Anna und der Weg aus der Kinderstube

Fast 200 Folgen ist die Sat.1-Telenovela alt, die Macher brauchten einige Zeit, um das Format korrekt zu positionieren.

Es war anfangs ein Problem, das man schon von der ersten Telenovela der herstellenden Firma Producers at work kannte: «Anna und die Liebe» war schlicht zu harmlos. Genau diese Harmlosigkeit – von Sat.1 gar teilweise gewollt – brach im Jahr 2006 bereits «Schmetterlinge im Bauch» das Genick: Wenn ein verstecktes Dokument zur Fiesheit der Woche wird, fühlt sich der Zuschauer schnell gelangweilt. In Telenovelas müssen die Unterschiede zwischen Gut und Böse deutlich zu erkennen sein – demnach sollte der Böse auch wirklich etwas Böses im Schilde führen und nicht nur Lausbubenstreiche aushecken.

Dass sich die Geschichten bei «Anna und die Liebe» um Folge 40 herum um einen geklauten Kugelschreiber drehten, ließ zunächst nichts Gutes erahnen. Irgendwer erkannte aber offenbar genau dieses Problem und verschaffte den Storys mehr Tiefe und somit auch mehr Glaubwürdigkeit: Nach der zu Recht kritisierten Drogengeschichte rund um die Hauptfigur Anna Polauke, stand in den vergangenen Tagen und Woche eine Handlung rund um ein vermeintlich gefährliches Präparat namens „Babyprom“ im Mittelpunkt.



Julius Grützke und seinen Autorenkollegen ist dabei etwas gelungen, was im Genre der deutschen Daily nicht alltäglich ist: Der Ausgang der Geschichte war nicht von Anfang an vorhersehbar – neue Figuren wie die des Dr. Philipp Hahn wurden vielschichtig gezeichnet – hier war lange Zeit eben unklar, ob sie auf der Seite der Guten oder der der Bösen stehen. +/-Figuren werden solche Charaktere gerne genannt – in täglichen Serien gibt es aber nach wie vor viel zu wenige von ihnen.

Frischer Wind weht also durch die Sat.1-Produktion – und der wird auch noch eine Weile für Furore sorgen: In den kommenden Wochen tauchen neue Figuren in dem Format auf – beispielsweise die ehemalige «GZSZ»-Darstellerin Meike von Bremen, die in einer Gastrolle eine Unternehmensberaterin spielt. «Anna und die Liebe» hat etwas geschafft, an dem schon manche Serie gescheitert ist: Sie hat sich enorm weiterentwickelt – und zwar zum Positiven. Sie ist – vor allem storytechnisch – aus den Kinderschuhen herausgewachsen und bietet derzeit Unterhaltung, die man auch aus besseren Zeiten der RTL-Soap «Alles was zählt» kannte. Die guten Quoten belohnen diese Entwicklung – Fans der Serie sei nur zu wünschen, dass die Qualität der derzeitigen Geschichten noch einige Zeit erhalten bleibt.
04.06.2009 11:17 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/35324