In der unendlichen Weite Alaskas stürzt ein Flugzeug ab. AppleTV+ schmiedete aus dieser Idee eine spannende Serie.

«The Last Frontier» – AppleTV+s neuer Thriller, der am 10. Oktober 2025 in die erste Staffel startet – ist alles andere als ein seichter Beitrag zur Streamingflut. Denn er stellt sich mit ungebrochener Ambition und mit einem spürbaren Sinn für große Genre-Momente der Herausforderung, das klassische Action-Drama in den entlegenen, poetisch geladenen Raum einer Alaskawildnis zu übertragen. Das Ergebnis ist ein vielstimmiges Stück Fernsehen, das Spannung, Landschaft und psychologische Tiefe in einem Maße zu verbinden sucht, wie man es selten so konsequent sieht.
Bereits die Prämisse signalisiert, dass hier nicht der kleinste Kompromiss eingegangen wird: Jason Clarke spielt Frank Remnick, einen einsamen US-Marshal, dessen Zuständigkeitsgebiet in der weiten, unbarmherzigen Wildnis Alaskas liegt. Als ein Gefängnistransportflugzeug abstürzt, entkommen zahlreiche gefährliche Insassen – ein Ereignis, das Remnicks Versprechen, seine Stadt zu schützen, auf eine harte Probe stellt.
Was zunächst wie klassische Action-Ware anmutet, entpuppt sich mit steigendem Verlauf als ein Drama, das viele Ebenen erkundet. Ein Schlüsselelement von «The Last Frontier» ist dabei sein vertieftes Gespür für Raum: nicht nur als Kulisse, sondern als Charakter. Die Alaskawildnis, mit ihren endlosen Schneefeldern, schroffen Bergen und unübersichtlichen Wäldern, wirkt nicht lediglich als Hindernis für die Flüchtigen oder als ästhetisches Extra – sie ist eine Art Echo der inneren Zustände der Figuren. Isolation, Unberechenbarkeit, Gefahr – all dies wird in der Landschaft widergespiegelt und zwingt Charaktere zu Entscheidungen, die man in urbanen Settings kaum so glaubwürdig hätte inszenieren können.

Jason Clarke verleiht Remnick eine Substanz, die über den typischen Marshal-Typus hinausgeht. Er ist nicht bloß Gesetzeshüter, sondern zugleich Mensch mit Hoffnungen, Ängsten und Fehltritten; eine Figur, die man als Zuschauer nicht einfach bewundert, sondern mit der man mitfühlt – auch wenn man nicht immer all ihren Entscheidungen beipflichten muss. Die Nebendarsteller – unter ihnen Haley Bennett, Dominic Cooper, Simone Kessell und Alfre Woodard – tragen dazu bei, dass das Ensemble nicht in Klischees abdriftet, sondern in Momenten der Verwundbarkeit und Stärke überrascht. Die Spannung zwischen persönlicher Moral, Pflicht und Überleben wird hier durchwegs glaubwürdig ausgelotet.
Regie und Drehbuch (u.a. von Jon Bokenkamp und Richard D’Ovidio) setzen derweil auf eine präzise Balance aus Tempo und Nachdenklichkeit. Action-Sequenzen sind so choreographiert, dass sie atemlos machen, ohne trivial zu werden; Versatzstücke aus Verschwörung, Verrat und Justiz verweben sich mit familiären Bindungen und kleinen Dorfgemeinschaften, sodass die Serie nicht nur äußere Konflikte bietet, sondern auch innere Landschaften erforscht. Besonders gelungen ist dabei, wie «The Last Frontier» seine große Erzählung – den Absturz, die Flucht der Verbrecher, die allgegenwärtigen Verdächtigungen – mit alltäglicher Aufmerksamkeit versieht: das Miteinander in einer abgelegenen Stadt, das Ringen um Recht, Vertrauen und Zugehörigkeit.
Natürlich ist nicht alles perfekt. Mitunter gleitet die Handlung in bewährte Tropen ab: der Einzelgänger-Held, das Geheimnis, das Stück für Stück enthüllt wird, die unheimliche Macht, die im Hintergrund wirkt. Doch gerade in diesen Momenten zeigt die Serie ihre Stärke, indem sie bewusst mit den Erwartungen spielt – und sie nicht bloß erfüllt, sondern verschiebt. Manchmal wünscht man sich, dass die Charakterzeichnungen noch feiner wären, dass das Graue zwischen Gut und Böse noch schmiegsamer wird. Man muss gelegentlich über Logik-Löcher und genretypische Zufälle hinwegsehen. Aber all das sind Schlieren in einem ansonsten sorgfältig gearbeiteten Bild.
Die Serie «The Last Frontier» wird von AppleTV+ ausgestrahlt.