Weißt du noch? Als RTL «Verschollen» war

Nett gemeint, schlecht produziert: So könnte man den RTL-Flop «Verschollen» in aller Kürze beschreiben. Mitte September 2004 startete RTL eine neue Weekly Soap, die auf einer Insel spielt. Der Erfolg blieb aus.



20 Überlebende eines Flugzeugabsturzes retten sich auf ein unbewohntes Eiland und versuchen zu überleben. Gerade einmal 28 Folgen alt wurde die „innovative“ Serie – die Zuschauer liefen weg. Und das nach einem eigentlich sehr guten Start für die Abenteuer-Serie: 4,51 Millionen Zuschauer verfolgten den Piloten der Serie am 13. September 2004. Eigentlich verliefen die ersten Wochen recht gut – bis dann der Einbruch kam.



Quelle: RTLWarum sich «Verschollen» allerdings recht lange über Wasser halten konnte, fragen sich viele, die einmal in die Serie reingeschaut haben. Die „Insel“ wurde in einem Studio aufgebaut und mit viel Feingefühl wurde anscheinend nicht gearbeitet, denn das Set war alles andere als authentisch. Zu allem Überfluss wurde auch noch mit der BlueBox gearbeitet – und das mehr schlecht als recht. Dass die Serie nur 28 Folgen erleben durfte, ist da nicht verwunderlich.



Kritisch wurde es, als auch noch «Lost» auf ProSieben startete. Es war wie «Verschollen» – nur in gut. Ordentlich produziert und um ein Vielfaches hochwertiger als das RTL-Produkt. Durch die erschreckenden Ähnlichkeiten brach natürlich auch eine große Diskussion vom Zaun: Was war zuerst da? «Lost» oder «Verschollen»? Viele versuchten RTL den schwarzen Peter zuzuschieben, aber klare Verhältnisse konnte man nie schaffen.







Dennoch käme ein Szenario rein logisch schon in Betracht: Da die Produktion von «Lost» immense Geldsummen verschlingen wird, schrieb ABC vor Produktionsbeginn ausländische Sender an, die vielleicht mit ABC kooperieren wollen – um Geld zu sparen. Auch RTL erhielt eine Anfrage, lehnte eine Koproduktion jedoch ab. Dennoch empfand man die Idee als genial und produzierte den Plot in ähnlicher Form dann gleich selbst. Doch das ist alles reine Spekulation – aber die logischste aller Erklärungen.



Quelle: RTLOb es in diesem Fall ein „Abklatsch“ oder eine „Kopie“ wäre, ist streitbar – denn alle Episoden der RTL-Serie wurden schon ab November 2003 gedreht, produziert wurden die Folgen demnach vor der Weltpremiere von «Lost» in den USA am 22. September 2004. Demnach war nie klar, ob «Lost» ein Erfolg in den USA wird, den RTL hätte kopieren können. Man hätte damit die Idee vom ABC-Papier mit eigenen Charakteren bestückt und ohne Mystery auf den Schirm gebracht. Dass ABC und RTL zur gleichen Zeit die gleiche Idee haben, ist nahezu ausgeschlossen.



Mit Blick auf die Quoten stellt man fest: In den ersten sechs Wochen konnte man noch mehr als drei Millionen Zuschauer am Montagabend um 22.15 Uhr erreichen. Die Marktanteile waren anfangs auch angenehm hoch, zwei Mal konnte sogar die 20-Prozent-Marke geknackt werden. Doch als die Zuschauer ebenfalls verschollen waren, durften die Insulaner nun donnerstags um ihr Leben bangen. Besser wurde es dort allerdings nicht – am 07. April 2005 wurde die letzte Folge gezeigt. Hart, dass ProSieben drei Tage zuvor mit «Lost» einen absoluten Hit landete.
22.03.2008 10:33 Uhr  •  Fabian Böhme Kurz-URL: qmde.de/26189