Die Kritiker: «Hagen Benz - Das Böse in dir»

Heiner Lauterbach und Julia Koschitz ermitteln am Samstagabend im Ersten in zwei Mordfällen. Über einen Film, der mehr hätte sein können als Mittelmaß.

Stab

Darsteller: Heiner Lauterbach, Julia Koschitz, Uwe Preuß, Paul Boche, Stella Spörrle, Christian Kuchenbuch
Musik: Fabian Römer
Kamera: Peter Nix
Buch: Eckhard Vollmar und Christine Hartmann (auch Regie)
Es gibt Filme, die sich beharrlich weigern, entschieden gut oder schlecht zu sein. «Hagen Benz – Das Böse in dir», Christine Hartmanns neuer Krimi für das Erste, gehört zu jener seltenen Spezies des gepflegten Mittelmaßes: zu ambitioniert, um belanglos zu sein, zu konventionell, um nachhaltig zu verstören. Das Ergebnis ist ein Werk, das seine Qualitäten nicht verbergen muss – sie aber auch nie ganz entfaltet.

Schon der Titelheld, verkörpert von Heiner Lauterbach mit der ihm eigenen Mischung aus Zynismus und müder Weltklugheit, trägt das Paradox des Films in sich. Hagen Benz ist ein ehemaliger Kommissar, der nach einem Herzinfarkt in den Vorruhestand gedrängt wurde und sich nun, vom eigenen Schatten verfolgt, in die Ermittlungen seiner Nachfolgerin einmischt. Lauterbach spielt ihn mit jener kontrollierten Präsenz, die man von ihm kennt: souverän, ein wenig distanziert, manchmal fast zu geschliffen. Was ihm an innerem Widerspruch fehlt, kompensiert er durch die Aura des routinierten Profis, der sich nicht mehr überraschen lässt – auch nicht von der eigenen Schuld.

Julia Koschitz als Kommissarin Elena Weber bildet das emotionale Gegenstück zu diesem stoischen Mann. Sie ist ehrgeizig, verletzlich – und gerade dadurch glaubwürdig. Koschitz’ Spiel wirkt oft präziser als das Drehbuch, das ihr Motivationen andichtet, die psychologisch nicht immer nachvollziehbar sind. Ihr Zusammenspiel mit Lauterbach, dieses ungleiche Duo aus Rationalität und Intuition, aus Abgeklärtheit und wohltemperiertem Furor, trägt den Film über weite Strecken.

Im Drehbuch spürt man indes den Wunsch, das Krimiformat in größere Tiefen zu führen – hin zu einer Erkundung des „Bösen“ als existenzielle Kategorie. Doch zwischen Ambition und Ausführung klafft eine Lücke. Die Verbindung von aktuellem Mordfall und altem Cold Case ist zwar narrativ solide konstruiert, wirkt aber letztlich zu kalkuliert, um echte Beklemmung zu erzeugen. Immer wieder überdeckt die Logik des Fernsehkrimis jene moralische Unruhe, die das Sujet eigentlich verlangt.

Handwerklich gibt es freilich wenig zu beanstanden. Peter Nix’ Kamera verleiht dem Film einen zeitgemäßen Noir-Touch: kühle Farben, gebrochene Spiegelungen, Silhouetten, die mehr verbergen als offenbaren. Hier gelingt Regisseurin Hartmann gleichsam, was ihr Drehbuch nur andeutet – das Gefühl, dass das Böse nicht irgendwo draußen lauert, sondern in den Figuren selbst.

Denn das eigentliche Problem liegt in der Dramaturgie. Die Erzählung folgt einem klaren, fast schon pedantischen Rhythmus: Wo Hartmann Raum für Ambivalenz hätte lassen können, liefert sie Erklärung. Wo man Dunkelheit erwartet, folgt Auflösung. So bleibt «Hagen Benz – Das Böse in dir» ein Film, der über das Böse spricht, es aber selten wirklich zeigt. Und doch: In seinen besten Momenten – etwa wenn Elena Weber begreift, dass Benz sie manipuliert, oder wenn Lauterbachs Blick in einer stillen Einstellung mehr sagt als drei Seiten Dialog – blitzt auf, was dieser Film hätte sein können. Ein psychologisch dichter, moralisch unbequemer Thriller über Wahrheit und Selbsttäuschung.

Der Film «Hagen Benz – Das Böse in dir» wird am Samstag, den 8. November um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.
05.11.2025 11:20 Uhr  •  Oliver Alexander Kurz-URL: qmde.de/166049