Quotenmeter Drehbuchwettbewerb: Aller Anfang ist schwer
„Ideen zu haben ist himmlisch, sie auszuarbeiten die Hölle“. So beschrieb Maurice Maeterlinck das Leben eines Drehbuchautors. Und damit hat er den Nagel auf den Kopf getroffen.
Ein Drehbuch für einen Film oder eine Fernsehserie unterscheidet sich deutlich von einem Roman. Drehbuchautoren schreiben wenig und schaffen es, zwei Stunden Film auf etwa 120 Seiten zu bringen. Doch sie kontrollieren das, was sie geschrieben haben immer und immer wieder. Es sind Filme bekannt, deren Drehbücher mehrere dutzend Male umgeschrieben worden sind. Manche Skripte liegen erst jahrelang in der Schublade, bevor sie endlich von einem Produzenten gelesen werden. Bei anderen Filmen (zum Beispiel «Casablanca» oder «Manche mögen‘s heiß» wurde schon mit den Dreharbeiten begonnen als das Buch gerade einmal zur Hälfte fertig war. Denn von der Grundidee zum fertigen Film liegt ein langer, steiniger und schweißtreibender Weg.
An dieser Stelle soll nicht weiter erklärt werden, wie man überhaupt ein Drehbuch schreibt, weil es dazu schon mehr als genug Fachliteratur gibt. Wer sich noch mit den Grundlagen auseinander setzen möchte oder muss, bevor er sich hinter den Schreibtisch klemmt und seine erste Szene zu Papier bringt, kann sich aus Büchern von Syd Field („Drehbuchschreiben für Film und Fernsehen“, „The Screenwriter‘s Workbook“), Linda Seger („Making a Good Script Great“, „The Art of Adaption“), Viki King („How to Write a Movie in 21 Days“), Dagmar Benke („Freistil – Dramaturgie für Fortgeschrittene und Experimentierfreudige“) und vielen anderen informieren. Vielmehr möchte soll erwähnt werden, was ein 08/15-Drehbuch von einem Geniestreich und damit auch einen Durchschnittsfilm von einem Oscar-Preisträger unterscheidet. Denn meist entscheidet sich schon in der Drehbuchphase, ob am Schluss ein guter oder schlechter Film herauskommt.
Doch wie soll man überhaupt loslegen? Schon bei dieser Frage scheiden sich die Geister. Während sich Billy Wilder und sein Co-Autor I. A. L. Diamond immer nur über ihre Filmidee unterhielten und das Erste, was sie zu Papier brachten, die erste Seite des Drehbuchs war, arbeitet James Cameron seine Ideen erst gründlich in etwa 40-seitigen „Scriptments“ (also eine Mischung aus „Treatment“ und „Script“) aus, bevor er mit dem Schreiben des Drehbuchs beginnt. Um es kurz zu machen: Meist ist es einfacher, wenn man seine Idee zunächst einmal formlos niederschreibt, bevor man sich ans Script macht. Denn ein fertiges Drehbuch umzuschreiben macht viel Arbeit, während man in einem Abriss von ein paar Seiten noch leicht und schnell eine Kurskorrektur vornehmen kann, wenn man sieht, dass die Geschichte so nicht funktioniert. Eine gute Art, grobe Filmideen auszuarbeiten, bietet folgende Methode der amerikanischen Drehbuchdozentin Viki King. Sie nennt sich „Der Acht-Minuten-Film“.
Schließen Sie dazu die Augen und vertreiben Sie alle lästigen Gedanken aus dem Kopf. Lassen Sie den Film vor Ihrem inneren Auge ablaufen. Was passiert? Wie verhalten sich die Hauptfiguren? Welche Emotionen weckt das Geschehen? Wenn Sie sich Ihren Film zu Ende angesehen haben, öffnen Sie nun die Augen und schreiben Sie alles, was Sie gesehen haben, nieder. Der Haken: Sie haben nur acht Minuten Zeit, um alles aufzuschreiben. Denken Sie nicht, sondern verlassen Sie sich auf Ihre Emotionen. Schreiben Sie schlecht. Erlauben Sie sich Fehler. Niemand außer Ihnen wird es je zu Gesicht zu bekommen und später können Sie immer noch Korrekturen vornehmen. Wichtig ist nur, dass Sie nicht denken und die ganzen acht Minuten lang schreiben. Lassen Sie sich durch nichts stören. Es geht nur darum, Ihre Idee schnellstmöglich zu Papier zu bringen. Diese Methode funktioniert, da Menschen, wenn der Verstand nicht störend dazwischen funkt, unbewusst Ereignisse und Gefühle hochrechnen können, um abzuschätzen, was einem bevorsteht. Beim „Acht-Minuten-Film“ wird diese Eigenschaft des menschlichen Geistes auf fiktive Figuren übertragen und der Verstand durch Schnelligkeit ausgeschaltet. Wenn Sie diese ganzen acht Minuten lang geschrieben und nun einen Abriss Ihrer Geschichte vor sich liegen haben, dann ist alles richtig gelaufen.
Nun können Sie Ihre Geschichte verbessern. Sie können unwichtige Nebenfiguren, die keinem dramaturgischen Zweck dienen und nur vom Plot ablenken, streichen und neue Charaktere erfinden. Sie können nichtssagende Szenen streichen und bestehende Szenen verbessern. Sie können die dramatische Handlung spannender gestalten, indem Sie dafür sorgen, dass für den Helden oder die Heldin Ihres Films mehr auf dem Spiel steht. Vor allem Action-Filme zeichnen sich dadurch aus, dass für die Figur besonders viel auf dem Spiel steht und sie alle Mittel ergreifen muss, um etwas zu bewirken oder zu verhindern. Tüfteln Sie neue Plot-Twists aus. Probieren Sie Neues und Ihre Geschichte wird es Ihnen danken. Um es mit Marilyn Monroe zu sagen: „Make it big, make it strong, give it class!“