500 Folgen «SOKO Wismar»: Warum Lars Pöhlmann bis heute nicht die Routine frisst

Dominic Boeer steht wie kaum ein anderer für das Markenzeichen von «SOKO Wismar» – norddeutsches Augenzwinkern, Teamgeist und bodenständige Krimispannung. Im Gespräch blickt er zurück auf seinen ersten Drehtag, verrät das Erfolgsgeheimnis der Serie und erklärt, warum Lars Pöhlmann entspannter geworden ist als er selbst.

Herr Boeer, 500 Folgen – das ist eine beachtliche Zahl! Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Drehtag bei «SOKO Wismar» und wie sich seitdem alles verändert hat?
Verdammt aufregend war’s. Ansonsten finde ich in meiner Erinnerung über meinen ersten «Soko»-Tag nur noch Bruchteile: Stephanie Stumph saß bei der ersten Textprobe neben mir. Und meine Kolleginnen Claudia Schmutzler und Li Hagman waren auch da. Der Regisseur Oren Schmuckler kam lächelnd auf mich zu und sagte: „Super, dass Du dabei bist.”

Auch wenn ich versucht habe, einigermaßen souverän zu wirken, erinnere ich mich noch an meine Panik, der schwere Waffengürtel könne meine etwas zu große Hose vor laufender Kamera bis auf die Knie runterziehen. Ist nicht passiert - ich durfte also wiederkommen.

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich bei der «SOKO Wismar» natürlich das ein oder andere verändert. Kollegen sind gegangen und gekommen, es wurde inzwischen holländisch, dänisch und lettisch gesprochen und meine Rolle hat sich vom Streifenpolizisten zum Hauptkommissar entwickelt. Unser Erfolgsrezept ist aber, dass wir all’ die guten, erfolgreichen Zutaten beibehalten möchten.

So hat mich beispielsweise Regisseur Oren Schmuckler nicht nur vor 18 Jahren herzlich am Set begrüßt, sondern tut das auch heute noch. Unsere «Soko» ist und bleibt Teamarbeit, bei der, so kitschig das auch klingen mag, Harmonie an erster Stelle steht.

In der Jubiläumsfolge geht es um die Strandkorb-EM und eine tote Influencerin – eine ziemlich moderne Geschichte. Wie schafft es «SOKO Wismar» aus Ihrer Sicht, immer am Puls der Zeit zu bleiben?
Ich finde, es zeichnet die «Soko Wismar» aus, dass sie eben nicht immer am Puls der Zeit sein möchte. Unserem Produktionsbüro und unseren Autoren gelingt es großartig, unser Format hier und dort mit spannenden, aktuellen Einflüssen zu bereichern, ohne der Marke «Soko Wismar» auch nur einen Funken von dem zu nehmen, was sie auszeichnet.

Wer nur dem Zeitgeist hinterher rennt, gewinnt vielleicht mal einen Preis, aber keine Zuschauer. Auch wenn in der aktuellen Staffel deutlich wird, dass wir nicht in der Zeit stehenbleiben, ist für uns das Allerwichtigste, dass das vertraute «Soko»-Gefühl bleibt. Im Idealfall erkennt der Zuschauer beim Reinzappen in den ersten fünf Sekunden, dass er nicht irgendeinen x-beliebigen Krimi schaut, sondern die «Soko Wismar».

Ihr Charakter Lars Pöhlmann ist bekannt für seine humorvolle, bodenständige Art. Was mögen Sie persönlich am meisten an ihm – und wo ticken Sie ganz anders?
Obwohl ich meiner Rolle nicht ganz unähnlich bin, ist Lars Pöhlmann sicher etwas weniger albern als ich und bestimmt in vielen Situationen auch um einiges souveräner. Hier und dort ist mir sogar aufgefallen, dass ich mich meiner Rolle etwas angeglichen habe. 18 Jahre Lars Pöhlmann haben mich definitiv entspannter gemacht. Während ich früher bei der Parkplatzsuche vor der Haustür jedes Mal kurz davor war, vor Frust ins Lenkrad zu beißen, mache ich heute einfach die Musik ein bisschen lauter und drehe gemütlich noch ne Runde.

Bei so vielen Jahren im selben Team: Was ist für Sie das Geheimnis, dass die Dreharbeiten nicht zur Routine werden, sondern immer noch Spaß machen?
Ein großer Faktor ist hier sicher unser harmonisches Klima am Set. Flache Hierarchie bei gegenseitigem Respekt, das funktioniert bei uns ausgesprochen gut. Wenn wir für eine Sache an unserem Set immer Zeit haben, dann für einen guten Gag. Außerdem lieben wir unsere Gäste. Je wohler sich unsere Episodenrollen fühlen, desto besser wird am Ende auch alles, was vor der Kamera passiert. Davon bin ich überzeugt.

«SOKO Wismar» ist ja nicht nur Krimi, sondern auch norddeutsches Lebensgefühl. Wie sehr prägt die Region und das echte Wismar den Ton der Serie?
Der einzigartige Zauber dieser Region ist für die «Soko Wismar» natürlich unverzichtbar. Die pittoreske Innenstadt, der lebhafte Hafen, die raue Küste oder die herrlichen Sandstrände. An all‘ diesen Plätzen lassen sich nicht nur leckere Fischbrötchen essen, sondern auch wunderbar Kriminalgeschichten erzählen.

Und dann gibt es natürlich noch den besonderen Charme der Menschen hier oben - da kommt der Humor gerne durch die Hintertür. Diese lässig-augenzwinkernde Art gehört eben auch unbedingt in unsere «Soko».

500 Folgen bedeuten auch: unzählige Mordfälle, Verdächtige und skurrile Szenen. Gibt es einen Moment, der Ihnen bis heute besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Oh, es gab schon viele denkwürdige «Soko»-Drehtage, an die ich gerne zurückdenke. Der letzte ist rund zwei Monate her: Geplant war ein langer Reviertag im Studio in Berlin-Adlershof. Volle Besetzung, lange Texte, viele Fotos von Verdächtigen an der Fallwand, aber leider keinen Strom. Die Szenen nicht zu drehen, war keine Option. Also wurde der Stromausfall spontan in die Handlung eingebaut, die Fotos der Verdächtigen auf der Motorhaube eines Autos ausgebreitet und der Studioparkplatz kurzerhand zum Kripo-Büro gemacht.

Für die Jubiläumsfolge haben Sie wieder mit langjährigen Kolleginnen und Kollegen vor der Kamera gestanden. Wie feiert man so ein rundes Serienjubiläum am Set – mit Torte oder lieber mit Küstenschluck?
Meistens bleiben wir beim Kuchen. Aber davon dann gerne viel. Glücklicherweise lässt sich an unserem Set sehr häufig ein Grund finden, um Kuchen zu essen.

Viele Fans sagen, dass «SOKO Wismar» über die Jahre eine Art familiäres Ensemblegefühl entwickelt hat. Wie würden Sie die Stimmung am Set beschreiben – eher wie eine kleine Familie oder ein eingespieltes Ermittlerteam?
Ich bin davon überzeugt, dass die Zuschauer tatsächlich spüren, dass wir uns alle auch sehr gern haben, wenn die Kamera aus ist. Viele von uns sind seit vielen Jahren dicke Freunde und buchstäblich zusammen alt geworden.

Wir haben den gemeinsamen Anspruch, das Beste aus jeder Szene herauszuholen. Aber eben mit gegenseitigem Vertrauen und ganz viel Wertschätzung. Was die Harmonie unseres Ensembles ausmacht ist ,dass wir uns gegenseitig gönnen können.

Inzwischen sind Sie selbst so etwas wie ein Fixpunkt in der deutschen TV-Krimilandschaft. Wie sehen Sie die Entwicklung des Genres – braucht der Krimi heute mehr Tiefgang oder einfach gutes Handwerk und Spannung?
Ohne gutes Handwerk funktioniert‘s jedenfalls nicht. Glaubhafte Charaktere, ein guter Spannungsbogen und eine Prise Einzigartigkeit bilden nach wie vor das Fundament eines gelungenen Krimis.

Gegen Tiefgang lässt sich gar nichts einwenden, solange ein Krimi tatsächlich spannend, unterhaltsam und ehrlich bleibt. Ich bin davon überzeugt, dass die Zeiten vorbei sind, in denen eine Art Tiefgang simuliert wurde, indem der Hauptkommissar neben seiner Alkoholsucht und seiner Essstörung hauptsächlich damit beschäftigt ist, gegen seine eigenen Dämonen zu kämpfen. Nur ein Format, dass ehrlich originell ist, ohne künstlich überladen daherzukommen, hat heute noch eine Chance. Das gilt insbesondere für Krimis.

Wenn Sie einen Wunsch für die nächsten 500 Folgen frei hätten – was würden Sie sich für Lars Pöhlmann wünschen? Vielleicht ein ungewöhnlicher Fall, eine neue Facette oder eine ganz persönliche Herausforderung?
Grundsätzlich kann‘s gerne so weitergehen wie bisher: spannende Fälle im Kreise meiner Kollegen mit möglichst viel Gebäck am Set.

Allerdings mag ich es besonders gerne, den Zuschauer zu überraschen. Lars Pöhlmann hat in der Serie immerhin schon zwei erwachsene Kinder. Wieso sollte er also nicht plötzlich Großvater werden?

Meinen Vater als Zuschauer würde es sicherlich freuen! Vielen Dank!

«SOKO Wismar» ist mittwochs um 18.00 Uhr zu sehen.
18.11.2025 12:00 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/166370