In diesem Spiel treffen chinesische Kampfkunst, Philosophie und Freiheit auf modernstes Open-World-Design – ein kostenloses, episches Abenteuer voller Wind, Stil und Seele.
Mit «Where Winds Meet» liefert das chinesische Everstone Studio gemeinsam mit NetEase Games eines der ambitioniertesten Open-World-Projekte des Jahres 2025. Das epische Wuxia-Rollenspiel, das am 14. November erschien, versetzt die Spieler ins China des 10. Jahrhunderts – in eine Zeit des politischen Umbruchs, der Philosophie und der Schwerter. Überraschend: Das Spiel ist komplett kostenlos erhältlich. Doch der eigentliche Clou liegt darin, wie es seine Inhalte, Ästhetik und ökonomische Struktur vereint.
Die Geschichte beginnt im ausklingenden Zeitalter der Fünf Dynastien, einer Epoche, in der China zwischen Chaos und Wiedervereinigung schwankt. Inmitten dieser unruhigen Zeit übernimmt man die Rolle eines jungen Schwertmeisters, der seine Vergangenheit und Identität ergründen muss. Dabei entfaltet sich ein Abenteuer, das zwischen Mythos und Realität schwebt – ein klassischer Wuxia-Ansatz, der Kampfkunst, Ehre, Moral und Spiritualität vereint.
Die Handlung orientiert sich dabei weniger an westlichen Rollenspielstrukturen, sondern an der poetischen Dramaturgie chinesischer Literatur. Statt klarer „Questmarker“ gibt es Begegnungen, Entscheidungen und Beziehungen, die organisch in die Spielwelt eingebettet sind. Der Wind – namensgebendes Symbol des Spiels – steht für Freiheit, Schicksal und den Weg, den man selbst wählt.
«Where Winds Meet» spielt sich wie eine Mischung aus «Ghost of Tsushima», «Wuxia Tales» und «Assassin’s Creed». Das Kampfsystem basiert auf traditioneller Kampfkunst: schnelle Schwertduelle, Sprungtritte, akrobatische Ausweichmanöver und fließende Bewegungen. Ergänzt wird es durch Fähigkeiten, die an chinesische Mythen angelehnt sind – etwa Windläufe, mit denen man über Dächer rennt, oder meditative Techniken, die Lebensenergie regenerieren. Die offene Welt ist beeindruckend groß und reich an kulturellen Details. Tempel, Wasserfälle, Bambuswälder, geschäftige Städte und einsame Gebirge laden zum Erkunden ein. NPCs reagieren dynamisch auf Entscheidungen, Fraktionen buhlen um Einfluss, und selbst die Natur – etwa Wetter und Tageszeit – spielt eine aktive Rolle in der Erzählung. Neben Kämpfen stehen auch Erkundung und Handwerk im Mittelpunkt. Spieler können jagen, angeln, kochen, meditieren, musizieren oder Gedichte komponieren. Die Welt ist nicht nur Bühne, sondern lebendiger Organismus – eine Mischung aus Action, Simulation und philosophischer Reise.
Visuell gehört «Where Winds Meet» zu den schönsten Spielen aus China. Die hauseigene Engine von Everstone überzeugt mit atemberaubender Weitsicht, realistischen Lichtverhältnissen und beeindruckender Bewegungsphysik. Besonders die Inszenierung von Wind, Nebel und Stoffen ist spektakulär: Kleidung flattert, Bäume biegen sich, Staub wirbelt auf – all das verstärkt den immersiven Charakter der Welt. Musikalisch wird das Spiel von einem orchestralen Soundtrack getragen, der traditionelle chinesische Instrumente mit modernen Kompositionen verbindet. Die Musik wechselt nahtlos zwischen epischer Kampfkulisse und meditativer Stille.
Die wohl meistgestellte Frage seit dem Release: Warum ist ein derart aufwendiges AAA-Spiel kostenlos? Die Antwort liegt in NetEase’ Monetarisierungsstrategie, die stark an den chinesischen Markt angepasst ist. «Where Winds Meet» folgt dem sogenannten „Free-to-Explore“-Modell: Das gesamte Hauptspiel, einschließlich Story, Welt und Kämpfe, ist kostenlos zugänglich. Monetarisiert wird über optionale In-Game-Käufe – vor allem kosmetische Inhalte, Housing-Elemente, Pferde, Kleidung und ästhetische Individualisierungen. Spieler können so etwa kunstvolle Rüstungen, Spezialwaffen-Skins oder dekorative Accessoires erwerben.
Es gibt keine Pay-to-Win-Mechanik: Alle spielrelevanten Fähigkeiten und Waffen lassen sich durch Fortschritt und Exploration freischalten. Die Mikrotransaktionen richten sich primär an Spieler, die ihren Charakter oder ihre Residenz personalisieren möchten – ähnlich wie bei Genshin Impact oder Black Desert Online. NetEase nutzt dieses Modell strategisch, um internationale Spieler zu gewinnen und gleichzeitig die Reichweite im chinesischen Heimatmarkt zu maximieren. Für viele Fans gilt das als fairer Kompromiss zwischen Zugänglichkeit und Qualität.
Die Resonanz ist überragend. Auf Steam und Konsolen wird «Where Winds Meet» mit „sehr positiv“ bewertet, besonders gelobt werden Atmosphäre, Bewegungssystem und künstlerischer Stil. Viele Spieler sehen in dem Titel den ersten chinesischen Open-World-Hit, der mit westlichen Produktionen gleichzieht – oder sie sogar übertrifft. Kritik gibt es lediglich an kleineren Performance-Problemen auf Mittelklasse-PCs und dem teilweise überladenen Interface. Doch inhaltlich begeistert der Titel durch Tiefe und Authentizität. Auch westliche Medien wie IGN, PC Gamer und Eurogamer loben die ästhetische Vision und den erzählerischen Mut, traditionelle chinesische Kultur mit moderner Spielmechanik zu verbinden.
«Where Winds Meet» ist mehr als nur ein weiteres Open-World-Spiel – es ist ein kulturelles Statement. Everstone und NetEase haben eine poetische, technisch brillante und moralisch durchdachte Welt erschaffen, die fernöstliche Mythologie mit westlicher Spielstruktur verbindet. Dass das Spiel kostenlos ist, unterstreicht seine Zugänglichkeit – und zeigt, dass Free-to-Play nicht zwingend „Free-to-Exploit“ bedeuten muss.
15.12.2025 12:50 Uhr
• Benjamin Wagner
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