«In aller Freundschaft»: Stillstand in der Sachsenklinik

Mit dem Ausstieg von Mai Duong Kieu und dem Neuzugang Vanessa Rottenburg verfängt sich die wöchentliche Drama-Serie im Stillstand.

Im Jahr 2028 wird die MDR-Drama-Serie «In aller Freundschaft» ihren 30. Geburtstag feiern. Doch bis dahin muss das Format endlich wieder an Schwung gewinnen, denn unter Chefautorin Inka Fromme drehte sich die Serie deutlich im Kreis. Die größte Veränderung ist bereits über zwei Jahre her: Damals gaben sich Dr. Kathrin Globisch (Andrea Kathrin Loewig) und Dr. Roland Heilmann (Thomas Rühmann) das Ja-Wort an einem Strand im Leipziger Umland. Doch bereits die intensive Kennenlernphase der Kollegen war auf gut zehn Folgen zusammengestaucht, sodass die Plot-Planung eher suboptimal daherkam.

Knapp ein Jahr später wurde Dr. Heilmann von einem Patienten angeschossen, worauf Dr. Martin Stein (Bernhard Bettermann) und seine Kollegen ihn sofort notoperierten. Die Geschichte steigerte sich in einer weiteren Folge, in der seine Frau selbst in die Operation eingriff. Zwar konnte die Kugel am Kopf entfernt werden, allerdings erblindete Heilmann. Die Fernsehzuschauer sahen ihn zunächst in der Reha, ehe er fast ein Jahr versuchte, seine Erblindung zu überstehen.

Die Geschichte schließt sich wie eine Parabel: Dr. Lilly Phan (Mai Duong Kieu), die ihn bereits bei der Not-OP operierte, versuchte mit einer neuen Operationstechnik in der Sachsenklinik einen Durchbruch zu schaffen. Die neue Chefärztin Dr. Lucia Böhm (Vanessa Rottenburg) lehnte diesen Versuch allerdings ab. Sowohl Dr. Martin Stein als auch Dr. Philipp Brentano (Thomas Koch) befürworteten das Vorhaben. Wie die Fans der Sendung wissen, hat Heilmann die Operation überstanden und kann wieder sehen.

Nicht nur diese Geschichte war für die Zuschauer ermüdend, sondern auch der Kurzauftritt von Lukas Globisch (Frederik Götz). Kathrins Sohn kehrte zurück – und natürlich verstrickte er sich in Ungereimtheiten. Die Autoren haben es verpasst, überhaupt positive Eigenschaften von Lukas in die Serie einzubauen. Nachdem der Gastdarsteller auch schon wieder das Set verlassen hatte, tauchte Kathrins Jugendschwarm David Schrader in der Klinik auf. Es kam, wie es kommen musste: David küsst Kathrin – und da es sich um eine Krankenhausserie handelt, fällt David auch noch um. Er hatte weiterhin missbräuchlich Schmerzmittel genommen, was bei einer anschließenden Operation zu einem Problem wurde.

Ein wirklicher Verlust für die Serie war der Ausstieg von Mai Duong Kieu als Dr. Lilly Phan. Die Darstellerin brachte die vietnamesische Kultur in die Sachsenklinik – das zeigte sich nicht nur in ihrer Figur, sondern auch in den Szenen mit ihrer Familie, die in der Serie auftrat. Die Neurologin kämpfte für ihre Patienten und sorgte auch im Privatleben für einige schöne Momente. Besonders die Beziehung mit Pfleger Kris Haas (Jascha Rust) war von Bedeutung – ihre Vertiefung hätte der Serie wirklich gutgetan.

Doch die Autoren scheiterten an dem Punkt, eine neue Familiengeneration aufzubauen. Stattdessen wird Kris von einem Mann angegriffen, verfällt in Angst- und Aggressionszustände und trennt sich schließlich. Schon vorherige Aktionen wirkten seltsam – etwa, dass er mit seinem Kumpel Dr. Ilay Demir (Tan Çağlar) zusammenzog und nicht mit Lilly. Dass die Neurologin auch das akzeptierte und es nicht zu einer ernsthaften Auseinandersetzung kam, verwunderte die Fernsehzuschauer umso mehr. Es ist nicht überliefert, ob sich Kieu nicht weiter an «In aller Freundschaft» binden wollte oder ob die Autoren in eine inhaltliche Sackgasse gerieten. Doch eine Vermählung von Lilly und Kris mit anschließender Geburt von Kindern hätte der Serie endlich neue Impulse gegeben. Schließlich verließ Lilly die Sachsenklinik und wechselte endgültig nach Bern, wo sie bereits ihren Verlobten Björn Lodinson (David Korbmann) kennengelernt hatte.

Die neue Chefärztin der Notaufnahme wurde Dr. Lucia Böhm (Vanessa Rottenburg), die neu an die Sachsenklinik kam. Wie sollte es in einer Fernsehserie auch anders sein – der Neuankömmling verkrachte sich mit den alteingesessenen Hasen. Die Figur blieb fast ein Jahr lang ziemlich blass, erst im Herbst 2025 taute Böhm mit einer Geschichte auf: Ein junges Mädchen wurde in die Klinik eingeliefert – es handelte sich hierbei um die leibliche Tochter von Böhm, die sie nach der Geburt zur Adoption freigegeben hatte. Die Geschichte war tatsächlich gut geschrieben, jedoch nur ein kleiner Funke, um die Figur mit Leben zu füllen.

Die übrigen Charaktere blieben in den vergangenen zwei Jahren blass. Es gab zwar immer wieder neue Beziehungen, jedoch brachen diese Unterfangen stets ab. Es scheint, als habe das Team hinter den Kulissen keine klare Vorstellung, wohin sich die Serie entwickeln soll. Statt neue Nebenfiguren einzuführen, tauchen nur zahlreiche Gastdarsteller auf, die für einige Folgen Intermezzi geben. Das ist schade – mit Katja Brückner (Julia Jäger) hatte man beispielsweise wieder eine Figur außerhalb des Krankenhauses.

Vor allem krankt «In aller Freundschaft» daran, dass die Serie zu viele ärztliche Probleme in den Mittelpunkt stellen will, während die Beziehungen auf der Strecke bleiben. Das führt dazu, dass die Figuren keine Zeit mehr für menschliche Geschichten haben. Beispielsweise verlief der Zusammenzug von Kathrin samt Tochter mit Roland völlig spannungsfrei; ebenso wurden Konflikte von Philipp (Thomas Koch) und Arzu (Arzu Bazman) nur gestreift. Lieber keine echten Probleme anreißen – schließlich mögen die Zuschauer Harmonie. Doch ohne Entwicklung sind die Fans am Ende schlicht gelangweilt.

«In aller Freundschaft» ist dienstags um 21.00 Uhr im Ersten zu sehen.
19.11.2025 12:07 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/166291