Mit dem ARD-Podcast blickt Louis Klamroth gemeinsam mit Reportern von WDR und NDR dorthin, wo Hass, Verschwörung und Gewalt gedeihen – und zeigt, wie aus radikalen Gedanken gefährliche Netzwerke entstehen.

Deutschland hat ein Extremismusproblem – und es wächst mitten in der Gesellschaft. Der neue ARD-Podcast
«Hateland» nimmt sich diesem düsteren Thema an. Moderator Louis Klamroth geht gemeinsam mit Reporterinnen und Reportern der ARD an jene Orte, an denen Hass, Verschwörungsglaube und Demokratiefeindlichkeit aufeinandertreffen. Es ist eine investigative Reise an den Rand der Republik – und tief hinein in die Gedankenwelt jener, die sich von Fakten verabschiedet haben.
Der Titel «Hateland» – sinngemäß: „Land des Hasses“ – ist programmatisch gewählt. Die Reihe widmet sich nicht bloß einzelnen Fällen, sondern einer gesellschaftlichen Entwicklung. Warum radikalisieren sich Menschen? Wie entstehen Netzwerke, die zwischen Telegram-Chats, Reichsbürger-Treffen und Anti-Staat-Ideologien oszillieren? Und was bedeutet das für ein Land, das auf Demokratie und Rechtsstaat baut? In dieser Sendung treffen journalistische Präzision, dokumentarische Spannung und gesellschaftliche Relevanz aufeinander. Louis Klamroth, bekannt als Moderator von «Hart aber fair», verlässt das Studio und begibt sich dorthin, wo der Hass Gestalt annimmt – in Chatgruppen, in Kleinstädten, auf Demonstrationen. Unterstützt wird er von erfahrenen Investigativreportern aus der gesamten ARD-Familie, die monatelang recherchiert haben.
Die erste Staffel, „Deep State“, erzählt die Geschichte eines Mannes, der sinnbildlich für die schleichende Radikalisierung innerhalb der Gesellschaft steht: Rüdiger von Pescatore, einst Fallschirmjägerkommandeur der Bundeswehr. Was ihn später in die Schlagzeilen brachte, klingt wie ein Drehbuch aus einem Polit-Thriller – nur dass es real ist. Von Pescatore soll eine zentrale Figur der sogenannten „Gruppe Reuß“ gewesen sein, jener mutmaßlich rechtsterroristischen Vereinigung, die im Dezember 2022 im Fokus einer der größten Antiterror-Razzien der deutschen Nachkriegsgeschichte stand. Laut Bundesanwaltschaft plante die Gruppe einen bewaffneten Umsturz, wollte Waffen horten, eine eigene Armee aufbauen und eine neue Regierung installieren – unter Führung eines „Prinz Reuß“.
Der Podcast begleitet die Ermittlungen, spricht mit Insidern, Experten und Angehörigen. Reporter Martin Kaul führt Klamroth durch Akten, zu Tatorten und in die digitale Parallelwelt, in der sich der Glaube an einen „Deep State“ – also eine angeblich heimlich herrschende Elite – mit Reichsbürger-Narrativen und Verschwörungsideologien vermischt.
«Hateland» unterscheidet sich bewusst von klassischen True-Crime-Formaten. Hier geht es nicht um die spektakuläre Tat, sondern um die Mechanismen dahinter – um psychologische, politische und soziale Dynamiken. Jede Episode fühlt sich an wie eine investigative Doku zum Hören: präzise recherchiert, atmosphärisch erzählt und durch O-Töne aus Ermittlungen und Interviews verdichtet. Die Macher legen Wert auf Kontext. Statt einfache Schuldige zu präsentieren, hinterfragen sie, welche gesellschaftlichen Strukturen den Nährboden für Radikalisierung bilden. Was treibt Menschen in den Glauben, der Staat sei ihr Feind? Und warum sind besonders ehemalige Soldaten, Polizisten oder Unternehmer in diesen Szenen überrepräsentiert?
In sieben Folgen, die seit September 2025 sukzessive erschienen sind, entfaltet sich das Bild eines erschreckend organisierten Netzwerks. Folge 1 beginnt mit der großangelegten Razzia im Dezember 2022, bei der mehr als 3.000 Polizisten im Einsatz waren. In den folgenden Episoden reist das Team nach Baden-Württemberg, wo Pescatore und ein KSK-Soldat festgenommen wurden, und bis nach Brasilien, wo der Ex-Kommandeur offenbar Geschäfte machte. Je weiter die Serie voranschreitet, desto deutlicher wird: Hinter den Schlagzeilen über „Spinner“ und „Reichsbürger“ steckt eine internationale Szene mit Finanzstrukturen, politischen Zielen und gefährlichen Allianzen. In Folge 6, „Monate nach der Festnahme“, eskaliert ein weiterer Polizeieinsatz – es fallen Schüsse. Die Bedrohung ist real.
Mit «Hateland» erweitert die ARD ihr dokumentarisches Audioangebot um ein gesellschaftlich dringliches Thema. Der Podcast fügt sich in eine Reihe mit Formaten wie «Cui Bono» oder «Legion» ein, die Komplexität und erzählerische Stärke verbinden. Produziert wird er von WDR und NDR im Rahmen der ARD-Audiothek, die sich zunehmend als Heimat für hochwertige investigative Podcasts etabliert. Wer verstehen will, was hinter den Schlagzeilen über Reichsbürger, Verschwörungsideologen und Hassnetzwerke steckt, bekommt hier eine eindringliche, klug erzählte und handwerklich herausragend produzierte Doku-Serie.