«Call My Agent Berlin»: Stars im Rampenlicht, Schwächen im Drehbuch
Disney+ bringt die gefeierte französische Serie nach Deutschland – mit großen Namen und spannenden Figuren. Doch trotz guter Ansätze bleiben die Promi-Geschichten oft blass, Berlin wird verschenkt, und die Drehbücher hängen zu sehr am Original.
Johann Buchholz («Paare»), Timon Karl Kaleyta («Jerks») und Dominique Besheard («Call My Agent») haben die Drehbücher für die deutsche Adaption der französischen Serie «Call My Agent» verfasst, die seit Mitte September beim Micky-Maus-Streamingdienst Disney+ online steht. Auf den Marketingbildern werden Prominente wie Moritz Bleibtreu, Heike Makatsch oder Kostja Ullman gezeigt, doch die Stars der Geschichte sind die Mitarbeiter der fiktiven Kanzlei „Stern“.
Wie schon beim französischen Original, das bei Netflix auch in Deutschland gestreamt werden kann, stirbt Richard Stern (Sven-Eric Bechtolf) in der ersten Episode. Der Plot liegt auf der Hand: Wer soll die Kanzlei führen? An erster Stelle positioniert sich Gabor Reichenberg (Lucas Gregorowicz) mit seiner Assistentin Janina Schielcke (Janina Elkin). Auf der anderen Seite stehen die Agenten Hellen Miller (Gabrielle Scharnitzky), Konstantin Koepp (Michael Klammer) und Sascha Massko (Karin Hanczewski), die sich vor allem mit Gabor immer wieder in die Wolle kriegen und gegenseitige Allianzen schmieden.
Denn: Richard Stern hat kein Testament hinterlassen, seine Witwe Olympia Stern (Corinna Kirchhoff) weiß von seinen Affären. Sie will den Laden verkaufen – wer das Agentur-Büro übernimmt, ist ihr im Prinzip egal. Erst bringt sich Gabor mit seiner Mannschaft in Stellung, dann zerbricht die Einheit. Er versucht es mit Hilfe seiner Frau Katharina (Jana Klinge), doch auch dieses Unterfangen wird zunehmend schwierig, weil die Ehe immer schlechter funktioniert.
In der ersten Folge stolpert noch Sophie Goldbach (Dana Herfurth) in die Kanzlei der Agentur, die eigentlich nur einen persönlichen Termin wahrnehmen wollte. Doch Sascha glaubt, sie sei zur Vorstellung als Assistentin gekommen. Sophie packt die Gelegenheit am Schopf und nimmt die Stelle in Berlin an. Besonders in den ersten Folgen wird Sophie von Sascha stark gefordert – Szenen, die zu den Stärken der Serie zählen. Eine Sequenz, in der Sascha Sophie erklärt, wie man sich professionell am Telefon meldet, zeigt die Qualität des Spiels. Dann gibt es noch Fabian Garnier (Ludwig Simon), der Sophie den Kopf verdreht. Der Nachwuchsschauspieler sucht den Kontakt zu ihr, doch ihre aufkeimende Beziehung wird immer wieder auf die Probe gestellt.
Sascha kehrt in der Serie nach Berlin zurück und will sich über Tinder mit Nicole Meister (Seyneb Saleh) verabreden. Die beiden wollen sich in der „Monkey Bar“ treffen, doch Sascha verpasst Nicole und küsst stattdessen eine alte Bekannte. Das führt zu Problemen, denn die enttäuschte Nicole beginnt als Finanzbeamtin eine Steuerprüfung bei der Agentur Stern. Immer wieder deckt sie Probleme auf, die aber keinerlei Konsequenzen haben. Hier liegt eine der größten Drehbuchschwächen: Selbst in Berlin kann man nicht wegen eines gescheiterten Dates die Firma der Person auseinandernehmen – das Verhalten wäre schlicht illegal. Dass die Agenturchefs das nicht bemerken, wirkt unglaubwürdig.
Ein weiteres Problem sind die Geschichten der Stars: Katja Riemann, Iris Berben, Heiner Lauterbach, Moritz Bleibtreu, Veronica Ferres, Heike Makatsch, Jürgen Vogel und Christian Ulmen – alle haben das gleiche Problem: Ihre Episoden sind im Grunde austauschbar. Zwar gibt es Folgen mit Emilia Schüle und Frederick Lau oder Alicia von Rittberg und Max von der Groeben, doch das sind eher Namen der zweiten Reihe. Die großen Stars liefern belanglose Geschichten, die in anderen Serien von Statisten gespielt würden. Zwischendurch hüpft auch Steven Gätjen durchs Bild – ein Filmstar ist aber auch er nicht.
Obwohl die Serie in Berlin gedreht wurde, nutzt «Call My Agent Berlin» den Schauplatz kaum. Die Außenansicht der Agentur zeigt ein x-beliebiges Bürogebäude, dazu kommen ein paar Drohnenflüge über das Studio Babelsberg. Alle anderen Aufnahmen könnten ebenso gut in einer anderen Stadt entstanden sein. Die Location-Auswahl ist enttäuschend, vor allem weil Berlin als Setting eigentlich reichlich Motive bietet.
Gleichzeitig hängen die Drehbücher zu stark am französischen Original, das – wie erwähnt – in deutscher Fassung bei Netflix verfügbar ist. Während im Deutschen viele Spitzen fehlen, lebt das Original vom bissigen Tonfall. Auffällig hoch ist zudem der Zigaretten- und Vape-Konsum in der Serie: Vor allem Sascha hängt fast in jeder Szene am Glimmstängel oder an der E-Zigarette.
Alles in allem ist «Call My Agent Berlin» dennoch eine spannende Serie – sofern man das französische Original nicht kennt. Disney+ ließ eine solide Produktion mit einigen Schwachpunkten umsetzen. Schlussendlich ist das Ergebnis aber gut genug, um die zehn Episoden lohnenswert zu machen. Vor allem nach der sechsten Folge sorgt ein Cliffhanger dafür, dass die Zuschauer dranbleiben.
Fazit: Starke Schauspieler, aber schwache Drehbücher: «Call My Agent Berlin» überzeugt nur, wenn man das französische Original nicht kennt.
«Call My Agent Berlin» ist seit 19. September 2025 vollständig bei Disney+ erhältlich.