Philosophie, kindgerecht verpackt – ein ideales Weihnachtsgeschenk von Swapna Haddow und Yiting Lee für neugierige Köpfe.

Wenn Kinder anfangen, die großen Fragen des Lebens zu stellen – „Warum gibt es Streit?“, „Ist es schlimm, wenn ich lüge?“ oder „Was ist eigentlich gerecht?“ – geraten Eltern oft ins Grübeln. Mit „Kleine Dinos – große Fragen“, dem zweiten Band der charmanten Kleine-Dinos-Reihe bei Prestel, haben Autorin Swapna Haddow und Illustrator Yiting Lee ein Buch geschaffen, das genau diese Fragen ernst nimmt – ohne sie zu überfrachten. Es ist ein Sachbilderbuch für Kinder ab fünf Jahren, das gleichzeitig Spaß macht, beruhigt, tröstet und zum Nachdenken anregt.
Im Mittelpunkt steht Dr. Diplo, der freundlichste Therapeut im Dinosaurierland. Sein Sprechzimmer ist der Ort, an dem Sorgen kleiner Dinos groß werden dürfen. Jeder seiner Besucher bringt eine Frage mit, die so alt ist wie die Menschheit selbst: Fragen nach Freundschaft, Trauer, Moral, Gerechtigkeit, Normalität und Glück. Da ist etwa Triceratops Theo, der sich fragt, warum schlimme Dinge passieren. Oder Velociraptor Victoria, die wissen möchte, ob Lügen immer falsch ist. Ankylosaurus Anna kommt traurig zu Dr. Diplo, weil sie um ihren Opa trauert. Und Plesiosaurus Paul möchte verstehen, was einen richtig guten Freund ausmacht. Jede dieser Figuren steht stellvertretend für die großen emotionalen Themen der Kindheit. Mit Witz, Feingefühl und liebevoller Sprache führt das Buch Kinder an philosophische und ethische Fragen heran – Fragen, die kein Alter kennen, aber in der kindlichen Welt noch ganz unmittelbar empfunden werden.
Was „Kleine Dinos – große Fragen“ so besonders macht, ist der spielerische Zugang zu komplexen Ideen. Haddow und Lee nehmen die Sorgen ihrer jungen Leser ernst, ohne sie zu belehren. Statt eindeutiger Antworten bieten sie Denkwege und Möglichkeiten. Dr. Diplo stellt Fragen zurück, denkt laut nach, lädt zum Grübeln ein. So wird jedes Kapitel zu einer kleinen Entdeckungsreise, die nicht vorgibt, das Leben zu erklären, sondern das Nachdenken selbst zum Abenteuer macht.
Beispielsweise fragt sich Spinosaurus Nino, ob es dem Gras wehtut, wenn wir es essen. Eine scheinbar lustige, fast absurde Frage – doch in ihr steckt das kindliche Staunen über die Welt und die Auseinandersetzung mit Empathie und Respekt vor dem Leben. Genau hier setzt das Buch an: Es verwandelt kindliche Neugier in kleine, zugängliche Lektionen über Mitgefühl, Verantwortung und Achtsamkeit.
Die Geschichten sind leichtfüßig erzählt, gespickt mit Witz und Charme. Swapna Haddow, die bereits mit ihrer „Dave Pigeon“-Reihe Kinderherzen erobert hat, beweist erneut ein großartiges Gespür für Ton und Timing. Ihre Figuren sprechen so, wie Kinder denken: direkt, neugierig, manchmal widersprüchlich, aber immer echt.
Unterstützt wird sie dabei von Yiting Lees warmen Illustrationen, die farbenfroh und detailverliebt sind, ohne zu überladen. Jeder Dino hat seine eigene Persönlichkeit, und die Bilder machen die Geschichten lebendig, zugänglich und sofort sympathisch. Besonders gelungen ist die Mischung aus Witz und Emotion – etwa, wenn Dr. Diplo in seinem Therapiesessel sitzt und geduldig zuhört, während ein kleiner T-Rex aufgeregt durch den Raum stampft. Diese Mischung aus Visualität und Erzählung macht das Buch zu einem perfekten Vorleseerlebnis – für Eltern, Großeltern oder Erzieherinnen und Erzieher.
Ein zusätzliches Highlight sind die Achtsamkeitsübungen am Ende jedes Kapitels, die von der Kinderpsychologin Amber Owen entwickelt wurden. Sie sind einfach, kindgerecht und können gemeinsam ausprobiert werden. Mal geht es ums bewusste Atmen, mal ums Hineinspüren in die eigenen Gefühle, mal ums Teilen und Verzeihen.
Damit wird das Buch mehr als nur eine Sammlung von Geschichten – es wird zu einem Werkzeug für emotionale Bildung. Kinder lernen, ihre Gefühle zu benennen, Konflikte zu verstehen und Mitgefühl zu entwickeln. In einer Zeit, in der die Welt oft zu laut und zu schnell ist, bietet dieses Buch einen kleinen Raum der Ruhe.
Mit seinem Leineneinband, der feinen Goldfolie und den hochwertigen Illustrationen ist „Kleine Dinos – große Fragen“ auch haptisch ein Genuss. Es ist eines jener Bücher, die man gerne in die Hand nimmt, aufschlägt, weiterverschenkt. Ein Buch, das auf dem Nachttisch liegen bleibt, weil man immer wieder darin blättern möchte. Gerade für Familien ist es ein wunderbarer Gesprächsanlass. Eltern können mit ihren Kindern über die Themen sprechen, gemeinsam lachen und staunen – und vielleicht selbst merken, wie wohltuend es ist, über die großen Fragen des Lebens nachzudenken.