Sommerloch: Darum ist das Fernsehen besser als sein Ruf

Ist das Fernsehen wirklich schlecht? Zu weiten Teilen schon, doch es gibt immer auch Alternativen – Perlen, die man dann entdeckt, wenn man sich nicht nur auf die großen Sender beschränkt. Selbst, wenn die Lage zunächst hoffnungslos erscheint.

Nein, man sollte nicht den Fehler machen und zu sehr über das Fernsehen schimpfen. Sicherlich servieren uns die Sender Abend für Abend viele Formate, die – wären sie Speisen in einem Fünf-Sterne-Restaurant – niemals auch nur in die Nähe der Nase rümpfenden Gäste gekommen wären.

Das Fernsehen ist allerdings nur selten ein Nobelschuppen und so überrascht es letztlich nicht, dass ein gefühltes Dutzend Kuppelshows, Nachbarschaftsstreitigkeiten und Ingo Lenßen nebst Partnern die Programme überfluten. Der heutige Sonntag gibt auch Anlass zur Sorge: Das Sommerloch neigt sich zwar seinem Ende entgegen, doch kurz vor Toreschluss zeigen die Sender noch einmal, was eigentlich niemand so recht sehen will.



Nimmt man mal die Leichtathletik-Weltmeisterschaft außen vor, so sind es vor allem Wiederholungen, die serviert werden – um sich noch einmal der Restaurant-Sprache zu bedienen. Ansich mögen Wiederholungen nicht mal schlimm sein, doch angesichts allenfalls mittelmäßiger Spielfilme schlägt das Cineasten-Herz nicht unbedingt höher. Erst recht nicht, wenn RTL II den kanadischen Horrorthriller «Ants on a Plane – Tod im Handgepäck» ausstrahlt – da fragt man sich als geneigter Zuschauer doch, was hier der wahre Horror ist.

Doch warum immer nur auf die großen Sender schauen, wo die Sendervielfalt hierzulande größer kaum sein könnte? Wer nicht gerade sehen möchte, wie Jan Stecker und Pierre Brice bei VOX um die Wette brutzeln, könnte doch tatsächlich mal zu arte schalten. Spätestens seit Marcel Reich-Ranicki weiß doch jeder, dass auch dort gute Sache laufen. Statt des wöchentlichen Mega-Hyper-Blockbusters könnte doch auch mal der Themenabend eingeschaltet werden. „Ich laufe, also bin ich“ heißt es dort – los geht es dabei mit dem Drama «Der lange Weg nach Hause», das im Australien der 30er Jahre spielt. Zu einer Zeit also, in der die Regierung „Mischlingskinder“ von Aborigine-Frauen in Umerziehungsheime steckte.

Drei Mädchen beschließen zu fliehen und werden daraufhin von Polizisten und Kopfgeldjägern gesucht – eine wahre Geschichte, die sehr packend inszeniert wurde und sicherlich eine Alternative zum üblichen Programm am Sonntagabend darstellt. Einen ebenfalls sehenswerten Film strahlt Tele 5 aus: Dort läuft das Kriegsdrama «Mathilde – Eine große Liebe» mit der fabelhaften Audrey Tautou in der Hauptrolle. Doch auch für Film-Muffel gibt es durchaus Alternativen: Wussten Sie etwa, dass Comedy Central «South Park» zur besten Sendezeit ausstrahlt? Oder dass Viva ab 21:00 Uhr drei Folgen von «Futurama» am Stück zeigt?

Dass das grandiose «Schmidteinander» von Harald Schmidt und Herbert Feuerstein derzeit sonntags zur besten Sendezeit bei EinsFestival ein Revival feiert? Oder dass die viel gefeierte französische Serie «Clara Sheller» um 21:15 Uhr bei Timm zu sehen ist? Anstatt nur auf das Programm zu schimpfen, sollte so mancher Zuschauer vielleicht über den eigenen Schatten springen und sich jenseits von «Super-Ex» und «Mein Revier» orientieren. Dass solche Programm letztlich aber trotzdem gute Einschaltquoten einfahren, zeigt, dass nach wie vor eine Diskrepanz existiert zwischen Reden und Schauen.

Und so wird selbst mitten im Sommerloch mal wieder das obligatorische Schnitzel mit Pommes dem feinen Gaumenschmaus vorgezogen. Schade um den Koch, der sich im sich im stillen Kämmerlein viel Mühe gegeben hat.
16.08.2009 08:30 Uhr  •  Alexander Krei Kurz-URL: qmde.de/36708