Die Kritiker: «In aller Freundschaft» (11x35)

Story
Nachdem Roland seiner Frau Pia den Kuss mit Christina Buchmann gebeichtet hat, hängt bei den Heilmanns der Haussegen schief: Roland und Pia stecken in einer schweren Ehekrise. Während der Vorbereitungen zur 500-Jahr-Feier der Sachsenklinik kommt es in Leipzig zu einem schweren Busunglück. Es gibt viele Schwerverletzte, wahrscheinlich auch Tote. Eine Ausnahmesituation für die ganze Klinik. Als Dr. Martin Stein mit dem Rettungswagen am Unfallort eintrifft, entdeckt er unter den vielen Verletzten Pia Heilmann und deren Enkel Jonas. Beide sind verletzt und müssen in die Klinik eingeliefert werden. Die Ärzte und Schwestern der Sachsenklinik arbeiten bereits am Limit. Roland Heilmann operiert den Busfahrer im Schockraum. Er ist offensichtlich unter schwerem Medikamenteneinfluss gefahren. Die Frau des Busfahrers streitet die Einnahme von Medikamenten jedoch ab und erhebt schwere Vorwürfe gegen Roland, als bei der Operation Komplikationen auftreten. Eine weitere Operation ist erforderlich.

Nun erfährt Roland endlich, dass auch seine Frau und Enkel Jonas in die Klinik eingeliefert wurden. Bei Jonas wird eine Blutung unter der Schädeldecke festgestellt. Roland muss die Entscheidung treffen, wen er zuerst operieren soll: den Busfahrer oder seinen Enkel. Pia, die nur leichte Verletzungen hat, erkennt Roland nicht. Roland vermutet einen Schock. Die Frau des Busfahrers setzt Roland weiter unter Druck und droht mit rechtlichen Schritten, so dass Prof. Simoni sich gezwungen sieht, Roland vorübergehend vom Dienst zu entbinden. Roland bangt um das Leben von Jonas und muss bestürzt feststellen, dass Pia ihr Gedächtnis verloren hat …

Darsteller
Marianne Sägebrecht («Immer Wirbel um Marie») ist Helga Schulze
Iris Böhm («Die Sitte») ist Christina Buchmann
Luca Zamperoni («GG 19») ist Freddy Kerr
Karsten Kühn ist Jakob Heilmann
Anthony Petrifke («Polizeiruf 110: Verstoßen») ist Jonas Heilmann
Ella Zirzow («Tatort: Die Falle») ist Lisa Schroth
Dieter Bellmann («Zwischen Licht und Schatten») ist Prof. Dr. Gernot Simoni
Thomas Rühmann («Die Kinder meiner Braut») ist Dr. Roland Heilmann
Hendrikje Fitz («Ripley’s Game») ist Pia Heilmann

Kritik
Dramaturgisch gesehen fällt die Doppelfolge anlässlich des zehnjährigen Jubiläums von «In aller Freundschaft» geradezu desaströs aus. Denn die Geschichte um einen Chirurgen, dessen nahe Familienangehörige (in diesem Fall Enkel und Ehefrau) in seine Klinik eingewiesen werden, wurde nicht nur von Hollywood schon dutzendfach erzählt. Viel Neues lässt sich in „Atemlos“ und „Wie Fremde“ also nicht entdecken, denn auch der Plot um den zugedröhnten Busfahrer, der die ganze Katastrophe auslöst, ist ungeheuer fadenscheinig. Außerordentlich soapig war «In aller Freundschaft» ja schon immer, doch die Geschichte um Pias Amnesie ist geradezu wie aus dem Handbuch für klischeehaftes Serienschreiben gegriffen.

Weichgespült bis zum Erbrechen kommen auch die Protagonisten daher. Die beiden Hauptfiguren, Roland und Pia Heilmann, sind zwar auch äußerst stupide gestaltet, aber immerhin noch glaubwürdig und sogar einigermaßen liebenswert, was nicht zuletzt an Thomas Rühmann und Hendrikje Fitz liegt. Für all die anderen Charaktere lässt sich das leider nicht sagen. Denn bei denen ist wirklich nichts vorhanden, was ihnen auch nur ein Fünkchen Individualität oder Identifikationspotential verschaffen würde.

Langweilig und einfallslos ziehen sich Plot und Konflikt durch die Doppelfolge und am Schluss ist alles wieder gut. Immerhin hat man es geschafft, diese eineinhalb Stunden von Handlungssträngen um Alltagsproblemchen freizuräumen, die sonst stets einen tragenden Teil der Folge einnehmen. Doch die Nummer mit dem Busfahrer ist und bleibt eine idiotische Idee. Zunächst einmal stellt sich die Frage, warum der Busfahrer nicht einfach stehen bleibt, anstatt im Slalom um ein Dutzend Autos zu fahren und bei jedem Bewegung fast den Bus auf die Seite zu legen. Die etwas interessantere Frage ist aber, warum Pia ihren Enkel erst kurz vor einem Zusammenstoß mit dem Bus von der Straße wegzieht und nicht schon vorher, nachdem sie eine gefühlte Ewigkeit mit angesehen hat, wie das Gefährt anrast.

Zum Jubiläum gibt es bei «In aller Freundschaft» also Plot-Holes am laufenden Band, gewürzt mit schlechten Dialogen und langweiligen Pseudokonflikten. Das einzig prickelnde an der Serie ist wahrscheinlich der Vorspann. Zehn Jahre «In aller Freundschaft» sind zehn Jahre zu viel.

Die ARD strahlt das zehnjährige Jubiläum am Dienstag, 26. Oktober 2008, um 20.15 Uhr aus.
27.10.2008 15:15 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/30625