweile Adressen aus und geben sie ebenfalls in ihre I-Phones ein.

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Quotenmeter.de-Redakteur Christian Richter fing die Stimmung unter den Journalisten und Prominenten im Pressezentrum ein und erklärt, was die «Supernanny» und der Akademiebusen mit dem Duell zu tun haben.

Langsam wird es ernst. Nur noch wenige Minuten bis die Vorberichterstattungen der vier übertragenden Sender beginnen. In den jeweiligen Studios wird das Licht eingerichtet und der Telepromter getestet. Auf den Bildschirmen bei RTL versucht der liebevolle Mechaniker Holger zwar noch sein Glück bei der beleibten Monika, doch langsam kommt etwas Hektik auf. Durch den Saal irren nun Reporter von allen vier Sendern und bereiten sich auf Liveschaltungen vor. Dabei stehen sie kaum 50 Meter vom jeweiligen Moderator entfernt. Letztendlich könnten die selbst mit dem Mikrofon loslaufen. Während einer dieser überflüssigen Schaltungen schleicht der RTL-Reporter langsam durch die Massen. Sein Kameramann entgeht dabei nur knapp einem Zusammenstoß mit den «Ich kann Kanzler»-Gewinnern Jacob Schrot und Philip Kalisch. Immer mehr bekannte Gesichter wie Ulli Zelle vom RBB, Peter Hahne vom ZDF, Sigmund Gottlieb (BR) und der omnipräsente Medienexperte Jo Groebel nehmen nun langsam ihre Plätze ein, denn es sind nur noch wenige Augenblicke bis zum Beginn der Sendung.

Während des Duells ist es im Pressezentrum beachtlich ruhig. Es werden nur vereinzelt Aussagen der Kandidaten kommentiert. Lediglich die Diskussion, ob es sich um ein Duell oder ein Duett handeln würde, sorgt für verhaltenes Gelächter bei einigen Beobachtern. Interessant ist es eigentlich nur an den Tischen der CDU und der SPD. Dort sind während der gesamten 90 Minuten mehrere Kameras auf die jeweiligen Parteispitzen gerichtet. Um Franz Müntefering hat sich eine beachtlich große Gruppe gescharrt, die unter anderem aus der «Supernanny», Heufer-Umlauf, Krumbiegel und Schauspielerin Ursela Monn («Doctor’s Diary») besteht. Die CDU erhält von prominenter Seite lediglich von Charles M. Huber («Der Alte) Unterstützung. Applaus ernten die Kontrahenten von den jeweiligen Tischen nur bei ihren Schlussworten.


Während von den drei großen Leinwänden die Kandidaten über die katastrophalen Auswirkungen der Wirtschaftkrise reden, wird im Nachbarraum des Pressezentrums weiterhin vom üppigen Büffet genascht. Es gibt neben asiatischer Nudelpfanne auch typische Berliner Bouletten, die jedoch vom Koch bereits vorgeschnitten werden. Zuviel Imbiss-Feeling soll offensichtlich nicht aufkommen. Es wäre nicht verwunderlich gewesen, wenn Christian Rach persönlich hinter dem Tresen gestanden hätte. Schade nur, dass der dazugehörige Kartoffelsalat mit Salatöl angemacht wurde und nicht mit Mayonnaise, wie es eigentlich in der Hauptstadt üblich ist. Das gäbe beim «Promi Dinner» Punktabzug. Insgesamt ist von der Wirtschaftskrise an diesem Abend kaum etwas zu merken. Fairerweise muss jedoch dazugesagt werden, dass große Teile der Verpflegung von Sponsoren gestellt wurden. Da wundert einen auch der Hot-Dog-Wagen von „Heinz“ nicht mehr.

Nach dem Ende des Duells wird es zum ersten Mal an diesem Abend im gesamten Zentrum aufgeregt. Aus allen Ecken strömen Kamerateams und fangen Eindrücke der Zuschauer ein. Hoch im Kurs stehen dabei vor allem die Vertreter der Parteien sowie die prominenten Unterstützer. Lediglich Klaas wird eher selten vor eine Kamera gezogen. Dieses Szenarium hält sich die folgende halbe Stunde. In den mobilen Sendestudios werden mittlerweile die vier Moderatoren des Duells für ihren jeweiligen Sender interviewt, während im Nachbarraum langsam das Büffet zusammengeräumt wird.

Um kurz vor 23 Uhr ist auf der kleinen Straße vor dem Studio auch von den Aktivisten nichts mehr zu sehen. Die Wahlplakate grinsen weiter stoisch in die dunkle Nacht und selbst in „Knut’s Sauna Center“ brennt kein Licht mehr. Ist er vielleicht ein weiteres Opfer der Wirtschaftskrise geworden?
14.09.2009 12:55 Uhr  •  Christian Richter Kurz-URL: qmde.de/37244