Weihnachten in der Turnhalle: Ulli Baumann über «Eine fast perfekte Bescherung»

Regisseur Ulli Baumann erklärt, warum für ihn eine Berliner Turnhalle, ein Evakuationsszenario und ein gemischtes Stadtviertel den idealen Rahmen für eine besondere Weihnachtsgeschichte bilden.

Mit «Eine fast perfekte Bescherung» zeigt das ZDF am Sonntag, 14. Dezember, einen neuen «Herzkino»-Fernsehfilm, der Weihnachten unter ungewohnten Vorzeichen erzählt. Statt heimeligem Wohnzimmer spielt die Handlung in einer Sporthalle: Eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg wird im Berliner Landwehrkanal entdeckt, die umliegenden Anwohner werden am Heiligabend evakuiert – und eine Gruppe völlig unterschiedlicher Menschen muss die Feiertage gemeinsam in einer Turnhalle verbringen. Regie führte Ulli Baumann, der seit Jahrzehnten zu den erfahrensten TV-Regisseuren in Deutschland zählt und viele Ensemble-Komödien und Familienfilme verantwortet hat.

Baumann beschreibt die Grundidee des Films als eine Art „Mix eines ganzen Berliner Stadtviertels“. Besonders reizvoll sei für ihn gewesen, „zu beobachten, wie Menschen mit den verschiedensten Hintergründen ungewollt aufeinandertreffen“. Genau diese Konstellation bildet das Zentrum des Films: Weihnachtsmuffel, gläubige Menschen, Andersgläubige, Familien mit Routine, Paare mit Konflikten und Einzelpersonen, die sich bewusst oder unbewusst in der Menge verlieren wollen. Der Film nutzt die eingeschlossene Situation, um zu zeigen, wie Menschen reagieren, wenn sie ihre eigenen Pläne aufgeben müssen und plötzlich in einer unfreiwilligen Gemeinschaft landen.

Das Drehbuch stammt von Regine Bielefeldt, die laut Baumann „eine wundervolle Vorlage geschrieben“ hat. Das Script sei warmherzig, aber auch pointiert – und diene als stabile Basis für die Tonalität des Projekts. Baumann betont, dass sich bereits bei gemeinsamen Lesungen sehr schnell herausgestellt habe, wie der Film klingen und wirken soll: „Regine ist in allen Genres sehr stilsicher. Wir wussten rasch, wie wir die Balance gestalten.“ Die Tonalität sei ihm deshalb wichtig gewesen, weil der Film Komödie, Romanze und Familiendrama miteinander verbindet, jedoch ohne ins Klamaukhafte oder ins rein Sentimentale abzugleiten.

Ein wiederkehrendes Thema in Baumanns Aussagen ist die Frage nach Kommunikation. Die Figuren im Film greifen kaum zum Smartphone – eine bewusste Entscheidung. „Alles, auch die Komödie, hat einen ernst zu nehmenden Hintergrund“, sagt er. Gerade weil die Menschen sich im Film „real und wenig per Mobilphone“ austauschen, sei es wichtig gewesen, die Dialoge „möglichst charakternah und somit glaubwürdig“ zu gestalten. Die Handlung nutzt also die Einschränkungen des Evakuierungsszenarios, um eine unmittelbare, direkte Form des Miteinanders abzubilden.

Ein dramaturgischer Schwerpunkt sind die verschiedenen Konflikte, die sich im Laufe des Abends entwickeln. Baumann sagt dazu: „An Weihnachten kommt die Familie geballt zusammen. Da ist es nahezu vorprogrammiert, dass Probleme, die sich im Laufe des Jahres aufgestaut haben, besprochen werden.“ Der Film nutzt das Weihnachtsfest als Brennglas für Themen, die in Beziehungen und Familien ohnehin existieren, aber im Alltag oft überlagert werden.

Die Umsetzung war logistisch anspruchsvoll, da fast alle Szenen in der Turnhalle spielen und zahlreiche Figuren gleichzeitig im Bild sein müssen. Baumann erklärt: „Das war die Schwierigkeit beim Dreh. Es waren natürlich nicht an jedem Drehtag alle Schauspieler vor Ort. Wir mussten des Öfteren in die Trickkiste greifen.“ Die Herausforderung bestand darin, dynamische Szenen glaubwürdig zu inszenieren, obwohl einzelne Ensemblemitglieder zu verschiedenen Zeiten gedreht wurden. Der Regisseur lobt dabei ausdrücklich sein Schauspielerensemble: „Zeigt wieder einmal die Qualität unseres tollen Ensembles.“

Zu den Hauptdarstellern gehören Christine Eixenberger, Steve Windolf, Andrea L’Arronge, Bernhard Schütz, Marc Oliver Schulze, Minh-Khai Phan-Thi, Ursela Monn und Oliver Mommsen. Baumann sieht die Gruppe als ideal besetzt: „Da alles hochkarätige Schauspieler sind, war nach der ersten Lesung schon jedem klar, wo die Reise hingeht.“ Am Drehort seien dann vor allem Feinheiten besprochen worden, was dem Team die Möglichkeit gegeben habe, auszuprobieren und spontane Ideen umzusetzen.

Baumann betont außerdem den realitätsnahen Ansatz des Films. Viele Zuschauer könnten sich „in den Charakteren wiederfinden“, und vielleicht helfe dies auch, „den anderen besser zu verstehen“. Die Abgeschlossenheit des Drehorts war ihm dabei wichtig. Sobald die Figuren in der Schulhalle angekommen seien, „schließt sich unser Kosmos“. Die Suche nach einer geeigneten Halle sei deshalb „kompliziert“ gewesen.

Auch in stilistischer Hinsicht verweist Baumann auf seine Mitwirkenden: Kamerafrau Julia Schlingmann sorgte für eine ruhige, präzise Bildsprache. Die Musik von Natalie Hausmann, mit Piano-Jazz als Grundfarbe, gibt dem Abend eine weiche, beobachtende Stimmung. Produzent Christian Rietz begleitete das Projekt organisatorisch und kreativ.

Was bleibt, ist ein Film, der Weihnachten nicht verklärt, sondern aus einer außergewöhnlichen Situation heraus beobachtet. Baumann selbst bezeichnet sich als „einen der größten Weihnachtsfans“ – und seine Haltung spiegelt sich darin, das Fest sowohl im Chaos als auch in der Harmonie zu betrachten. «Eine fast perfekte Bescherung» zeigt laut seinen Aussagen genau diese Spannbreite: ein Ausnahmezustand, in dem sich Menschen neu begegnen, ob sie es wollen oder nicht.

«Eine fast perfekte Bescherung» läuft am Sonntag um 20.15 Uhr im ZDF. Der Spielfilm ist seit 15. November in der ZDFmediathek abrufbar.
13.12.2025 12:31 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/166941