Zehn Sendungen, die wir vermissen

Immer wieder werden TV-Programme eingestellt, die uns sehr ans Herz gewachsen sind und bei denen eine Absetzung für viele Zuschauer unverständlich war. Quotenmeter.de präsentiert zehn Sendungen, die wir heute im Fernsehen vermissen.

Die 100.000 Mark Show (RTL, 1993-2000)
Dass die «100.000 Mark Show» viele Fans hat, wissen RTL und der Produzent Endemol: Nicht ohne Grund produzierte man daher im Jahr 2008 eine Neuauflage unter dem schlichten Titel «Die 100.000 Euro Show». Doch mit der lieblosen Umsetzung und falscher Moderatorin kann auch ein Klassiker nicht so einfach wiederbelebt werden – die Zuschauerzahlen der zweiten Sendung, die gegenüber der Premiere deutlich schlechter waren, beweisen doch, dass die Menschen mit diesem Remake nicht zufrieden waren, besonders wenn man eben noch den Charme und das Konzept der alten «100.000 Mark Show» in Erinnerung hat. Von der Moderatorin Ulla Kock am Brink, die durch diese Show zum Samstagabend-Star des Privatfernsehens wurde, über das großartige Studio mit dem überdimensionierten Tresor oder beispielsweise auch dem anfänglichen Hindernis-Parcours bzw. den aufwändigen Außenspielen bis hin zu dem ungemein spannenden Konzept, dessen Klimax mit dem einfachen und legendären Satz „Die Zeituhr ist aktiviert“ erreicht wurde – an dieser Show stammte einfach alles. Und solange bis nicht letztgenannter Finalsatz und Kock am Brink wieder zum Bestandteil der Sendung gehören, sollte RTL die «100.000 Mark Show» ruhen lassen. Denn je öfter man sich an missglückten Neuauflagen probiert, desto mehr vermissen wir den wahren Klassiker.

Alles Nichts Oder?! (RTL, 1988-1992)
Ein Klassiker aus den Anfangsjahren des Privatfernsehens war die Comedy-Spielshow «Alles Nichts Oder?!» mit Hella von Sinnen und Hugo Egon Balder – dem TV-Paar, das in dieser Sendung einen solch bleibenden Eindruck hinterlassen und Kultfaktor aufgebaut hat, dass es heute noch fast ausschließlich gemeinsam in großen Shows auftritt. Nun allerdings vornehmlich in Sat.1 und leider weniger bissig als damals, wo Sinnen und Balder sich regelmäßig einen heftigen, verbalen Schlagabtausch lieferten. Nicht nur deswegen wird die Sendung vermisst, sondern auch wegen der Anarchie der eigentlichen Show, die oft als „Kindergeburtstag für Erwachsene“ beschrieben wurde: Ein prominenter Gast tritt in abstrusen und hirnverbrannten Spielen gegen die Moderatoren an und wer die meisten Spiele verliert, bekommt am Ende die berühmt gewordenen Torten ins Gesicht – das klassische Konzept des „Cake in the Face“, der am Ende jeder guten Unterhaltungsshow steht, wurde hier zur Freude aller Zuschauer bis aufs Äußerste ausgereizt.

Die Harald Schmidt Show (Sat.1, 1995-2003)
Jeder, dessen Ritual es jahrelang war, die «Harald Schmidt Show» allabendlich einzuschalten, wird diese Sendung vermissen wie keine zweite im deutschen Fernsehen. Schmidt-Fans dürfen mit Fug und Recht behaupten, dass Dirty Harry in seiner Sat.1-Zeit auf dem qualitativen Höhepunkt seiner Karriere war und trotz der täglichen Schlagzahl größtenteils Sendungen abgeliefert hat, die noch heute sehenswert sind – nicht ohne Grund strahlt beispielsweise der Pay-TV-Sender Sat.1 Comedy weiterhin die Klassiker aus. Ob es die wunderbar improvisatorischen Fähigkeiten, gepaart mit der Schlagfertigkeit sowie der auf den Massengeschmack gepolten Semi-Intellektualität Schmidts waren oder die Interaktion mit dem kongenialen, aber völlig gegensätzlichen Showpartner Manuel Andrack: Die Show war großartig. Warum Harald Schmidt nach seinem Weggang von Sat.1 nie mehr das einstige Niveau erreichte, ist ungeklärt und oft diskutiert. Vielleicht mag es der Erfolgsdruck beim Privatfernsehen gewesen sein, der Schmidt mehr anspornte als bei den Öffentlich-Rechtlichen, vielleicht ist es der Millionen-Vertrag, der bei ihm eine gleichgültig anmutende Haltung induziert hat, oder einfach nur der andere Senderhythmus, der weniger Freiheiten zum Ausprobieren lässt – jedenfalls wünschen wir alle uns einen Schmidt wieder wie zwischen 1995 und 2003. Dass es dazu noch einmal kommt, ist leider sehr zweifelhaft.

Millionär gesucht! – Die SKL-Show (RTL, 1998-2002)
«Millionär gesucht!» ist bei Fans das realisierte Konzept einer perfekten Samstagabend-Show gewesen. Publikumsliebling Günther Jauch lud mehrere prominente Gäste in das Studio, dessen Charakteristikum die überdimensionierte, runde Bowlingbahn war. Am Rande dieser Bahn saßen alle Kandidaten der SKL, sodass derjenige die Chance auf eine Million DM/Euro hatte, bei dem die Bowlingkugel am Ende stehen blieb. Die Spiele bis zum Finale erforderten dann Menschenkenntnis, Geschick und Glück. Im Finale entschied wiederum die Bowlingbahn den Gewinner, denn je nach Ziel der Kugel durfte der eine oder der andere Kandidat einen Schritt weiter zur Million. Neben dem großartigen Studio und seinem Design sorgten besonders die prominenten Paten während der Show für Stimmung. Ein toller Score sowie das abwechslungsreiche Konzept machten «Millionär gesucht!» zu einem Highlight im Abendprogramm.

«Darüber lacht die Welt» (Sat.1, 1999-2002)
Hape Kerkeling ist ohnehin einer der größten und besten Protagonisten Fernsehdeutschlands, doch in seiner Show «Darüber lacht die Welt» war er ein wenig besser als danach und davor. Die Sendung bestand aus verschiedensten Rubriken wie „Deutschland a.D.“, in denen Kerkeling gewöhnliche Menschen zu Hause besuchte und ihnen einredete, sie hätten einst eine Goldmedaille für Deutschland gewonnen. Die Highlights des Formats waren aber die zahlreichen Verkleidungs-Sketche: Kerkeling schlüpfte in den drei Jahren «Darüber lacht die Welt» in dutzende unterschiedliche Rollen und parodierte bestimmte Berufsstände oder Gesellschaftsschichten in seiner unnachahmlich perfekten Art. Ob als Duisburger Politesse Evi Stöbermann, radikaler Kleingärtner Rico Mielke, narzisstischer Fahrkarten-Kontrolleur Winfried Schartel oder drittes Mitglied des Volksmusik-Duos „Wildecker Herzbuben“ – in allen Situationen brachte Kerkeling Highlights der Fernsehgeschichte zu Stande. Zuletzt beschränkte er sich im Fernsehen auf die Darstellung weniger Figuren, sodass «Darüber lacht die Welt» als einziges großes Kerkeling-Format wegen der vielen unterschiedlichen Parodien vermisst werden muss. Er kann nämlich mehr als Schlämmer, Warnke und Schwäbli…

Wie bitte?! (RTL, 1992-1999)
Dieses Format war die etwas humorige Verbrauchershow bei RTL. Unter der Moderation des Journalisten Geert Müller-Gerbes setzte sich das Team von «Wie bitte?!» für die Menschen ein und führte den Fernsehzuschauern die Verbraucherprobleme in meist lustigen Situationen vor. Beispielsweise wurden Sketche über den schlechten Service diverser Unternehmen gezeigt – oftmals war die Telekom Gegenstand solcher Verbraucherfälle. Und oft kamen die Geschädigten dann auch durch die Darstellung in der Sendung zu ihrem Recht. Zum Team der Show gehörten u.a. Thomas Hackenberg («Quiz Taxi»), April Hailer oder Theo West, dessen Straßenumfragen oder Außenreportagen legendär geworden sind. «Wie bitte?!» war ein wöchentliches Format, das es so nie wieder gegeben hat und ein einzigartiges Konzept bereithielt, das mit teils intelligentem Humor aufspielen konnte.

«Geh aufs Ganze!» (Sat.1/kabel eins, 1992-2003)
Wo wird im Fernsehen heute gezockt? Außer bei diversen Pokerturnieren im DSF hat das Wort „Risiko“ im deutschen Fernsehen keine allzu große Bedeutung mehr. Ganz anders war es zwischen 1992 und 2003, als die Zocker-Gameshow «Geh aufs Ganze!» mit Moderator Jörg Draeger Millionen Menschen begeisterte. Das Format lebte von Draeger selbst, der als personifizierter König aller Zocker den Kandidaten, die jeweils aus dem Studiopublikum für Spiele ausgewählt wurden, die Entscheidungen für den blauen Umschlag oder jenes „Tor 3“ bzw. schwer machte – und bis zum Ende der Show war dem besten Menschenkenner nicht ersichtlich, wann Draeger den Kandidaten hinters Licht führte oder nicht. Pro Show gab es zahlreiche Spiele. Am Ende jeder Sendung stand für den besten Kandidaten der sogenannte „Big Deal“, in dem ein Auto gewonnen werden konnte. Die diversen und abwechslungsreichen Spiele, die unnachahmliche Moderationsart von Jörg Draeger, der für diese Show wie geschaffen war, und nicht zuletzt das zum Kult gewordene Trostpreis-Maskottchen „Zonk“ machten «Geh aufs Ganze!» zu einer einzigartigen, täglichen Gameshow, die zum Besten gehörte, was das deutsche Privatfernsehen je zu bieten hatte.

«Friedman» (Das Erste, 2001-2003)
Natürlich ist Michel Friedman nach der Kokain-Affäre, die auch zum Aus seiner politischen-Talkshows wie «Friedman» geführt hat, bei vielen Menschen als Vater aller Moralapostel nicht mehr glaubwürdig. Grundsätzlich hat dieser Vorfall aber rein gar nichts mit seinem harten Moderationsstil zu tun, der nach wie vor leider ein Unikum in der medialen Talkshow-Landschaft ist: Er ist weiterhin der Einzige, der konsequent und gewissenlos nachfragt und nachhakt, der die Standard-Floskeln der Politiker nicht gelten lässt und die sogenannten Herren der Republik zu Aussagen „zwingt“, die kein anderer Talkshow-Host hervorbringen würde. Allein deswegen wäre es wichtig, eine Sendung wie «Friedman» wieder im Polit-Showzirkus zu etablieren. Denn die oberflächlichen, opportunistischen und eben floskelüberhäuften Langeweiler-Diskussionen in Sendungen wie «Anne Will» bringen niemanden weiter und interessieren nur das Publikum, das mit dem Konsum solcher seichten Talks sein politisches Gewissen stillen will. Es braucht eben unkonventionelle TV-Inquisitoren wie Friedman, die Politik zum Schlagabtausch werden lassen – und den Zuschauern dann auch Antworten und Diskussionen liefern, mit denen sie wirklich etwas anfangen können.

«Dalli Dalli» (ZDF, 1971-1986)
Bis auf ein paar komödiantische Parodien in Sendungen wie der «Harald Schmidt Show» und einem besser zu vergessenden Versuch mit Andreas Türck 1995 wagte sich niemand nach dem Tod von Hans Rosenthal an eine ernstgemeinte Neuauflage des Spielshow-Klassikers, in dem prominente Kandidaten in Spielrunden sekundenschnell Assoziierungen zu vorgegebenen Wortbegriffen nennen sollten, was nicht selten zu abstrusen Situationen führte. Das genial einfache Konzept lebte natürlich sehr stark vom Moderator selber, weswegen ein Remake sicherlich eine komplett andere Moderationsbesetzung haben müsste, die nicht an den großartigen Rosenthal erinnern dürfte. Einen Versuch wäre eine Neuauflage sicherlich wert, wenn ein fähiger Moderator gefunden wird, der beispielsweise auch aus dem Kabarett-Bereich kommen könnte. Solange dies nicht der Fall ist, erinnern wir uns lieber an die tollen Sendungen mit Rosenthal, die Fernsehgeschichte geschrieben haben.

«Wolffs Revier» (Sat.1, 1992-2006)
Während die deutsche Serie in diesen Monaten weiterhin in einer argen Krise steckt, erinnert man sich gerne an jene Zeit zurück, als klassische deutsche Krimiserien wie «Wolffs Revier» das Publikum in Atem hielten. Letztgenannte Sendung war eines der erfolgreichsten und langjährigsten Programme des deutschen Privatfernsehens: Auf ganze 13 Staffeln und über 170 Folgen hat es die Serie um den Berliner Kriminalhauptkommissar Andreas Wolff gebracht. Wolff wurde gespielt von Jürgen Heinrich, der jahrelang eine einmalige schauspielerische Leistung auf höchstem Niveau ablieferte – nicht nur deswegen wurde die Serie 1993 mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet. Während sich die Anfangsepisoden auch teils mit der Wiedervereinigung Deutschlands und den zwangsläufig in Berlin aufkommenden Problemen befassten, fokussierte sich die Serie später stark auf extreme Kriminalfälle sowie das Familienleben Wolffs und seiner Tochter Verena. Gerade die Ambivalenz des äußerst harten und kalten Kommissars sowie des fürsorglichen Familienvaters machte die Serie einzigartig – einen solch gut geschrieben Charakter wie Wolff hat es selten in der Fernsehlandschaft gegeben. Es war nur konsequent, Wolff im Serienfinale dann sterben zu lassen, wie es sich der Zuschauer manchmal vergeblich von so manchem TV-Kommissar gewünscht hätte.
09.05.2009 09:17 Uhr  •  Jan Schlüter Kurz-URL: qmde.de/34797