‚Ich will zeigen, dass Gehörlose alles können – auch Fernsehen!‘
Jason Giuranna ist Moderator, Schauspieler – und eine der bekanntesten Stimmen der Tauben-Community im deutschen Fernsehen. Seit Jahren prägt er das barrierefreie Magazin «Sehen statt Hören», nun steht er für «Dahoam is Dahoam» erstmals als Schauspieler vor der Kamera. 
Jason, Sie feiern 50 Jahre «Sehen statt Hören» – was bedeutet Ihnen diese Sendung ganz persönlich?
Die Sendung bedeutet mir echt viel, weil sie komplett barrierefrei ist – und die hörenden Menschen dahinter verstehen immer besser, was die Taube-Community wirklich braucht. Sie bauen viele Brücken zwischen hörenden und tauben Welten, gerade weil die Sendung im Fernsehen veröffentlicht wurde, wird und auch in Zukunft weiter ausgestrahlt wird. Das ist für mich richtig stark. Auch für die Taube Community ist es wichtig, die Themen und Infos mitzubekommen, die Sehen statt Hören vermittelt – denn sie sind oft genau auf unsere Lebensrealität abgestimmt.
Mit Ihrem Auftritt bei «Dahoam is Dahoam» betreten Sie die Welt des fiktionalen Fernsehens. Wie war es für Sie, plötzlich nicht zu moderieren, sondern zu spielen?
Am Anfang war’s ungewohnt, weil ich normalerweise oft in die Kamera schaue – aber bei so einem Dreh darf man das natürlich nicht. Nach ein paar Stunden hab‘ ich mich aber daran gewöhnt. Es war für mich eine lustige Erfahrung, und auch ein besonderes Gefühl, weil es mein Traum ist, in Filmen zu spielen – nicht nur als Reporter zu arbeiten. Mal sehen, was noch so kommt.
Sie kommen in Lansing mit dem Motorrad angerollt – wie viel von Ihnen steckt in dieser Szene?
Motorradfahren liegt mir im Blut. Aber leider wie ihr vielleicht schon wisst: Ich habe drei Kinder, da komm ich nicht mehr oft dazu. Aber für diese Szene – seid gespannt! Das Motorrad sieht richtig heiß aus!
Als gehörloser Moderator und Schauspieler sprechen Sie mit den Händen – was unterscheidet für Sie gute Moderation in Gebärdensprache von gesprochener Sprache?
Gebärdensprache ist visuell, räumlich und dreidimensional – ich kann mit meinem ganzen Körper erzählen. Das ist ganz anders als Lautsprache, die eher linear funktioniert. Gute Moderation in Gebärdensprache nutzt diesen Raum und diese Ausdrucksstärke.
In Ihrer Familie sind seit fünf Generationen alle gehörlos. Welche Rolle spielte das Thema Identität in Ihrer Kindheit und Jugend?
Jup, ich bin die vierte Generation und meine Kinder sind die fünfte – das macht uns stolz. Für euch mag das vielleicht komisch klingen, das versteh ich. Aber wenn man die Taube-Community wirklich kennt und die Gebärdensprache lebt, dann spürt man, wie stark das Identität bedeutet – und man würde es vielleicht auch wollen.
Sie haben als Erzieher gearbeitet, waren Leistungssportler und sind nun Künstler. Was treibt Sie immer wieder an, neue Wege zu gehen?
Ich geh einfach die Wege, die mir Spaß machen – und bis jetzt hat das ganz gut geklappt. Klar, es gibt Höhen und Tiefen, aber die braucht man auch, um besser zu werden.
Sie beherrschen die deutsche und die italienische Gebärdensprache. Gibt es zwischen beiden Kulturen große Unterschiede in der Ausdrucksweise?
Nicht nur die beiden – ich nutze auch amerikanische und die „nicht offiziell anerkannte“ internationale Gebärdensprache. Die Unterschiede sind groß, so wie bei Lautsprachen in anderen Ländern. Wenn ich ISL (Italienische Gebärdensprache) benutze, hab‘ ich das Gefühl, dass sich meine Identität ändert – ich werde lockerer, freier, ganz südlich eben. In Deutschland klappt das leider nicht so. 
Wie erleben Sie aktuell die Sichtbarkeit und Akzeptanz von gehörlosen Menschen im deutschen Fernsehen?
Die Taube-Community freut sich riesig über jede barrierefreie Produktion – und sie wollen mehr! Sie wünschen sich mehr taube Gesichter im Fernsehen – als Reporter:innen, Schauspieler:innen oder Moderierende. Und genau dafür setze ich mich ein.
Was würden Sie jungen gehörlosen Menschen raten, die auch auf die Bühne oder ins Fernsehen wollen?
Gebt nicht auf – auch wenn es schwer ist. Es gibt Chancen, aber ihr müsst diese „unsichtbare Wand“ zur hörenden Welt durchbrechen. Viele Tauben Menschen sind es „gewohnt“, nicht ernst genommen zu werden – aber gerade deshalb ist es so wichtig, mutig zu sein.  Also go for it!
Und zuletzt: Gibt es eine Traumrolle oder ein Format, das Sie unbedingt einmal machen möchten – egal ob fiktiv oder real?
Oh ja, da gibt’s viele! Ich will unbedingt in verschiedenen Filmen oder Serien mitspielen – und am liebsten mal eine ungewöhnliche oder böse Rolle übernehmen. Im echten Leben bin ich viel zu lieb – das reicht jetzt langsam, haha. 
Danke für Ihre Zeit!
Die «Dahoam is Dahoam»-Episoden mit Jason Giuranna laufen sind am Montag, Dienstag und Mittwoch um 19.30 Uhr im BR Fernsehen zu sehen. «Sehen statt Hören» ist samstags um 08.50 Uhr bei BR Fernsehen zu sehen und wird am selben Tag um 10.00 Uhr bei BR alpha wiederholt.