Mit Jude Law und Jason Bateman ist die neue Netflix-Serie exzellent besetzt. Doch sie ist mehr Essay als faszinierendes Erzählstück.

Manchmal sind es die Serien, die alles richtig zu machen scheinen, die am Ende das größte Gefühl der Unruhe hinterlassen. «Black Rabbit», die neue Netflix-Produktion mit Jude Law und Jason Bateman, gehört zweifellos in diese Kategorie: glänzend besetzt, visuell makellos, inhaltlich ambitioniert – und doch, nach acht Folgen, merkwürdig leer.
Die Geschichte, die sich in den Nachtstunden eines fiktiven New Yorker Edelrestaurants entfaltet, ist zunächst von bestechender Einfachheit. Jake Friedken (Jude Law) ist ein Mann, der seine Dämonen mit Disziplin bändigt – ein Erfolgswirt, der den Schein der Kontrolle kultiviert. Als sein Bruder Vince (Jason Bateman), ein gescheiterter Mann mit zweifelhafter Vergangenheit, unvermittelt in sein Leben zurückkehrt, brechen Risse auf: familiäre Schuld, verdrängte Scham, alte Rechnungen. Es ist eine klassische Konstellation, fast biblisch, und das Drehbuch weiß das auch. Nur: Je weiter die Handlung voranschreitet, desto stärker drängt sich der Eindruck auf, dass diese Dramatik sorgfältiger komponiert als durchlebt ist.
Gewiss, «Black Rabbit» versteht sich auf Atmosphäre. Kaum eine Szene, die nicht in gedämpftem Licht und dezenten Erdtönen gehalten wäre; die Kamera gleitet behutsam durch die Räume, als wolle sie die Gesichter der Figuren mit Respekt ertasten. Das Setting – eine Mischung aus Restaurant und Bar – ist zugleich Bühne und Beichtstuhl. Dort, wo gegessen, getrunken und gesündigt wird, scheint die Stadt selbst zu atmen. Diese visuelle Eleganz ist beeindruckend, ja hypnotisch. Aber sie gerät mitunter zum Selbstzweck. Man beginnt, den Schatten zu bewundern, anstatt das, was er verhüllt, zu fürchten.

Jude Law spielt den kontrollierten Jake mit einer Mischung aus Müdigkeit und Manie – er ist ein Mann, der alles richtig machen will und gerade daran zerbricht. Jason Bateman hingegen verleiht seinem Vince jene kaputte Wärme, die man aus seinen besseren Rollen kennt: ein Mann, der ruiniert ist und doch nicht loslassen kann. Beide liefern präzise, unaufgeregte Darstellungen, die Serie lebt von ihrem stillen Zusammenspiel. Doch zwischen ihnen bleibt etwas Unausgesprochenes, das nicht ins Rätselhafte, sondern ins Ungefähre kippt. Die Figuren sind als Typen interessant, als Menschen aber schwer zu fassen.
Man spürt, dass «Black Rabbit» mehr sein will als ein Krimi oder Familiendrama. Es geht um Schuld und Vergebung, um Männlichkeit in der Krise, um die moralische Preisfrage des Erfolgs. Das alles wird mit beachtlicher Ernsthaftigkeit verhandelt – manchmal allerdings mit der Gravität eines Essays, der sich selbst zitiert. Jede Szene trägt die Ambition, Bedeutung zu haben, was am Ende die Leichtigkeit kostet. Wo andere Serien mit Wucht überraschen, will Black Rabbit überzeugen. Wo Spannung aufblitzen könnte, wird symbolisiert, wo ein Bruch droht, wird ein Zitat gesetzt. So entsteht eine Kuriosität: ein Werk, das brillant gedacht, aber selten wirklich gespürt ist.

Und doch bleibt die Serie nicht ohne Reiz. Es gibt Momente, in denen die Inszenierung – zumeist ein kurzer Blick zwischen den Brüdern – plötzlich eine Intensität entfaltet, die man zuvor vergeblich suchte. In solchen Augenblicken leuchtet auf, was möglich gewesen wäre: ein Kammerspiel über Nähe und Schuld, in dem das Essen zum Ritual, das Schweigen zur Sprache wird. Dann aber eilt die Handlung weiter, getrieben vom Bedürfnis nach Plot, nach Wendung, nach Deutung.
Am Ende steht «Black Rabbit» da wie sein Protagonist: elegant, kontrolliert, ein wenig zu sehr auf Wirkung bedacht. Man ahnt, dass hier großes Können am Werk war – Regie, Kamera, Musik, Schauspiel – und dennoch fehlt der letzte Funke, der das Konstrukt in Leben verwandelt. Vielleicht ist das der Preis des Perfektionismus: dass er die Wärme opfert, um schön zu bleiben.
Die Serie «Black Rabbit» ist im Streaming-Angebot von Netflix zu finden.