Die Kritiker: «Post Mortem: Alte Wunden»

Story:
Mark Prager, der vor sechs Jahren durch Dr. Kochs DNA-Test überführt und verurteilt wurde, entkommt bei einem Krankenhausaufenthalt. Damals hatte er brutal einen Juwelierladen überfallen, eine Kundin angeschossen und eine Verkäuferin als Geisel genommen, in ein Silo geworfen und verbrannt. Koch und seine Familie werden unter Polizeischutz gestellt, da Prager vehement Rache geschworen hat. Fieberhaft sichtet das Team der Rechtsmediziner die alten Unterlagen und Proben sowie die Videoaufnahmen der Überwachungskamera aus dem Juweliergeschäft.

Plötzlich taucht ein Päckchen im Institut auf, das alle Theorien über Pragers Flucht in Frage stellt. Fein säuberlich eingerahmt findet sich in dem Paket ein abgetrenntes und konserviertes Stück Haut mit einem Skorpiontattoo, das eindeutig von Prager stammt. Wer will sich an Koch und Krause für ihr damaliges Versagen bei der Befreiung der Geisel rächen? Der alte Konflikt zwischen Koch und Krause bricht auf. Ein grausamer Countdown zwingt sie dann letztlich doch zur Zusammenarbeit.

Darsteller:
Hannes Jaenicke («Abwärts») ist Dr. Daniel Koch
Anne Cathrin Buhtz («Ratten 2 – Sie kommen wieder!») ist Dr. Vera Bergmann
Charlie Hübner («Blackout – Die Erinnerung ist tödlich») ist Dr. Thomas Renner
Mirko Lang («Das Wunder von Bern») ist Frederick Peyn
Therese Hämer («Stromberg») ist Dr. Carolin Moritz
Tilo Nest («Obsession») ist Kommissar Brandt

Kritik:
Am Donnerstag geht sie also zu Ende, die neue deutsche Serien-Hoffnung von RTL. Ob sie für immer zu Ende geht, steht unterdessen noch nicht fest. Über die Quoten wurde bereits zu Genüge berichtet, die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Wenn aus einem Premierenpublikum von 5,7 Millionen Menschen nach wenigen Wochen nur noch rund drei Millionen werden, dann ist irgendetwas schief gelaufen.

Was genau daneben gegangen ist, wird RTL nun herausfinden müssen und sich fragen, ob man genau diese Kritikpunkte in einer möglichen zweiten Staffel abstellen kann. Das Übel ist unter den Fans offenbar schnell ausgemacht. Die unruhige Kameraführung, hektisches Zoomen – möglicherweise noch die dunklen Büroräume werden in der Negativliste aufgeführt. RTL hat für die letzte Folge der ersten Staffel Besserung versprochen was die Kameraarbeit betrifft. Nicht Thomas Jauch, der die ersten fünf Episoden drehte, sondern Regisseur Florian Froschmeyer war für die Finalfolge verantwortlich.

Der Anfang beginnt überaus actionreich. Schnelle Schnitte, keine Zooms - das ist bei dieser Geschwindigkeit auch nicht nötig. Überfall auf einen Juwelier – eine Frau stürmt aus dem Laden – ein Schuss – die Frau wird niedergestreckt. Der Täter stürmt aus dem Gebäude – samt Geisel. In Großaufnahme ist das verängstigte Gesicht der Frau zu sehen, der Gangster packt sie in ein Auto, rast davon. Zoom auf die Radkappen.

Danach kann der Zuschauer erst einmal durchatmen. Künstlerisch wertvoll war der Start in jedem Fall, die Hektik eines solchen Überfalls dringt bis zum Zuschauer durch, eben auch weil die Kameraarbeit unruhig ist. Doch dann verfällt auch Regisseur Froschmeyer ins Jauch’sche – und von Zuschauern kritisierte - Schema. Zu sehen ist ein Gefangenentransport – nichts Spektakuläres, sondern etwas, das täglich in Deutschland stattfindet. Die Kamera filmt zunächst die gesamte Szene, zoomt dann allerdings heftig auf den Gefangenen heran. Fans, die bereits in den vergangenen Folgen von „Schwindelgefühlen“ und Co sprachen, werden wohl nach dieser Einstellung erneut zur Tastatur greifen und sich wundern, warum man auf dieses Mittel zurückgegriffen hat, obwohl doch nichts wirklich tolles, atemberaubendes passiert ist.

Nach dem Betrachten der gesamten Episode kann jedoch gesagt werden: In der Tat wirkt die Kameraarbeit in der Regel ruhiger, einige Zooms, die man von anderen Produktionen nicht kennt, sind jedoch trotzdem vorhanden. So arg wie in den ersten Folgen fällt dies – bis auf den hektischen Anfang – aber nicht aus. Ohnehin kann die neuartige Kameraführung nicht nur verteufelt werden. Es war zumindest ein Versuch wert, eine schnell erzählte und schnell geschnittene Serie auch mit einer neuartigen Kameraarbeit zu verbinden.

An einem kann der Quotenschwund in jedem Fall nicht liegen: An den Drehbüchern, denn die sind – wie auch das Finale beweist – erste Sahne. In der neunten Episode wird nur ein Fall behandelt, ein Fall, der unter die Haut geht und der zum echten Härtetest für Dr. Koch (Hannes Jaenicke) wird. Ohnehin hat sich das Team im Laufe der Staffel „eingegroovt“. Vieles, was in der Premierenfolge noch unklar war, wurde aufgelöst, verschiedene Verhaltensweisen bekamen so einen Sinn. Alles in allem darf demnach gesagt werden, dass die Autoren in Sachen Charakterarbeit durchaus gute Arbeit geleistet haben.

Eigentlich ein Jammer für die Macher: Da hat man tolle Geschichten entwickelt und dennoch flieht das Publikum – nur wegen der Kamera? Sollte dies das einzige Problem der Serie sein, dürfte einer Fortsetzung nichts im Wege stehen. So könnte die Produktion einfach auf das Wackeln und Zoomen verzichten. Alles ist allem ist die neunte Folge von «Post Mortem» überaus sehenswert und kann von der Story her mit absoluter Sicherheit mit «CSI» und Co. mithalten.

RTL zeigt die vorerst letzte Folge der Serie («Alte Wunden») am Donnerstag, dem 15. März 2007, um 20.15 Uhr. Über eine zweite Staffel des Formats wurde noch nicht entschieden.
14.03.2007 10:20 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/19210