Hans Georg Calmeyer im Mittelpunkt

Die Reihe «ARD History» beschäftigt sich mit dem Jurist, der in Den Haag über Leben und Tod von Tausenden Menschen entschied.

Das Erste zeigt am Montag, den 20. Oktober, um 23:35 Uhr im Rahmen von «ARD History» die Dokumentation «Calmeyers Dilemma. Juden retten im Schatten der Nazis». Der Film von Lutz Hachmeister und Hajo Schomerus porträtiert Hans Georg Calmeyer, einen Juristen aus Osnabrück, der während der deutschen Besatzung in den Niederlanden über das Schicksal tausender Menschen entschied. Als „Rassereferent“ akzeptierte er in vielen Fällen bewusst gefälschte Abstammungsnachweise, um niederländische Juden vor der Deportation zu retten – gleichzeitig lieferte er andere der Verfolgung durch die Nationalsozialisten aus.

Die Dokumentation beleuchtet damit einen der moralisch komplexesten Fälle der NS-Zeit. War Calmeyer ein stiller Widerstandskämpfer, ein „Schindler von Osnabrück“, oder doch eher ein pflichtbewusster Funktionär des Systems, der nur in begrenzten Fällen half? Auch die Frage nach der Bewertung seines Wirkens wird thematisiert: 1972 ehrte ihn Yad Vashem als „Gerechten unter den Völkern“, doch bis heute ist sein Vermächtnis in der Forschung und Erinnerungskultur umstritten.

Der Film basiert auf neuem Archivmaterial aus den Niederlanden sowie Calmeyers persönlichem Nachlass und wird durch Zeitzeugeninterviews ergänzt. Damit stellt «Calmeyers Dilemma» nicht nur die historische Rolle einer einzelnen Figur dar, sondern auch aktuelle Fragen: Wie groß ist der Handlungsspielraum des Einzelnen in autoritären Systemen? Und welche Lehren lassen sich aus Calmeyers Fall für den Umgang mit heutigen Bedrohungen von Demokratie und Menschenrechten ziehen?
04.10.2025 07:13 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/165156