«Ich kann Kanzler!» - Das Resümee

Kandidat Tobias Kurzmaier war am Freitag live bei der Finalshow dabei - was dort und auf der Aftershowparty passierte, verrät er exklusiv nur bei Quotenmeter.de.

Als Hannibal die Alpen überquert, Caesar den Rubikon überschritten und Angela Merkel am Tag der Europawahl den Auftritt von Frank-Walter Steinmeier bei Anne Will gesehen hatte, wusste jeder auf seine Weise: Das Werk ist vollbracht. Als ich am Freitagabend gegen Viertel nach Elf im Studio Adlershof in Berlin saß und der Sieger von «Ich kann Kanzler!» feststand, wusste auch ich: Gutes ist in unserem Land geschehen.

Lange habe ich überlegt, ehe ich die Heimreise gen München antrat, wo in Berlin ich den letzten Teil meiner Serie zu «IKK» verfassen sollte. Auf der Wiese vor dem Bundeskanzleramt, auf der Treppe vor dem Reichstag oder im schicken Designhotel am Kurfürstendamm, wo wir Kandidaten untergebracht waren? Nein. An keinem dieser Plätze war Ruhe zu finden, was einem generell in Berlin schwer fällt, denn wenn die Hauptstadt mittlerweile eines in Deutschland definitiv ist dann Hauptstadt der Touristenhorden. So entschied ich mich für das Holocaust-Mahnmal am Potsdamer Platz und fand mit meinem Netbook auf einer der über 2.700 Betonstehlen von Peter Eisenman Platz und vor allem das, was ich suchte: Muße. Wider das Vergessen lautet dort das Credo. Ein sehr passender Titel auch für mein Fazit von «Ich kann Kanzler!».

Beckmann und Kerner hätten zum Überholen angesetzt!

Bei «IKK» gibt es aus meiner Sicht mehrere Gewinner und überwiegend positive Momente, an die ich mich gerne erinnere. Die 45-minütige Dokumentation am vergangenen Donnerstagabend im ZDF gab gut und anschaulich wieder wie das Casting der letzten 40 Vorrundenteilnehmer im ehemaligen Bundestag in Bonn im Mai verlaufen war. Das Finale 24 Stunden später als zweistündige Live-Show entpuppte sich dann ebenso als handwerklich solides gemachtes Fernsehen, das wie so oft von „vox populi“ gefordert, aber meistens von den Programmverantwortlichen nicht erhört, einmal etwas Neues in der deutschen TV-Landschaft darstellte. Das fing schon beim Moderator an. Für Steffen Seibert war es außerhalb von «heute» und «heute-journal» eine Premiere, die er überzeugend meisterte. Über die eine oder andere kleine Unsicherheit, die bei einer Live-Sendung vorkommen darf, damit man als Zuschauer auch merkt, dass es sich um keine Konserve handelt, schaue ich gelassen hinweg. Primär zählt der Mensch, der im Moderator Seibert steckt, und der hat feine Züge. Auf der Aftershow Party stand ich draußen in einer langen Schlange am Grill an. Kulinarisch hatten ZDF und i&u TV Champions League aufgefahren – von Scampi bis Stier fielen die Leckereien nach getaner Arbeit um Mitternacht prächtig aus. Ich wartete in der Schlange ganz hinten und Steffen Seibert kam auf den Grill zu. „Ich habe Hunger!“ äußerte der sichtlich erschöpfte Moderator, „aber da möchte ich mich jetzt nicht vordrängen.“



Wäre da jetzt ein Beckmann oder ein Kerner erschienen, so schnell hätten wir alle in der Schlange gar nicht schauen können, hätten die ihren vermeintlichen VIP-Sonder-Extra-Besonders-Status avisiert und zum Überholen angesetzt. Aber nicht das Gerede macht einen Menschen groß, sondern die Geste.

Günther Jauch ist zweifacher Gewinner!

Jurymitglied und i&u-Chef Günther Jauch ist in zweifacher Sicht Gewinner von IKK. Zum Einen hinterließ er von allen drei Juroren den glaubhaftesten Eindruck, zum Anderen habe ich über die Wochen und Monate, in denen «Ich kann Kanzler!» vorbereitet wurde, eine perfekt arbeitende TV-Produktionsfirma erlebt. Ob es die Filmaufnahmen bei einem zu Hause waren, das Casting im früheren Bundestag oder die Live-Show, die Mitarbeiter von i&u erledigten ihren Job ohne jegliche Effekthascherei überzeugend professionell. Für die journalistische Qualität der «IKK»-Redakteure steht dann eben auch, dass man sich um 2 Uhr nachts auf der Aftershow Party noch über Themen wie Ahmadinedschad, Flug AF 447 oder Kitas unterhalten und darüber eloquent diskutieren kann. Manches Crewmitglied von Stefan Raab würde dabei wohl eher an eine Krankheit, einen neuen Blockbuster und Katzenfutter denken. Wobei Krankheit auf ersteres so oder so zutrifft. ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender hielt es auf der Aftershow Party ungewöhnlich lange aus. Die Nacht war jedenfalls schon längst angebrochen. Aber auch er hatte Grund zu feiern, denn er, Bettina Schausten und das ZDF hatten mit «Ich kann Kanzler!» Wagemut bewiesen und allein das schon verdient Respekt.

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Kandidat Tobias Kurzmaier war am Freitag live bei der Finalshow dabei - was dort und auf der Aftershowparty passierte, verrät er exklusiv nur bei Quotenmeter.de

Aber gibt es auch Verlierer bei «IKK»? Ich meine ja. Jurorin Anke Engelke wirkte im Finale auf mich so als hätte sie vor der Show in ihrer Kabine ein Sixpack Red Bull Cola inhaliert. ZDF-Hauptstadtstudioleiter Peter Frey als Überraschungsgast fragte bei den Finalkandidaten so „hart“ nach, dass ich mir in diesen Lenor-Weichspüler-Minuten sehnlich und leibhaftig Erich Böhme im Studio mit einem spontanen «Talk im Turm»-Revival wünschte. Der geplante „Deus ex machina“ scheiterte so gänzlich und seine Fragerunde geriet zu «Berlin indirekt». Letztlich aber ist der größte Verlierer das deutsche TV-Publikum, weil es «Ich kann Kanzler!» nur so spärlich einschaltete und sich somit dem Neuen mal wieder schon von vorneweg verweigerte. So lange dieses allerdings am Freitagabend in der ARD immer noch mehrheitlich lieber eine «Tatort»-Wiederholung oder bei RTL «Die ultimative Chartshow» (der ultimativen Ultimaten) sehen will haben es frische neue kreative Formate wie «IKK» in deutschen Landen schwer.

Ein Wort noch zu den Kandidaten und somit meinen 39 Mitbewerbern. Ich habe sowohl in Bonn als auch in Berlin höchst interessante Menschen kennen gelernt. Mit Jacob Schrot hat «IKK» einen Sieger gefunden, der gerade mal volljährig ist und der politisch noch einiges vor sich haben, aber auch auszuhalten, wird. Bundeskanzler wird er meiner Meinung nach nicht, aber das macht auch nichts. Ich wünsche ihm jedenfalls von Herzen alles Gute für seinen weiteren Werdegang wohin auch immer dieser ihn führen mag. Talent hat er zweifelsohne. Das Rahmenprogramm am Tag nach dem Finale, von ZDF und i&u bestimmt gut gemeint, wurde von den Kandidaten leicht abgeändert. In demokratischer Abstimmung entschied die Basis kurzerhand die Spreebootstour von gefühlten sechs auf de facto zwei Stunden zu verkürzen. So fand sich eine größere Gruppe von IKKlern auch rascher im Haus der 101 Biere am Ku`Damm ein. In angrenzender Nachbarschaft zur Wohnung Wowereit war somit mit Bieren aus Jamaika, Ghana und Indien sogleich auch eine kosmopolitische Diskussionsbasis gegeben.



Was wird von „Ich kann Kanzler!“ bleiben?

Nun zum Schluss stellt sich natürlich die Frage was wird von «Ich kann Kanzler!» bleiben und das fragen sich gewiss einige. Ich für mich finde die Antwort in einem Auszug aus der Rede des ermordeten israelischen Ministerpräsidenten und Friedensnobelpreisträger Jitzchak Rabin vom 4. November 1995 in Tel Aviv, in der er folgenden Satz sagte: „Jetzt aber gibt es eine Chance, eine große Chance, und wir müssen sie ergreifen, denen zuliebe, die hier sind, und auch um jener willen, die nicht gekommen sind.“ Also packen wir es an – gemeinsam für unser Land!

Tobias Kurzmaier, Jahrgang 1976, geboren in München, ist Fachjournalist und arbeitet seit 2002 als selbständiger PR-Berater in Haag i. OB (Landkreis Mühldorf am Inn). Von 2600 Bewerbern war er unter den letzten 40 Vorrundenteilnehmern von „Ich kann Kanzler!“. Neben seinen Mitgliedschaften in JU und CSU setzt er sich vor allem als Mitglied der DIG (Deutsch Israelische Gesellschaft) für den weiteren Ausbau deutsch-israelischer Beziehungen auf verschiedenen Ebenen ein. In drei exklusiven Beiträgen für Quotenmeter.de fasst er die Ereignisse rund um «Ich kann Kanzler!» zusammen. Direkten Kontakt zum Autor können Sie unter ikk09(at)web.de aufnehmen.

22.06.2009 10:39 Uhr  •  Tobias Kurzmaier Kurz-URL: qmde.de/35684