Sonntagsfragen an Peter Kloeppel (Teil II)

RTL-Chefredakteur Peter Kloeppel sprach mit Quotenmeter.de über das Thema Konstanz in Sachen Nachrichtenpräsentation, den einstigen Erfolg der «Sat.1 News» und nahm Stellung zur geplanten Ausweitung des ARD-Nachrichtenkanals EinsExtra.

Lassen Sie uns doch einmal rund eineinhalb Jahre zurückblicken. Damals waren die «Sat.1 News» nicht nur quotentechnisch, sondern auch inhaltlich auf dem Vormarsch. Hatten Sie da hin und wieder etwas Bauchweh, wenn Sie die Erfolge von Thomas Kausch angesehen haben?
Wir hatten damals eine andere Situation als heute. Der Erfolg der Sat.1-Nachrichten war sehr stark durch den Vorabend-Einstieg um 18 Uhr mit «Lenßen und Partner», vor allem aber durch «Verliebt in Berlin», bedingt. Wir wussten, dass diese Telenovela mit ihrer Haupt-Storyline nach gut einem Jahr ausläuft, und wir waren ziemlich sicher, dass eine Fortsetzung OHNE die zum Schwan gereifte Alexandra Neldel nicht die gleichen Quoten bringen wird. Klar war: wenn mit «ViB» das Herzstück dieser Strecke ausfällt, dann kracht das gesamte Gebilde zusammen. Und so kam es ja auch im Herbst 2006. Wirklich mulmig war uns also nie. Und selbst Roger Schawinski bilanziert in seinem Buch: „Ernüchtert stellten wir fest, dass wir die Strahlkraft unserer News-Sendung überschätzt hatten“.

Klingt erstaunlich gelassen…
Soll es aber nicht. Wer glaubt, dass man sich im Nachrichtengeschäft auf Erfolgen von gestern ausruhen kann, der fliegt ganz schnell auf die Nase. Wir haben immer mit größtem Elan an unserer Sendung gearbeitet, egal ob Thomas Kausch erfolgreich war oder nicht. Aber ich gebe gerne zu: der zwischenzeitliche Erfolg von Sat.1 hat uns auch angespornt, zukünftig noch besser zu werden.

Thema Konstanz: Ist das wichtig für eine Nachrichtensendung, dass da möglichst jeden Abend derselbe Mensch sitzt und über aktuelle Dinge berichtet?
Unserer Meinung nach ist das überaus wichtig. Nicht umsonst setzen wir bei allen unseren Sendungen auf wenige, feste Gesichter. Egal ob «Punkt 6», «Punkt 12» oder «Nachtjournal». Die Zuschauer können sich mit den Präsentatoren identifizieren. Jeder Moderator prägt seine Sendung – und das ist ungemein wichtig. Von dieser Philosophie werden wir auch nicht abrücken.

Ein Thema müssen wir dringend ansprechen. Nach der Entlassung von Thomas Kausch bei Sat.1 und der Einstellung der Nachtnachrichten dort, kam bei manchen Zuschauern das Gefühl auf, Sat.1 würde überhaupt keine Nachrichten mehr senden. Und die Verschiebung der Nachrichten bei ProSieben und kabel eins tat ihr übriges, um Privat-Nachrichten nicht im besten Licht erscheinen zu lassen. Hat das RTL Ihrer Meinung nach eher genutzt oder eher geschadet?
ARD und ZDF haben vor allem in diesem Sommer versucht, private Medien in die Ecke der Informationsverweigerer zu drängen. Dabei stecken wir in der RTL-Gruppe sehr viel Geld in diese Programme. Es ist also beileibe nicht so, dass öffentlich-rechtliche Sender allein Nachrichten-Kompetenz bei sich bündeln. Ohnehin stelle ich fest, dass die Zuschauer bei ihrem Einschaltverhalten immer seltener differenzieren zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Fernsehen. Sicher fühlen sie sich von dem einen Sender mehr und von dem anderen Sender weniger angesprochen; aber vor allem wollen sie Sendungen und Gesichter sehen, die sie interessieren. Und bei der Auswahl wechseln die Zuschauer sehr entspannt zwischen den Systemen.

Dennoch ist es auffallend, dass gerade die Sender, die beim Gesamtpublikum eine geringere Rolle spielen, ihre Nachrichten gekürzt und verschoben haben. Nicht nur ProSieben und kabel eins, sondern auch VOX.
Für die Kollegen von ProSieben und kabel eins kann ich nicht sprechen. VOX hat nicht gekürzt, dort laufen weiterhin 25 Minuten Nachrichten jeden Tag, und zwar durchaus erfolgreich. Und nehmen Sie doch einmal RTL II: Bei den ganz jungen Zuschauern zwischen 14 und 29 Jahren fahren die Kollegen einen höheren Marktanteil ein als die «Tagesschau» in der ARD.

Gehören Nachrichten denn nicht mehr in den Vorabend?
Ich finde sie zu allen Zeiten wichtig – eben auch am späteren Abend, und deswegen gefallen mir dort die VOX-Nachrichten sehr gut. Sie komplettieren damit auch das VOX-Programm, das ohnehin schon einen hohen Anteil an Info-Magazinen aufweist.

Ilka Eßmüller wechselt in wenigen Wochen ins «Nachtjournal» - wieso ist Ihre Wahl auf sie gefallen und wer vertritt Sie zukünftig in den Hauptnachrichten, wenn Sie mal nicht da sind?
Die Wahl ist auf Ilka Eßmüller gefallen, weil sie seit rund 15 Jahren als Redakteurin, Reporterin und Moderatorin für uns arbeitet und einen richtig guten Job macht. Sie entspricht damit genau unserem Anforderungsprofil: Wir haben jemanden gesucht, der Nachrichten rundum glaubwürdig präsentieren kann. Und was mich angeht: Wenn ich im Urlaub bin oder am Wochenende werden an meiner Stelle weiterhin Ann-Kathrin Schröder oder Lothar Keller im Studio sein. Hier gibt es also keine dramatischen Veränderungen.

Die beiden dürfen dann also auch einmal unter der Woche dran.
Ja.

Frau Schäferkordt hat vor einigen Wochen schon ihre Meinung kund getan. Was denken Sie über die Pläne der Öffentlich-Rechtlichen, den Sender EinsExtra weiter auszubauen?
Ich habe grundsätzliche Bedenken gegen diesen durch Gebühren subventionierten Wildwuchs, den wir bei den neuen öffentlich-rechtlichen Angeboten sehen. Schauen wir uns ARD-EinsExtra an: Das ist ein reinrassiger Nachrichtenkanal, der – komfortabel gepolstert mit vielen Millionen Euro Gebührengeldern - in direkte Konkurrenz tritt zu einem Sender wie n-tv, der voll den Wettbewerbs-Mechanismen des Marktes ausgesetzt ist.

Zum Glück wird derzeit die Frage gestellt, wie weit diese ganzen Angebote zum Grundversorgungsauftrag öffentlich-rechtlicher Sender gehören, genauso wie die verschiedenen Online-Plattformen von ARD und ZDF. Wir befinden uns hier in einer politischen Diskussion, die noch nicht abgeschlossen ist, aber in der es um nicht weniger als die Überlebensfähigkeit privater Sender im Dualen System geht.

Wie sehen denn arbeitsfreie Tage bei Peter Kloeppel aus? Kommt es vor, dass Sie am Wochenende von der Redaktion angerufen werden und Dinge entscheiden sollen?
Das passiert eher selten, unsere CvDs arbeiten und entscheiden sehr selbständig – und das ist auch gut so. Teilweise rufe ich aber selbst an, um mich zu informieren, was so geplant ist und wo die Schwerpunkte der Abendsendung liegen. Ich bin sieben Tage in der Woche Chefredakteur des Senders, nicht nur fünf – und da kann man nicht sagen, dass man mit Sendungen am Wochenende nichts zu tun haben will. Involviert bin ich also ständig, außer ich bin wirklich einmal im Urlaub in anderen Ländern oder einen ganzen Tag nicht zu Hause.

Gibt es eine Meldung, die Sie in den vergangenen Wochen und Monaten ganz besonders bewegt hat?
Schwierige Frage. Es prasselt jeden Tag eine unglaubliche Menge an Nachrichten auf mich ein. Im Nachhinein fällt es dann oft schwer zu bewerten, was besonders gut oder beeindruckend war. Für mich ist es eher wichtig, dass wir unseren Zuschauern durch die Nachrichten eine gewisse Orientierung ermöglichen. Ich freue mich aber auch immer, wenn ich als Reporter nach draußen gehen kann. So wie vor ein paar Wochen, als ich einen ostdeutschen Unternehmer getroffen habe, der aus den Scherben eines volkseigenen Betriebes eine florierende Firma gemacht hat. Oder wenn wir unsere ganze Sendung „on location“ von einem Großereignis wie jüngst dem G-8-Gipfel in Heiligendamm bringen. Dort hatte ich sogar die Möglichkeit, mich zwischendurch mal aufs Motorrad zu schwingen und direkt zu den Sitzblockaden der Gipfel-Kritiker zu fahren. So habe ich nicht nur Politiker-O-Töne gehört, sondern konnte auch mit Polizisten, Anwohnern und Demonstranten sprechen. Für meine Moderationen sind solche Eindrücke aus erster Hand extrem wichtig.

Haben Sie eine Lieblingssendung?
Von den eigenen News-Sendungen, die wir hier machen, einmal abgesehen: Ich schaue gerne «Wer wird Millionär?» mit Günther Jauch. Am Sonntag sehe ich sehr gerne bei VOX «Das perfekte Promi Dinner» und bei uns im eigenen Programm begeistert mich auch «Rach, der Restauranttester».

Schauen Sie viel fern?
Eher nicht. Das liegt daran, dass ich auch hier im Büro den ganzen Tag fünf Monitore vor mir habe. Da bin ich ganz froh, wenn ich abends mal ein gutes Buch lesen kann. Oder ich unterhalte mich bei einem schönen Glas Rotwein mit meiner Frau.

Gibt es eine Sendung, bei der Sie sofort weiterschalten?
Na klar, aber an die kann ich mich dann auch nicht erinnern.

Gibt es eine Person, die Sie gerne einmal treffen würden, bisher aber noch nicht getroffen haben?
Ich würde sehr gerne den Präsidentschaftskandidaten der US-Demokraten Barack Obama treffen, von dem ich im Übrigen gerade zwei Bücher lese. Die sind spannend und sehr flüssig geschrieben. Obamas Vater stammt ja aus Kenia, seine Mutter aus Amerika. Er schreibt, wie er sich im Amerika der 70er und 80er Jahre weiterentwickeln konnte, und wo er auf Widerstände traf wegen seiner Hautfarbe. Ich kann das Buch nur empfehlen. Mit ihm würde ich mich gerne einmal auf ein Glas Bier treffen – aber logischerweise auch aus professionellen Gründen (lacht).

Herr Kloeppel, ich wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft und bedanke mich für das Interview.
21.10.2007 09:40 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/23007