Nach den Feiertagen hält Gewohnheitsfernsehen Einzug in den Samstagabend im ZDF.
Stab
Darsteller: Picco von Groote, Tom Radisch, Barnaby Metschurat, Marie Schöneburg, Wolf Bachofner, Christian Ahlers
Schnitt: Martin Rahner
Musik: Jessica de Rooij
Kamera: Simon Schmejkal
Drehbuch: Carola M. Lowitz
nach dem gleichnamigen Roman von Klaus-Peter Wolf
Regie: Katrin Schmidt«Ostfriesenhölle» ist ein Film, der genau weiß, was er sein will – und gerade darin liegt seine größte Stärke wie auch seine auffälligste Schwäche. Regisseurin Katrin Schmidt inszeniert den Thriller nach dem Roman von Klaus-Peter Wolf mit routinierter Hand und einem deutlichen Gespür für die Mechanik des Fernsehkrimis. Doch wo handwerkliche Präzision dominiert, bleibt das Risiko gelegentlich auf der Strecke. Das Ergebnis ist ein sauber gebauter, nicht ganz unspannender, aber auch erstaunlich braver Film, der seine emotionale Wucht eher behauptet, als sie wirklich freizusetzen.
Der Einstieg gelingt überzeugend, wenn auch etwas hektisch: Der Tod des 15-jährigen Cosmo am Strand von Langeoog, sterbend in den Armen seiner Mutter, ist eine jener Szenen, die das Versprechen eines kompromisslosen Thrillers geben. Die Kameraarbeit von Simon Schmejkal fängt das Nordsee-Setting mit kühler Nüchternheit ein, vermeidet Postkartenromantik und setzt stattdessen auf graue Weite und eine fast feindselige Natur. Diese Bilder tragen den Film weit, gerade in den ersten Minuten, wenn Trauer, Schuldzuweisung und drohende Gewalt ineinander greifen.
Cécile Gujer als Sabine Schnell verleiht der verzweifelten Mutter eine beunruhigende Intensität. Ihr Rachefeldzug gegen Marvin, den besten Freund ihres Sohnes, den sie für seinen Tod verantwortlich macht, wirkt emotional nachvollziehbar, auch wenn das Drehbuch von Carola M. Lowitz hier recht schnell in bekannte Thrillerbahnen einbiegt. Sabines bald darauf erfolgter Tod – erstochen in einer Sauna – ist dramaturgisch effektiv, aber auch symptomatisch für den Film: Ein starkes Motiv wird eher als Plotbeschleuniger genutzt denn als psychologischer Resonanzraum.
Mit der Entführung von Marvin und der sich daran anschließenden Erpressung seines Großvaters, des amtierenden Innenministers, öffnet «Ostfriesenhölle» sein thematisches Feld noch einmal deutlich. Plötzlich geht es um V-Männer, staatliche Geheimnisse und internationale Kriminalität. Bernhard Schütz spielt den Innenminister als kontrollierten Machtmenschen, dessen Fassade langsam Risse bekommt. Das ist gut beobachtet, bleibt aber stets im Rahmen des Erwartbaren. Wirklich gefährlich oder moralisch ambivalent darf diese Figur nie werden – dafür ist der Film zu sehr auf klare Rollenverteilungen bedacht.

Im dramaturgischen Zentrum steht derweil Ann Kathrin Klaasen, gespielt von Picco von Groote, die ihre Figur mit gewohnter Mischung aus Hartnäckigkeit und Empathie ausstattet. Klaasen ist zäh, unbeirrbar, manchmal fast übermenschlich ausdauernd – eine Ermittlerin, die sich weder von politischen Hierarchien noch von internationalen Verflechtungen stoppen lässt. Das funktioniert innerhalb der Logik dieser Reihe, wirkt aber zunehmend formelhaft.
Am Ende bleibt somit ein Film, der unterhält, Spannung erzeugt und sein Publikum sicher durch knapp anderthalb Stunden Thrillerstoff führt. Doch «Ostfriesenhölle» kratzt dabei beständig nur an der Oberfläche seiner großen Themen: Schuld, Machtmissbrauch, staatliche Verantwortung. Statt diese Abgründe auszuleuchten, begnügt sich der Film mit einem kontrollierten Blick hinein. Das ist nicht schlecht, aber eben auch nicht so beklemmend, wie es hätte sein können.
Der Film «Ostfriesenhölle» wird am Samstag, den 27. Dezember um 20.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt.